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Management

Fünf Hilfsverben im Alltagstest

Wie grammatikalische Gehirnakrobatik alltägliche Gespräche bereichern kann

Bei dem Wort „Grammatik“ habe ich persönlich Kopf-Kino! Sie auch? Längst vergangene Schulzeiten und die mit ihnen einhergehenden Erfahrungen melden sich. Diese dann ablaufenden ­inneren Filme können gut sein, müssen es (augenzwinkernderweise!) allerdings nicht! Apropos „können“: Kann grammatikalische Gehirnakrobatik die Hilfsverben betreffend alltäg­liche Gespräche grundsätzlich bereichern und unser Kommunikations-Potenzial erhöhen? Wir machen sofort den Praxistest und lauschen einem Gespräch, das so oder so ähnlich sicher jeder – ganz gleich, ob im beruf­lichen oder privaten Kontext – schon einmal geführt hat. Fühlen Sie sich völlig frei, auch hier Ihr hauseigenes Kopf-Kino mitlaufen zu lassen!

„Ich kann das nicht!“ Dies die Antwort der PTA Yasemin Zögerlich auf die Bitte ihrer Kollegin, die durch das Material der letzten Schaufenster-Deko blockierte Treppe zum Keller frei zu räumen. „Ach, sei doch mal ehrlich, du willst doch nur nicht!“ Das Gespräch nimmt mit dem Satz be­sagter Kollegin, Frau Magda Bestimmt, diese konfrontierende Fortsetzung. „Was soll ich dazu sagen?“ Resigniert zuckt Frau Zögerlich mit den Schultern. „Du darfst dazu sagen, was immer Du willst. Du musst die Deko in jedem Fall bis heute Mittag wegräumen“, kontert Frau Bestimmt in ihrer sehr direkten Art.

Auch wenn uns die Weiterführung – und natürlich der Ausgang – des Gespräches sehr interessiert, sezieren wir die Sätze und widmen uns im Besonderen den dort dick gedruckt anzutreffenden Hilfsverben. Das Gespräch bietet uns „können“, „wollen“, „sollen“, „dürfen“ und „müssen“ an. Fünf Hilfsverben, die allesamt eine bestimmte Tendenz in einem kommunikativ wertvollen Sprachmodell zum Ausdruck bringen. Ohne dass wir zum Kontrollfreak der Sprache werden wollen, der akribisch auf jedes einzelne Wort achtet, beschäftigen wir uns eingehender mit diesen einzelnen Verben: Was bedeuten sie für den Verlauf des Gespräches? Welche anderen Verläufe hätte die Kommunikation der beiden Damen nehmen können? Und all das, auch wenn uns weiterhin brennend interessiert, was Frau Zögerlich auf den letzten Satz erwidert.

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Macht der Worte Man kann „willst du?“, „kannst du?“ fragen oder sagen „du sollst“, „du musst“. Mit welcher Formulierung hat man wohl am meisten Erfolg?

Können als Ausdruck der Möglichkeit

„Ich kann das nicht“, so der Ursprung des Gespräches. Frau Zögerlich bringt zum Ausdruck, dass sie durch irgendetwas daran gehindert wird, das von ihr Geforderte zu tun. Ihr fehlt schlicht und ergreifend die Möglichkeit. Wichtig also, das Wörtchen „können“ als Ausdruck der mangelnden Möglichkeit zu begreifen. Es eröffnet eine neue Gesprächsebene. In genau diesem Bewusstsein drängt sich folgende Gegenfrage als Fortführung und als Lösungsturbo auf: „Aus welchem Grund ist es dir nicht möglich?“ Denn „können“ bedeutet ja nicht zwingend einen Mangel an Fähigkeiten. Auch die folgenden Gedanken können (!) ein Hindernis darstellen: „Das ist nicht meine Aufgabe“, „Ich weiß gar nicht, wo ich die Deko hinbringen soll (!)“ oder „Wenn ich das mache, dann habe ich den ganzen Tag Rückenschmerzen“. Wenn Ihnen beim nächsten Mal also „können“ begegnet, dürfen (! siehe unten) Sie sich erlauben, nach den noch fehlenden Möglichkeiten zu fragen, um so Ihren Gesprächspartner mit nur einer Frage sehr elegant auf die Lösungsebene zu führen.

