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Gesundheitspolitik
Skonti im Direktvertrieb – was ist erlaubt?
Großhandels-Fixzuschlag von 70 Cent: Tabu für handelsübliche Skonti? Wettbewerbszentrale bemüht sich erneut um rechtliche Klärung
Vor vier Jahren entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Streit um die Rabatte des Großhändlers AEP, dass die damals bestehende Regelung zu den Großhandelszuschlägen in der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) keine Preisuntergrenze festlegte. Das heißt: An der Rabatt- und Skonto-Bündelung von AEP, mit welcher der „Festzuschlag“ von 70 Cent unterschritten wurde, war aus Sicht der Karlsruher Richter juristisch nichts auszusetzen. Dabei war der Gesetzgeber, als er die seit 2012 geltende Kombi-Vergütung für den Großhandel schuf, durchaus davon ausgegangen, dass die 70 Cent Fixzuschlag keinem Rabatt zugänglich sein sollten. Doch der BGH sah dieses Ansinnen im Verordnungstext nicht abgebildet – und der Verweis auf die Begründung reichte ihm nicht aus. Der Gesetzgeber justierte daraufhin die Regelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV im Rahmen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) nach. Seitdem ist klargestellt: Der Großhandel muss bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln an Apotheken auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) 70 Cent und die Umsatzsteuer aufschlagen. Zusätzlich darf er auf den ApU „höchstens einen Zuschlag von 3,15 Prozent, höchstens jedoch 37,80 Euro“ erheben.
Auch nach Änderung in der AMPreisVO keine Einigkeit
Offen ist weiterhin eine Frage: Sind „echte“ oder handelsübliche Skonti, also Preisnachlässe, die für eine vorfristige oder fristgerechte Zahlung gewährt werden, trotzdem „on top“ möglich? Auch wenn damit der besagte Mindestpreis unterschritten wird? Hier gingen die Meinungen auch nach Inkrafttreten des TSVG auseinander. Vor allem der Großhandelsverband Phagro machte sich stark dafür, dass Skonto nicht anders zu behandeln sind, als jeder andere Rabatt. Die Praxis sieht aber nicht nur bei AEP, sondern auch bei einigen direktvertreibenden Arzneimittelherstellern – insbesondere Importeuren – anders aus. Den Vorteil haben die Apotheken.
Klage gegen Importeur
Und so hat die Wettbewerbszentrale – nach erfolgloser Abmahnung – erneut Klage erhoben, um eine rechtliche Klarstellung zu erreichen. Vor Gericht gezogen ist sie diesmal gegen einen Parallel- und Reimporteur, der importierte Arzneimittel in Deutschland im Wege des Direktvertriebs in die Apotheken bringt. In einem solchen Modell muss das Unternehmen sowohl den fixen ApU sicherstellen als auch die Vorgaben für die Großhandelspreisspannen einhalten. In seiner Preisliste für die Apotheken bot der Importeur das Diabetes-Präparat Abasaglar (5 × 3 ml, ApU: 46,50 Euro, Apothekeneinkaufspreis: 48,66 Euro) mit einem Rabatt von 3,04 Prozent (47,20 Euro) sowie einem Skonto von 3 Prozent (45,78 Euro) an.
Schon 3,04 Prozent Rabatt unterschreiten Mindestpreis
Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 AMPreisV und damit einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch begründet. Das Landgericht Cottbus folgte der Argumentation. In seinem Urteil stellt es fest, dass bereits der Rabatt von 3,04 Prozent einen Verstoß gegen die Preisregelung darstelle. Ausgehend von einem Apothekeneinkaufspreis von 48,66 Euro falle der Nettopreis damit bereits auf 47,18 Euro und damit unter den zwingend zu erhebenden Preis von 47,20 Euro (ApU von 46,50 Euro plus Festzuschlag von 0,70 Euro).
Aber auch die Gewährung des dreiprozentigen Skontos verstoße gegen die Vorgaben der AMPreisV. Sie sei auch dann wettbewerbswidrig, wenn das Unternehmen unter Gewährung eines Rabattes die Preisgrenze von 47,20 Euro halte und diese erst durch den Skonto unterschreite. „Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um einen echten oder unechten Skonto handelt“, so das Gericht.
Widersprüchliche Gesetzesmaterialien
Das Gericht geht in seinem Urteil auf die Gesetzgebungsmaterialien zur Neuregelung des § 2 AMPreisV im TSVG ein – ihnen sei nicht in eindeutiger Weise zu entnehmen, ob der Gesetzgeber im Handel allgemein übliche Skonti, die zu einer Unterschreitung des zwingend zu erhebenden Festzuschlages führen, untersagen wollte. Tatsächlich war die Begründung des Referentenentwurfs hier alles andere als widerspruchsfrei. Lediglich in der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Deutschen Bundestags zum TSVG wurde (als SPD-Fraktionsmeinung) festgehalten, dass es nicht zuletzt wichtig sei, dass nun „rechtssicher festgehalten werde, dass der Mindestpreis aus Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers, Festzuschlag von 70 Cent und Umsatzsteuer besteht. Auf diese Preisbestandteile dürfe der Großhandel weder Rabatte noch Skonti gewähren.“
Wortlaut muss klar sein
Aber: Für die Auslegung einer Gesetzesvorschrift ist ohnehin in erster Linie der in dieser zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgeblich. Dabei müssten Preisregelungen – zumal sie die Berufsausübung regeln – aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit das verbotene Handeln unzweideutig beschreiben. „Es ist den von einer ihrem Wortlaut nach klaren Berufsausübungsregelung Betroffenen nicht zuzumuten, den Umfang der sie treffenden Pflichten aus Gesetzgebungsmaterialien zu ermitteln“, erklärt das Gericht unter Verweis auf das schon genannte BGH-Urteil.
Und demnach setzt sich der Mindestpreis aus dem ApU, dem Festzuschlag von 70 Cent und der Umsatzsteuer zusammen. „Auf diese Preisbestandteile dürfen weder Rabatte noch Skonti gewährt werden“, so das Gericht. Nur so lasse sich das über den Festzuschlag vom Gesetzgeber verfolgte Ziel erreichen – nämlich eine flächendeckende, bedarfsgerechte und wohnortnahe medizinische Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln zu sichern. Bei einem Preiskampf und einer Skontigewährung nur an Großabnehmer könnte nämlich die Konkurrenzfähigkeit kleinerer Apotheken gefährdet werden.
Handelsübliche Skonti sind auch nur ein Preisnachlass
Zudem legt das Gericht dar, dass auch ein handelsübliches „echtes Skonto“ nichts anderes als eine Art des Preisnachlasses ist. Werde mit ihm der Mindestpreis unterschritten, sei dies unlauter. Zwar würden diese Skonti grundsätzlich im Gegenzug für eine besonders rasche Zahlung eingeräumt. Daraus ergibt sich für das Unternehmen eine Zinsersparnis, eine erhöhte Liquidität und ein geringeres Vorfinanzierungs- und Forderungsausfallvolumen. Aber: „Diese Vorteile stellen keine Leistung dar, die die Beklagte im Gegenzug für die Lieferung von Arzneimitteln erhält. Sie sind lediglich Folge dessen, dass die Abnehmer ihrer Pflicht zur zeitnahen Zahlung des nach § 271 BGB von Gesetzes wegen sofort fälligen Kaufpreises nachkommen.“
Das letzte Wort ist mit diesem Urteil nicht gesprochen. Die Wettbewerbszentrale geht davon aus, dass das beklagte Unternehmen Berufung einlegen wird. Für die Apotheke und die Zukunft ihrer Konditionen bleibt es also spannend. |
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