Prisma

Die Menschheit kühlt ab

Mittlere Körpertemperatur ist gesunken

Foto: Dmitry Vereshchagin – stock.adobe.com

us | Die normale Körpertemperatur eines Menschen wird allgemein mit 37 °C angegeben. Dieser Wert beruht auf Messungen des deutschen Arztes Carl Reinhold August Wunderlich, der Mitte des 19. Jahrhunderts Temperaturen von 25.000 Patienten sammelte. Die mittlere Körpertemperatur der US-amerikanischen Bevölkerung ist im Verlauf der letzten beiden Jahrhunderte jedoch gesunken. Das stellten Wissenschaftler der Stanford University anhand der Daten aus drei großen Kohorten fest: der Union Army Veterans of the Civil War Kohorte (UAVCW) mit Messdaten von Männern aus den Jahren 1862 bis 1930, der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) mit Daten aus den Jahren 1971 bis 1975 und der Stanford Translational Research Integrated Database Environment Cohort (STRIDE), die Temperaturdaten zwischen 2007 und 2017 erfasste. In den beiden späteren Studien wurden auch Daten von Frauen erhoben, sodass insgesamt 677.423 Körpertemperaturmessungen von 189.338 Individuen aus 197 Geburtsjahrgängen ausgewertet werden konnten. Dabei zeigte sich, dass die mittlere Körpertemperatur pro Dekade um etwa 0,03 °C sank. Messungenauigkeiten aufgrund von Weiterentwicklungen der Messmethoden (oral vs. axilliär) oder der Thermometer schlossen die Autoren der Studie aus, da die Temperaturveränderungen auch innerhalb der einzelnen Kohorten zu beobachten waren. Die Reduktion chronischer Entzündungen durch verbesserte Hygiene, medizinische Versorgung, antiinflammatorische Arzneimittel und Antibio­tika könnte dagegen eine Rolle gespielt haben, schlussfolgerten die Forscher um Prof. Julie Parsonnet. Ein weiterer Faktor könnte sein, dass die Menschen zunehmend in klimatisierten Räumen leben und der Metabolismus weniger damit beschäftigt ist die Körpertemperatur zu regulieren, wobei als Nebenprodukt Hitze entsteht. |
 

Literatur

Protsiv M et al. Decreasing human body temperature in the United States since the industrial revolution. eLife 2020; doi:10.7554/eLife.49555

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