Wollen als Ausdruck des (eigenen) Willens

Stattdessen hat Frau Bestimmt entgegnet: „Du willst das nur nicht!“ Und mit dem „Wollen“, ja, das ist so eine Sache! Als Ausdruck der Willenskundgebung zunächst ein sehr starkes Wort, das gerade in der Kombination mit „nicht“ Grenzen setzen kann, die schier unüberwindlich scheinen. Wahlweise taucht hier im noch aktiven Kopf-Kino das Bild eines circa vier Jahre alten, sehr ungehaltenen Kindes auf, das zeitgleich wütend mit den Füßen auf den Boden stampft und den Kopf schüttelt. Ohne zu sehr ins Philosophische abgleiten zu wollen (!), stellt sich die Frage nach dem ganz eigenen Willen. Wie er entsteht, wie frei er tatsächlich ist und wo er seine noch sozial verträglichen Grenzen findet. „Nein, ich will das nicht.“ Diese Antwort von Frau Zögerlich würde sie direkt ins Epizentrum eines Problems katapultieren. „Woher willst Du das wissen?“ Dies ist zwar etwas weniger konfron­tierend, doch immer noch problembehaftet (es sei denn, der Satz kommt mit einem charmanten Augenzwinkern daher!). Frau Zögerlich hat sich mit einer Gegenfrage klugerweise für eine zurückhaltende Antwort entschieden und definiert zunächst ihre persönliche Grenze nicht. Wir für uns dürfen (!) festhalten, dass das kleine Wörtchen „wollen“ uns selbst zu einer Positionierung auffordert, die wir mindestens innerlich vornehmen sollten (!).

Sollen als Ausdruck einer Empfehlung

Ist es nicht spannend, wie häufig sich diese unscheinbaren Wörtchen in die Sätze mogeln und wie sie die Richtung eines Dialogs beeinflussen (können!)? „Was soll ich dazu sagen?“, entgegnet Frau Zögerlich. Sie gibt die Frage zurück und erhofft eine Empfehlung. Nun gut, in diesem Zusammenhang mag es sich auch um eine rein rhetorische Frage handeln. Das allerdings hält Frau Bestimmt nicht davon ab, mit einer glasklaren Empfehlung im Sinne einer Notwendigkeit zu reagieren. Im HV-Alltag fragt uns der Kunde: „Wann soll ich die Tabletten einnehmen?“ Wir fragen: „Was soll ich nur tun?“ – manchmal unser Gegenüber und manchmal auch uns selbst. Empfehlungen können (!) also aus dem Innen und auch aus dem Außen kommen. Sie können (!) sich wie ein „Rat-Schlag“ anfühlen, sollten allerdings stets unterstützend sein. Haben Sie es bemerkt? Das noch kleinere Wörtchen „sollten“? Die wiederholte, fremde Form einer Empfehlung? „Sie sollten die Tabletten auf nüchternen Magen nehmen.“ Ihnen als erfahrener Fragensteller brennt es schon förmlich unter den Nägeln, die sich über „Wer genau hat das gesagt?“ aufdrängende Anschlussfrage zu stellen. Doch das sollten (!) Sie sich nicht in jedem Kontext erlauben!

Müssen sollen oder Können wollen: Wenn ich nur darf, wenn ich soll, aber nie kann, wenn ich will, dann kann ich auch nicht, wenn ich muss. Wenn ich aber darf, wenn ich will, dann mag ich auch, wenn ich soll. Und dann kann ich auch, wenn ich muss. Denn merke: Die können sollen, müssen auch wollen dürfen.

