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Management
Arzt und Apotheker – ein gutes Team?
Entscheidend ist die Bereitschaft zum Dialog
Für eine optimale Arzneimittelversorgung der Patienten sind sowohl Ärzte als auch Apotheker notwendig. Bei der Kommunikation zwischen beiden Heilberuflern gibt es jedoch immer wieder zahlreiche Missverständnisse oder Kommunikationshürden zu bewältigen. Auch administrative Vorgaben oder einfache Formfehler können die Kooperation zwischen den Heilberufen belasten – und dann kommen noch Zweifel an der jeweiligen Kompetenz oder dem jeweiligen Zuständigkeitsbereich hinzu. Soll die Arzt-Apotheker-Kommunikation gut gelingen, muss auf beiden Seiten die Bereitschaft dazu vorhanden sein, miteinander in Dialog zu treten.
Ein zentrales Problem in der Zusammenarbeit zwischen Arzt und Apotheker ist häufig das fehlende Wissen über den Berufsalltag des anderen. Durch eine bessere Informationspolitik und ausführliche Aufklärung einiger gesetzlicher Vorgaben – wie z. B. Aut-idem-Regelung, Reimportverordnung oder Substitutionsausschlussliste – ließen sich einige Missverständnisse aus dem Weg räumen. Auch kann es helfen, konkrete Vereinbarungen zu bestimmten Aspekten zu treffen, um unnötige Rezeptänderungen zu vermeiden. Generell ist es für eine erfolgreiche Kommunikation hilfreich, einfach einmal beim jeweiligen Ansprechpartner nachzufragen, auf welche Art und Weise eine Kontaktaufnahme in dringenden Fällen am besten funktioniert.
Dringende Arztrücksprache
Wer kennt nicht diese Situation im Apothekenalltag: Ein Kunde steht ungeduldig mit mehreren Rezepten in der Hand vor Ihnen und möchte alle Medikamente am liebsten sofort mitnehmen. Leider ist eines der verordneten Arzneimittel gerade nicht lieferbar und ein neu vom Facharzt verordnetes Präparat verträgt sich nicht optimal mit der bisherigen Dauermedikation. Da denkt man sich und sagt es noch zum Kunden: „Ich rufe da eben mal beim Arzt an!“ Aber dann ist – gefühlt für eine halbe Ewigkeit – die Leitung in der Praxis belegt oder man hängt in einer Warteschleife fest. Und was nun? Man möchte doch den Kunden nicht wieder wegschicken und eigentlich nur eine kleine Änderung an der Verordnung mit dem behandelnden Arzt besprechen, um eine bestmögliche und sichere Arzneimittelversorgung zu gewährleisten. Erreicht man den Arzt nicht zeitnah, kann man dem Patienten anbieten, die Problematik baldmöglichst zu klären und sich dann telefonisch zu melden sowie das fehlende Arzneimittel per Botendienst zuzustellen. Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, z. B. bei Lieferengpässen, auf eine andere Packungsgröße oder Wirkstärke auszuweichen und die Dosierungsanpassung mit dem Patienten zu besprechen.
Besonders kritisch wird es bei schwerwiegenden Arzneimittelinteraktionen oder Kontraindikationen, die immer noch ein Standardproblem im Versorgungsalltag darstellen. Gefährlich kann es vor allem dann werden, wenn unterschiedliche Medikamente von mehreren Ärzten verordnet werden und kein aktueller Medikationsplan vorliegt. Tatsächlich werden Arzneimittelinteraktionen häufig beim Einlösen der Rezepte in der Apotheke vor Ort entdeckt. Apotheker können die Relevanz möglicher Interaktionen einschätzen und den Kunden über eventuell auftretende arzneimittelbezogene Probleme aufklären sowie eine notwendige Änderung der Medikation mit dem Arzt besprechen. Wichtig ist dabei eine vorsichtige und verständliche Formulierung, damit der Patient nicht unnötig verunsichert wird und sich dadurch die Adhärenz verschlechtert. Manche Arzneimittelinteraktionen lassen sich bereits durch eine gute Beratung zu einer zeitversetzten Einnahme, einer eventuellen Dosisanpassung oder einer begrenzten Anwendungsdauer entschärfen.
Jederzeit erreichbar?
