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Arzneimittel und Therapie
Achtung bei Ciprofloxacin & Co.
Roter-Hand-Brief warnt vor Herzklappeninsuffizienz unter Fluorchinolonen
Fluorchinolone kommen bei unterschiedlichen Infektionen zum Einsatz, unter anderem sind sie zugelassen bei komplizierten Harnwegsinfektionen und Pyelonephritis, verschiedenen Infektionen des Magen-Darm-Traktes, des Genitaltrakts, Infektionen der Knochen und Gelenke und bei Infektionen der unteren Atemwege. 2019 wurde die Zulassung zur Behandlung zahlreicher, eher banaler Infektionen widerrufen. Dem vorausgegangen war ein Risikobewertungsverfahren.
Aktuell sehen sich das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) wieder zum Handeln genötigt: Sie informieren gemeinsam mit den Zulassungsinhabern fluorchinolonhaltiger Arzneimittel in einem Rote-Hand-Brief über eine schwere Nebenwirkung bei den Antibiotika: Herzklappenregurgitation/-insuffizienz.
Abbau des Bindegewebeswird vermutet
Laut des Rote-Hand-Briefs zeigte sich in einer epidemiologische Studie bei Patienten mit systemischer Fluorchinolon-Therapie ein etwa zweifach erhöhtes Risiko für eine Mitral- und Aortenklappenregurgitation/-insuffizienz im Vergleich zu Patienten, die andere Antibiotika (Amoxicillin oder Azithromycin) einnahmen. Als Ursache wird ein Fluorchinolon-assoziierter Abbau des Bindegewebes diskutiert. Unter Regurgitation versteht man in der Kardiologie das Zurückfließen des Blutes bei Klappeninsuffizienz des Herzens. Die Mitralklappe (Bikuspidalklappe) trennt den linken Vorhof von der linken Kammer, die Aortenklappe verhindert den Rückfluss des Blutes aus der Aorta zurück in den linken Ventrikel.
Was sind Risikofaktoren?
Besonders gefährdet für die Nebenwirkung sind Patienten mit angeborenem oder vorbestehendem Herzklappenfehler, Bindegewebserkrankungen, z. B. Marfan-Syndrom oder Ehlers-Danlos-Syndrom, Turner-Syndrom, Morbus Behçet, Hypertonie, rheumatoide Arthritis und infektiöse Endokarditis. Bei diesen sollten systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung angewendet werden. Bei ersten Anzeichen von akuter Atemnot, neu auftretendem Herzklopfen oder der Entwicklung von Ödemen am Bauchraum oder in den unteren Extremitäten sollten sich Patienten unverzüglich an ihren Arzt wenden.
Erst im April 2019 informierte ein Rote-Hand-Brief über neue Zulassungsbeschränkungen systemischer fluorchinolonhaltiger Antibiotika. Unter anderem dürfen die Wirkstoffe Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin, Norfloxacin und Ofloxacin seither nicht mehr bei selbstlimitierenden Infektionen, wie Bronchitis, Pharyngitis und Tonsillitis, eingesetzt werden. Nicht mehr indiziert sind sie außerdem bei leichten oder mittelschweren Infektionen – unkomplizierten Harnwegsinfekten, Otitis media, Sinusitis oder Exazerbationen einer COPD – außer andere Antibiotika wirken nicht. Auch zur Prävention von Reisedurchfällen und rezidivierenden Harnwegsinfekten stehen Fluorchinolone seither nicht mehr zur Verfügung.
2018: Rote-Hand-Brief zu Aortenaneurysmen
Die Maßnahmen waren damals Ergebnis eines 2017 vom BfArM angestoßenen Risikobewertungsverfahrens zu der antibiotischen Wirkstoffklasse. Unter Chinolonen und Fluorchinolonen war es zu schwerwiegenden und anhaltenden Nebenwirkungen gekommen, die Sehnen, Muskeln, Gelenke und das Nervensystem betreffen. Außerdem kam es auch zu zentralnervösen Störungen wie etwa Müdigkeit, Depressionen, Gedächtnisstörungen, Schlafstörungen, Probleme beim Sehen oder Hören sowie veränderter Geschmacks- oder Geruchssinn. Im Oktober 2018 hatte eine Rote Hand davor gewarnt, dass inhalative und systemische Fluorchinolone das Risiko für Aortenaneurysmen und -dissektionen erhöhen können. Die Gefahr besteht vor allem bei älteren Personen. |
Literatur
Systemisch und inhalativ angewendete Fluorchinolone: Risiko einer Herzklappenregurgitation/-insuffizienz, Rote-Hand-Brief, BfArM, vom 29. Oktober 2020
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