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Krankenkassenzahlungen könnten doch nicht schuldbefreiend sein

Apothekenrechtsexperte Douglas macht AvP-Kunden neue Hoffnung

tmb | Haben die Krankenkassen mit schuldbefreiender Wirkung gezahlt, wenn das Geld wegen der AvP-In­solvenz nicht bei den Apotheken angekommen ist? Zu dieser Frage argumentiert Apothekenrechts­experte Dr. Morton Douglas, dass eine Zahlung mit schuldbefreiender Wirkung nach den geltenden Regeln nur erfolgen kann, wenn die Rezeptblätter bei den Krankenkassen vorliegen. Für Abschlagszahlungen gelte das aber nicht.

Eine der zentralen Fragen im Zusammenhang mit der AvP-Insolvenz ist der Umgang mit den Rezepten, die sich noch bei der AvP befinden oder die sich dort befunden haben, als der vorläufige Insolvenzverwalter seine Arbeit aufgenommen hat. Für den überwiegenden Teil hatte der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Jan-Philipp Hoos angekündigt, er werde diese Rezepte abrechnen und die Zahlungen der Krankenkassen auf getrennten Konten separieren.

Erneute Zahlungspflicht?

Nun bringt der Apothekenrechts­experte Dr. Morton Douglas, der zahlreiche Apotheker in Sachen AvP vertritt, einen neuen Aspekt in die Diskussion. Dabei geht es um die Abschlagszahlungen, die die Krankenkassen zwischen dem 4. und dem 10. September auf der Grundlage der Juli-Abrechnungen an AvP geleistet haben. Diese beziehen sich auf die August-Rezepte.

Douglas hat dazu die Frage untersucht, unter welchen Bedingungen eine Zahlung der Krankenkasse als schuldbefreiend gilt. Damit ist gemeint, ob die Krankenkasse mit einer solchen Zahlung ihrer Zahlungspflicht nachgekommen ist – unabhängig davon, ob das Geld beim wirtschaftlich berechtigten Empfänger angekommen ist. Dahinter steckt die Idee, dass die Krankenkasse erneut zur Zahlung verpflichtet wäre, wenn die erste Zahlung nicht bei der Apotheke angekommen ist und in diesem Fall praktisch als unwirksam gilt.

Nach Auffassung von Douglas können die Krankenkassen nicht schuldbefreiend zahlen, solange die Originalverschreibungen noch in der Apotheke oder beim Rechenzentrum liegen. Nach seinem Verständnis müssten diese Rezepte nochmals von den Krankenkassen erstattet werden, auch wenn die Kostenträger bereits einen Abschlag gezahlt hätten.

Ausgangspunkt seiner Argumentation sind die Regelungen über die schuldbefreiende Wirkung von Zahlungen bei der Rezeptabrechnung, insbesondere die Arzneimittelabrechnungsvereinbarung gemäß § 300 Abs. 3 SGB V vom 1. April 2020. Gemäß § 3 der Anlage 3 zu dieser Vereinbarung bestehe die Abrechnung aus der Rechnung, der Datenfernübertragung und den Verordnungsblättern. Daraus folgert Douglas, dass die Übermittlung der Originalverschreibung zwingende Voraussetzung für die Abrechnung ist.

Außerdem verweist Douglas auf weitere Regelungen zur schuldbefreienden Wirkung der Zahlungen der Krankenkassen, beispielsweise im Berliner Arzneimittelversorgungsvertrag und in den Arzneimittellieferverträgen sowie dem Arzneiversorgungsvertrag zwischen dem Ersatzkassenverband vdek und dem Deutschen Apothekerverband. Nach diesen Vereinbarungen würde die schuldbefreiende Wirkung der Zahlung sicherstellen, dass bei Störungen im Vertragsverhältnis zwischen der Apotheke und der Abrechnungsstelle nicht nochmals Zahlungen erfolgen müssen. Dies gelte aber stets nur dann, wenn die gesamten Unterlagen einschließlich der Originalverschreibung vorgelegt worden seien und die Zahlung daraufhin erfolgt sei. Anderenfalls könne sich der Kostenträger nicht auf die schuldbefreiende Wirkung berufen, folgert Douglas.

Standespolitische Dimension

„Im Ergebnis kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass Zahlungen, die als Abschlagszahlungen aufgrund von Umsätzen der Vormonate erfolgen, bereits schuldbefreiende Wirkung gegenüber den Apotheken entfalten“, erklärt Douglas. Durch die Regeln zur schuldbefreienden Wirkung solle dagegen nur sichergestellt werden, dass sich Fälle, in denen die Rechtsbeziehung zwischen Apotheke und Rechenzentrum mangelbehaftet ist, nicht auf die Zahlungsverpflichtung des Kostenträgers auswirken.

Diese Position von Douglas bildet offenbar einen neuen juristischen Ansatzpunkt. Die betroffenen Apotheker könnten auf erneute Zahlungen der fehlenden Beträge durch die Krankenkassen hoffen. Über die formal-juristische Seite hinaus rückt dies die grundsätzliche Frage ins Blickfeld, warum ausgerechnet die Apotheken das Risiko für Fehler bei einem Systembeteiligten tragen sollen.

Allerdings ist auch nach den Anreizwirkungen zu fragen. Denn einige Krankenkassen kommen den Apo­theken mit vorgezogenen Abschlagszahlungen entgegen. Wenn aber die schuldbefreiende Wirkung von Abschlagszahlungen infrage steht, würden die Krankenkassen solche Zahlungen voraussichtlich neu überdenken. Auch unabhängig von der AvP-Insolvenz sind diese Zahlungen ein wichtiger Beitrag zur Liquidität des Systems. |

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