Während der Corona-Pandemie war es zeitweise unmöglich, telefonisch bei irgendeiner Arztpraxis durchzukommen. Eine gut geeignete und zeitsparende Alternative zur Kontaktaufnahme mit dem Arzt ist das Fax. Ein Forschungsprojekt vom Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) der Universität Bremen zur besseren Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker hat bereits im Jahr 2017 gezeigt, dass die Arzneimitteltherapiesicherheit mit einem schlichten Informationsbogen per Fax zur Meldung von potenziell schweren Arzneimittelinteraktionen deutlich verbessert werden kann. Die Studie ergab, dass immerhin in fast 70 Prozent der Fälle die Ärzte auf das Fax der Apotheke antworteten. Eine entsprechende Faxvorlage für dringende Arztrücksprachen gibt es z. B. auf der Homepage der Apothekerkammer Bremen zum Download (www.apothekerkammer-bremen.de/Infos-A-Z-Faxvorlagen-fuer-Arztrueckfrage.html). Die Kontaktaufnahme per Fax bietet folgende Vorteile: Einerseits kann die Kommunikation standardisiert und dokumentiert werden, sodass die Inhalte auf einen Blick zu erkennen sind. Andererseits stört das Fax den laufenden Betrieb in der Arztpraxis deutlich weniger als ein Anruf und kann zwischen den Patientengesprächen beantwortet werden. Dabei sollte gut überlegt werden, in welchen Situationen Fax-Vorlagen zum Einsatz kommen und welche Abläufe durch sie vereinfacht werden. Ob eine schriftliche Arztanfrage eingesetzt wird oder eine telefonische Kontaktaufnahme eventuell erleichtert werden kann, sollte gemeinsam von Arzt und Apotheker entschieden werden – denn das erhöht die beiderseitige Akzeptanz.
Patientensicherheit gemeinsam erhöhen
Die gesamte Evaluation der Arzneimitteltherapie eines Patienten in Bezug auf Indikation und Evidenz ist und bleibt Bestandteil der ärztlichen Pharmakotherapie. Doch gerade durch die zunehmende Polymedikation vieler älterer Patienten müssen Arzt und Apotheker zukünftig intensiver zusammenarbeiten. Beide Heilberufler können sich mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung wunderbar ergänzen, sofern die jeweiligen Kompetenzen des anderen respektiert werden und ein konstruktiver Austausch erfolgt. Durch eine gute interprofessionelle Zusammenarbeit und gegenseitige Unterstützung kann die Arzneimitteltherapiesicherheit im oft turbulenten Berufsalltag deutlich erhöht werden. Idealerweise fragt der Arzt zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen in der Apotheke um Rat, denn Pharmazeuten beschäftigen sich viel intensiver mit Arzneimitteln und ihren Wechselwirkungen als Ärzte. So können immer mehr speziell fortgebildete Apotheker eine ausführliche ATHINA-Medikationsanalyse anbieten und arzneimittelbezogene Problemen mit dem Arzt besprechen, um gemeinsam als professionelles Team eine höchstmögliche Patientensicherheit und Therapietreue zu erzielen. Auch im Hinblick auf die für 2022 geplanten erweiterten pharmazeutischen Dienstleistungen ist eine strukturierte Kooperation und genaue Absprache mit den Ärzten wichtiger denn je.
Tipps zur erfolgreichen Arzt-Apotheker-Kommunikation
- kurze und eindeutige Formulierung des Anliegens
- sich überlegen und ggf. abklären, welcher Kommunikationsweg für das Gegenüber gut passt
- auf das richtige Timing für Anrufe bzw. Gespräche achten
- Fax-Vorlagen für Interaktionsmeldungen oder Rezepturprobleme verwenden
- telefonische Erreichbarkeit verbessern (z. B. nach direkter Durchwahl für dringende Rückfragen aus der Apotheke fragen)
- Rezeptkorrekturen gebündelt 1 × pro Woche in anliegenden Praxen vorlegen
- bei andauernden Problemen ein persönliches Gespräch führen
Direkte Vernetzung
Wie unverzichtbar die Digitalisierung des Gesundheitssystems ist und wo noch Defizite liegen, wurde besonders während der Corona-Pandemie deutlich. Wesentlich einfacher, schneller und kostensparender als die Kommunikation per Fax oder Post könnte zukünftig einiges über die Telematikinfrastruktur (TI) geregelt werden. Durch die direkte Vernetzung aller Nutzer können verschlüsselte Nachrichten und Dokumente sicher verschickt werden. Einen anderen schnellen und pragmatischen Kommunikationsweg zum Austausch über Patientenbelange bieten bereits einige Software-Unternehmen an: Eine mehrfachverschlüsselte und den DSGVO-Vorgaben entsprechende Chat-Funktion ermöglicht die direkte Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker in Echtzeit. Dies kann besonders für größere Gemeinschaftspraxen mit einem hohen Telefonaufkommen sinnvoll sein.
Im Gespräch bleiben
Bleibt zu hoffen, dass durch die verschiedenen digitalen Möglichkeiten die Kommunikation zwischen Arzt und Apotheker vereinfacht wird. Durch den elektronischen Medikationsplan, der sowohl Ärzten als auch Apothekern einen besseren Überblick über die aktuelle Medikation ihrer Patienten geben soll, wird hoffentlich das Risiko von Fehl- oder Doppelverordnungen, Medikamentenmissbrauch sowie unerwünschter Arzneimittelwechselwirkungen sinken. Dennoch bleiben der persönliche Austausch sowie kompetente und ausführliche Beratungsgespräche für die Sicherheit und das Vertrauen der Patienten unverzichtbar. |
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