Gesundheitspolitik

Spahn weiter unter Beschuss

G-BA kritisiert Einsatz von Urintest / Spielt Aufsichtsratsmandat eine Rolle?

cha | Der Bundesgesundheits­minister kommt nicht aus den Schlagzeilen. Immer wieder deutet sich an, dass Jens Spahn persönliche Vorteile aus seiner politischen Tätigkeit zieht. Jüngstes Beispiel ist der Einsatz eines Urintests bei der Verordnung monoklonaler Antikörper gegen COVID-19, den der Gemeinsame Bundesausschuss ablehnt und den Spahn mög­licherweise aufgrund persön­licher Kontakte befürwortet.

Im Januar hatte Jens Spahn stolz mitgeteilt, dass Deutschland 200.000 Dosen von Medikamenten auf Basis monoklonaler Antikörper gegen SARS-CoV-2 für 400 Millionen Euro eingekauft habe; eingesetzt werden sollen sie im frühen Stadium einer COVID-19-Infektion. Die nicht zugelassenen Arzneimittel werden kostenlos vom Bund zur Verfügung gestellt und über beauftragte Krankenhausapotheken abgegeben. Wie die dennoch entstehenden Kosten abgerechnet werden, will das Bundesgesundheitsministerium in einer „Verordnung zur Vergütung der Anwendung von monoklonalen Antikörpern“ regeln. Dabei ist im Referentenentwurf, der der AZ vorliegt, u. a. eine Vergütung in Höhe von 900 Euro für einen Urintest (DiaPat-CoV-50-Test der Firma Mosaiques Diagnostics) vorgesehen, der zur Prognose des Krankheitsverlaufs eingesetzt werden kann.

G-BA: Fraglich, ob Test überhaupt wirksam ist

Am Einsatz dieses Urintests üben die unparteiischen Mitglieder des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in ihrer Stellungnahme vom 9. April deutliche Kritik. Josef Hecken und seine unparteiischen Kollegen Monika Lelgemann und Udo Degener-Hencke bemängeln, dass diese Regelung „Rechtsun­sicherheiten für die Versorgung“ berge, auch weil der Referentenentwurf keine Begründung für den Einsatz des Tests enthalte. Die genannte „Prognose des Krankheitsverlaufs“ mithilfe des Tests sei für die Anwendung der Regelung nicht nachvollziehbar. „Es bleibt unklar, welchen Einfluss ein negatives Testergebnis auf die Indikationsstellung haben soll. Ein Verzicht auf die Gabe der gegenständlichen Arzneimittel trotz bestehender bereits etablierter Risikofaktoren dürfte auch bei einem negativen Testergebnis ausgeschlossen sein“, heißt es weiter.

Zudem sei aus wissenschaftlicher Sicht fraglich, ob der „DiaPat-CoV-50-Urintest“ zur Identifizierung der schweren Krankheitsverläufe geeignet sei. Veröffentlichte Daten fehlten, die Ergebnisse aus zwei ersten Pilotstudien seien „offensichtlich wegen zu geringer Patientenzahl (N = 15) bzw. fehlender Aussagen zur hiesigen Frage ungeeignet“.

Spahn: Interessenkonflikte vermeiden

Doch warum hat Spahn offensichtlich ein großes Interesse daran, dass der Test angewendet wird? Der „Tagesspiegel Background“, der sich intensiv mit den Hintergründen der Gesundheitspolitik befasst, schreibt dazu: „Was der G-BA in seiner Stellungnahme nicht ausdrücklich erwähnt, im Subtext aber deutlich mitschwingt: Jens Spahn war bis November 2012 Mitglied des Aufsichtsrats der Mosaiques Diagnostics and Technics AG.“ Als er das Aufsichtsratsmandat seinerzeit niederlegte, äußerte Spahn laut dem „Tagesspiegel“, es sei ihm „bewusst geworden, wie sensibel Beteiligungen und Mandate bei Unternehmen, die im Gesundheitswesen tätig sind, öffentlich wahrgenommen werden“. Er wolle „schon den Anschein möglicher Interessenkonflikte vermeiden“. So ganz ist ihm das offenbar bis heute nicht gelungen. |

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