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Aus den Ländern
Froese beschreibt Perspektiven für die Digitalisierung
Mitgliederversammlung des AV Schleswig-Holstein mit breiter Themenvielfalt
Zunächst betonte Froese die großen Mühen der Apotheken durch die Pandemie, insbesondere zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung. Die Apotheken seien ihrer Vorbildfunktion gerecht geworden und hätten sehr früh Schutzmaßnahmen ergriffen, aber da sei noch mehr möglich, beispielsweise bei der Beratung von Heimen zu Hygienemaßnahmen. Doch Froese widersprach dem Gerücht, die Apotheken seien Profiteure der Pandemie. Auf die großen Umsatzzuwächse vom März sei eine tiefe Delle gefolgt. Insgesamt würden die bisherigen Daten eine Fortsetzung der vorherigen wirtschaftlichen Entwicklung mit vielen Hochpreisern und großen Unterschieden zwischen den Apotheken zeigen.
In Antigentests sieht Froese einen „sehr hoffnungsvollen Ansatz, mit der Pandemie umzugehen“, und verwies dazu auf die jüngste Coronavirus-Testverordnung, die risikogruppenadjustierte Tests und die Probennahme durch Fachkräfte vorsehe. Froese erklärte dazu, die Apothekerorganisationen seien derzeit in intensiven Gesprächen, sich dort einzubringen. Er deutete an, dass es dabei um die Belieferung von relevanten Einrichtungen, beispielsweise Heimen, geht.
Zukunftssignale im VOASG und PDSG
Zur aktuellen Gesetzgebung erklärte Froese, einige „bemerkenswerte Elemente“ im Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG) würden „stark in die Zukunft weisen“. Der Dienstleistungsfonds sei zwar kurzfristig „nicht die Lösung aller Probleme“, aber ein wichtiger Ansatz. Denn neben der Beziehung zum Arzneimittel verankere er formal eine Patientenzentrierung und bilde sie in der Honorierung ab. Zum erweiterten Makelverbot erklärte Froese erfreut, der Sachinhalt der Anträge des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein vom Deutschen Apothekertag 2019 werde im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) abgebildet. Das sei praktisch ein Verbot für bestimmte Geschäftsmodelle. Dies müsse jedoch noch technisch abgesichert werden. Dafür biete sich die derzeit laufende Gesetzgebung zur Digitalisierung an. Außerdem hofft Froese, dass die formalen Erleichterungen für die Rezeptbelieferung, die wegen der Pandemie eingeführt wurden, künftig weiter gelten. Aufgrund seiner Erfahrungen stellte Froese die These auf, dass die Rabattverträge derzeit fast ebenso oft berücksichtigt würden, wie dies sonst ohne die Erleichterungen geschehen sei.
„Leistungsintegration“ im Netzwerk statt „digital organisierter Materialwirtschaft“
Doch Froese beschrieb auch die Herausforderungen der Digitalisierung. Gesundheitsdaten würden zu den wertvollsten digitalen Handelsgütern gehören. Außerdem würden digitale Anwendungen Suchtmechanismen nutzen, um die Nutzer auf der jeweiligen Plattform zu halten. Hinzu kämen immer wieder neue technische Möglichkeiten. So würden neue Geschäftsmodelle entstehen, beispielsweise Plattformen für Apotheken, die sich als „Lenker von morgen“ verstehen. Daraufhin drohe das Szenario einer „digital optimierten Materialwirtschaft“ mit dem Fokus auf dem Arzneimittel als Ware. Apotheken würden dabei fremdbestimmt und zur Vereinfachung gezwungen. Ihre Handelsspannen würden gefährdet. Die Alternative sei die „Leistungsintegration“ in einem Netzwerk, das sein Handeln an Gesundheitszielen orientiere. Die Apotheken könnten sich dabei mit anderen Heilberuflern vernetzen und ihren direkten Zugang zur Bevölkerung im Sinne von Public Health nutzen. Pharmazeutische Expertise könne helfen, die Versorgung zu managen. Dafür bräuchten Dienstleistungen ein eigenes zukunftsfähiges Honorar, das sinnvoll mit der guten vorhandenen Honorierung kombiniert werden müsse. Dabei sollten sich die Apotheken stärker als Einheit im Sinne der Vernetzung verstehen, weil ihr Nutzwert für die Patienten gemeinsam größer sein könne.
Weniger Erfolg bei Retaxationen und neue Bürokratie
Verbandsgeschäftsführer Dr. Thomas Friedrich berichtete über die Verbandsarbeit und beklagte, dass bei den seit 2014 laufenden Verhandlungen zur Modernisierung des Primärkassenvertrages noch kein Ergebnis absehbar sei. Leider zähle bei der Arzneimittelabgabe nicht die Pharmazie, sondern die Einhaltung bürokratischer Anforderungen. Außerdem zeichne sich für 2020 eine geringere Erfolgsrate für Einsprüche gegen Retaxierungen ab. Darauf müsse der Verband auch juristisch reagieren, obwohl der Verhandlungsweg meist schneller sei. Doch insbesondere der Streit über die BtM-Gebühr für die Substitutionsversorgung dauere nun schon Jahre. Zur neuen Verpflichtung, die Dosierung auf dem Rezept anzugeben, betonte Friedrich, fehlende Angaben könnten durch einen Nachtrag auf dem Rezept geheilt werden.
Mehr Rückgrat bei der Inkontinenzversorgung
Weitere Probleme sieht Friedrich bei der Hilfsmittelversorgung. Die Politik unterliege dabei leider dem Aberglauben, mehr bürokratische Kontrolle könnte die Versorgung verbessern, und sehe nicht, dass die Versorgung zu sehr niedrigen Preisen unmöglich sei. Doch die Apotheker müssten „Mut haben, Rückgrat zeigen“ und sich von unwirtschaftlichen Bereichen trennen. Darum akzeptiere der Apothekerverband Schleswig-Holstein unzureichende Pauschalen für aufsaugende Inkontinenzartikel nicht mehr und habe die diesbezügliche Anlage zum Vertrag mit der AOK Nordwest zum Jahresende gekündigt. |
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