Johannes Conrad

Dürfen als Ausdruck der Erlaubnis

„Du darfst dazu sagen, was immer du willst!“ Ja, das ist doch eine Erlaubnis, die es in sich hat. Leider geht sie durch den Rest des Satzes völlig unter. Schön auch die Überlegung, dass Frau Bestimmt sich selbst die Erlaubnis gibt, diesen Satz zu sagen und sich damit gleichwohl anmaßt, Frau Zögerlich eine Art „Sprecherlaubnis“ zu erteilen. Also Obacht: Je nachdem, wer wem eine Erlaubnis gibt, kann das ganz gewaltig nach hinten losgehen! „Ich darf das nicht.“ Ein ebenfalls nicht selten gehörter Satz. „Ich darf kein Antibiotikum nehmen.“ In beiden Fällen fehlt ebenfalls, wer das gesagt hat! Wer genau dieses „dürfen“ in den Raum gestellt hat. Und abgesehen davon handelt es sich beim zweiten Satz um eine grobe Verallgemeinerung. Wissen wir doch, dass Antibiotikum nicht gleich Antibiotikum ist! Dieses Missverständnis dürfen (!) Sie dann auch gleich klären! Sie für sich persönlich dürfen (!) festhalten, sofern Sie das möchten, dass Sie bei Verwendung des Wörtchens „dürfen“ überprüfen können (!), sollen (!) oder auch müssen (!), ob Sie die Erlaubnis annehmen wollen (!). Ich muss (!) sagen, und ja, es ist mir eine Notwendigkeit, es hat gerade richtig Spaß gemacht, den letzten Satz genau so zu formulieren! Soweit nun auch zum Thema Gehirnakrobatik!

Müssen als Ausdruck der Notwendigkeit

„Du musst es so oder so tun!“ Das allerdings hört sich sehr spaßbefreit an. Der Druck, den Frau Bestimmt mit dieser Aussage aufbaut, ist förmlich spürbar. Nicht zu Unrecht ist „müssen“ also der „Aus-Druck“ (!) der Notwendigkeit. Und ebenfalls nicht zu Unrecht versuchen wir häufig, uns diesem Druck zu entziehen und entgegnen: „Ich muss gar nichts!“ Oberflächlich betrachtet nicht von der Hand zu weisen und natürlich ahnen wir, worauf es hinauslaufen wird! Jawohl, da ist sie wieder: unsere gute alte Konfrontation. Daher ist es eine sehr weise Entscheidung, das kleine Wörtchen „müssen“ wohlbedacht und sparsam in den Momenten einzusetzen, in denen der sich aufbauende Druck motivierend wirkt.

Das Kommunikations-Potenzial ausschöpfen

Auch, wenn wir über uns selbst sprechen, ist Obacht geboten. „Ich muss aufräumen“, „Ich muss arbeiten“, „Ich muss dies und das“. Diese Mantra-artig wiederholten Aussagen klingen ebenfalls notwendig. Wie ein notwendiges Übel. Wie schön ist es, dass wir aufgrund unserer nun durchgeführten grammatikalischen Gehirn­akrobatik ein „Mehr“ an kommunikativen Möglichkeiten haben! Exemplarisch mit Satz Nummer eins einmal für Sie durchexerziert, lautet der veränderte Satz folgendermaßen: „Ich kann arbeiten“, „Ich darf arbeiten“, „Ich soll arbeiten“ und „Ich will arbeiten“. Unterschiedlicher könnten sich Sätze gar nicht anfühlen! Für welches Hilfsverb entscheiden Sie sich? Für welchen Satz entscheiden Sie sich? Und ganz kurz vor dem Ende eine kleine Klugschieterei anbei: Sie können (!) statt Hilfsverb auch „Modaloperator“ sagen! Das musste (!) ich der Vollständigkeit halber noch loswerden und freue mich im Übrigen, Ihnen noch erzählen zu dürfen (!), wie die oben beschriebene Ausgangssituation ein rühmliches Ende fand!

Dank einer gewieften Kollegin löst sich wie so häufig vieles von ganz allein: „Ich habe mir gedacht, ich schnappe mir die Deko und bringe sie schlicht und ergreifend in den Keller, während ihr beiden noch darüber redet.“ Frau Naseweis, im Team die Pragmatischste, hat dem Elend ein kurzes Ende bereitet, ist an unseren beiden in die Diskussion vertieften Damen vorbeigehuscht und hat Fakten geschaffen – ganz ohne auf die Unter­stützung durch unsere fünf Hilfsverben angewiesen zu sein!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, dass Sie sich erlauben, durch dieses „Mehr“ an Möglichkeiten in der bewussten Nutzung der Hilfsverben aus möglichst vielen „Müssen“ ein „Können“ und aus tendenziell jedem „Sollen“ ein „Wollen“ zu machen! |

Ihre Monika Raulf, Apothekerin und zertifizierter Coach, www.co-pha.com

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Monika Raulf
Pharmazeutisches Coaching – 
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