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Gesundheitspolitik
Apotheke darf Heimbewohner nicht unter Druck setzen
Apothekenwerbung vor Gericht / Auch Prämien für Facebook-Likes und Werbung mit Selbstverständlichkeiten wird untersagt
Anfänglich war es nur das Rundschreiben der Apotheke, das die Wettbewerbszentrale aktiv werden ließ: Nachdem die Apotheke einen Heimversorgungsvertrag mit einem Pflege- und Altenheim geschlossen hatte, schrieb sie die Bewohner an und berichtete von der neuen Kooperation. Darin heißt es zwar ausdrücklich: „Die freie Apothekenwahl bleibt von der Kooperation unberührt und Sie können selbst entscheiden, ob Sie uns als Kooperationspartner für die optimale Versorgung mit Medikamenten wählen.“ Doch dann geht der Text folgendermaßen weiter: „Sollten Sie sich für eine andere Apotheke entscheiden kann die Residenz A. keine Haftung übernehmen und Sie müssten das gesamte Rezeptmanagement selbstständig organisieren. Beginnend mit der Kommunikation mit sämtlichen Ärzten bis hin zur Medikamenteneinnahme.“
Die Wettbewerbszentrale fand, dass dieser Schlusssatz die angesprochenen Heimbewohner in die Irre führe: Er suggeriere ihnen eine Reihe von Nachteilen, falls sie sich nicht für die versorgende Apotheke entschieden. Eine Abmahnung fruchtete jedoch nicht – und so folgte eine Klage. In diesem Zuge fielen noch mehr kritische Werbemaßnahmen der Apotheke auf. So bezeichnete sich die Apotheke auf ihrer Facebook-Seite mehrfach als „Notdienst-Apotheke“. Die Rede war dabei auch von einem „zusätzlichen“ Service. Überdies fand sich hier die Aussage: „Wussten Sie bereits, dass die Apotheke Arzneimittel ganz individuell für Sie herstellt?“ Nicht zuletzt bewarb die Apotheke in einem Facebook-Post eine Treue-Punkte-Aktion, bei der Kunden „Schloss-Taler“ sammeln und anschließend gegen Prämien eintauschen konnten. Kunden sollten für ein „Like“ auf Facebook je zwei Taler erhalten. Aus Sicht der Wettbewerbszentrale sind all diese Werbemaßnahmen wettbewerbswidrig.
Das Gericht gab der Klage in weiten Teilen statt. So teilt es die Auffassung der Wettbewerbszentrale, dass die fraglichen Aussagen im Schreiben an die Heimbewohner unwahr sind. Schließlich hafte das Heim auch im Falle der Wahrnehmung der Heimversorgung durch die beklagte Apotheke nicht für die bereitgestellten Arzneimittel. Zugleich sei das Pflegeheim aber aufgrund der mit den Bewohnern geschlossenen Pflegeverträge verpflichtet, diese bei der Medikamenteneinnahme zu unterstützen – unabhängig davon, von wem sie die Arzneimittel beziehen. Dies gelte auch für die Hilfe bei einer etwa notwendigen Kommunikation mit den Ärzten. Angesichts der angesprochenen gewichtigen Nachteile, die bei Heimbewohnern „besondere Ängste“ auslösen könnten, könne auch der Hinweis auf die „freie Apothekenwahl“ nicht entlasten, findet das Gericht.
Notdienst ist keine Besonderheit
Das Landgericht verurteilte die Apotheke überdies, es zu unterlassen, sich als „Notdienst-Apotheke“ zu bezeichnen. Hiermit werde suggeriert, dass es eine Besonderheit sei, regelmäßig am Notdienst beteiligt zu sein. „Dies ist unzutreffend, da sich alle Apotheken an dem Notdienst beteiligen“, konstatiert das Gericht und bestätigt eine Irreführung. Auch verlängerte Öffnungszeiten rechtfertigten nicht den Begriff „Notdienst-Apotheke“.
Auch die Ankündigung der Ausgabe von zwei „Schloss-Talern“ für ein bei Facebook abgegebenes „Like“ hielten die Richter für irreführend und damit wettbewerbswidrig. In der Rechtsprechung sei anerkannt, dass Werbung mit bezahlten Empfehlungen Dritter unzulässig sei, wenn dieser Umstand nicht offengelegt werde. Äußerungen Dritter wirkten in der Werbung objektiv und würden daher im Allgemeinen höher bewertet als eigene Aussagen des Werbenden. Das gilt nach Auffassung des Gerichts auch für Like-Buttons bei Facebook, denn „die Zahl der ‚Likes‘ spiegelt dennoch im allgemeinen Bewusstsein schon eine gewisse Beliebtheit wider, die unmittelbar auch auf eine Kundenzufriedenheit schließen lässt“.
Abgewiesen wurde dagegen die Klage, soweit es um die Aussage „Wussten Sie bereits, dass die Apotheke (…) Arzneimittel ganz individuell für Sie herstellt?“ ging. Hier sah das Gericht keine irreführende Ankündigung einer für alle Apotheken selbstverständlichen Leistung. Der Hinweis auf die eigene Herstellung beschränke sich nicht auf den Bereich, in dem die Apotheke zur Herstellung gesetzlich verpflichtet sei. Er erfasse vielmehr auch den Bereich der nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel und diese Methode der Arzneimittelbeschaffung dürfe „legitimerweise in Erinnerung gerufen werden“. |
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