Rezension

Bahnbrechende Arzneimittelforschung

Auf den faszinierenden Spuren richtungsweisender Wissenschaftler

Die Welt zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Um 1900 führten bei Kindern Diphtherie und bei Erwachsenen Tuberkulose die Statistik der Todesursachen an. Eine schwere bakterielle Infektion zu dieser Zeit hatte kaum eine höhere Heilungschance als ein hochmaligner Tumor. Bei jungen Erwachsenen mit einem Diabetes mellitus Typ 1 betrug die Lebenserwartung wenige Jahre. Wirksame Arzneimittel gegen seelische Erkrankungen, Mittel gegen Bluthochdruck oder Herzinfarkt, Wirkstoffe gegen Magen- oder Zwölffingerdarmgeschwüre, Antibiotika, Hormone, Antitumormittel oder auch Vitamine waren weitgehend unbekannt oder nicht verfügbar. Insgesamt standen der Medizin im Jahr 1900 nur sehr wenige wirksame Medikamente zur Verfügung. Mit diesen Worten leiten die Autoren des packenden neuen Buches über die Geschichte der sehr erfolgreichen Arzneimittel­forschung im 20. Jahrhundert in das Thema ein. Der Blick auf den heutigen Arzneischatz zeigt, welche außerordentlichen Fortschritte und imposanten Erfolge in der Therapie vieler Erkrankungen durch die systematische Arzneimittelforschung im ausgehenden 19. aber vor allem auch 20. Jahrhundert erzielt werden konnten.

„Leuchttürme. Erfolgreiche Arzneimittelforscher im 20. Jahrhundert“

Ernst Mutschler und Christoph Friedrich

308 S., 120 s/w Abb., 4 s/w Tab., 
mit 71 Strukturformeln, 15,3 × 23,0 cm,

gebunden, 21,80 Euro
ISBN 978-3-7776-2728-1

S. Hirzel Verlag 2020


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„Leuchttürme sind insbesondere nachts weithin sichtbare Schifffahrtszeichen und dienen der Positionsbestimmung bzw. der Wegweisung“. Dieser Definition aus der Seefahrt folgend haben die Autoren herausragende Forschungspersönlichkeiten, 63 Männer und 3 Frauen, die dank ihrer wegweisenden wissenschaftlichen Arbeit im 20. Jahrhundert neue Wirkstoffgruppen und Wirkprinzipien entwickelten, in 66 Monografien in ihrem innovativen Arzneimittelforscherleben beschrieben. Das Buch umfasst mit Personenverzeichnis, Bildnachweis, Sachregister und den Viten der Autoren insgesamt 308 Seiten. Das Leben und Wirken der 66 Arzneimittelforscher und Arzneimittelforscherinnen wird dem Anspruch des Buches entsprechend wissenschaftlich korrekt, prägnant und zugleich verständlich und sehr gut lesbar dargestellt. Jeder Monografie ist eine Kurzbiografie vorangestellt. Die Beschreibung der besonderen Wissenschaftsarbeit und innovativen Forschungsergebnisse des Forschers wird abgerundet durch ein Quellen- und Literaturverzeichnis, das auf markante Übersichtsarbeiten zur Arbeit des Forschers hinweist. Naturgemäß haben die Autoren die Zahl der biografierten Forschungspersönlichkeiten begrenzen müssen. Neben den gesetzten Nobelpreisträgern, deren Arbeiten die systematische Arzneimittelforschung im letzten Jahrhundert beflügelt haben, wurde eine subjektive Auswahl weiterer erfolgreicher Forschungspersönlichkeiten getroffen, aus deren Wirken neben dem wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn zum Teil auch (heute noch) weltweit erfolgreiche pharmazeutische Unternehmungen entstanden sind. Zu ihnen zählen z. B. Arthur Eichengrün und Felix Hofmann (Entwicklung der Acetylsalicylsäure), Leo Sternbach (Entdecker der Benzodiazepine), Paul Janssen sowie Frederick Banting und Charles Best (Erforschung des Diabetes mellitus, Entdeckung und Gewinnung von Insulin). Vorgestellt werden drei Forscherinnen, die für ihre Meilenstein-Arzneimittelforschung mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurden: Gertrude Elion (Entwicklung von Antibiotika, Gicht-und Malariamittel, Virostatika), Dorothy Hodgkin (Struktur­aufklärung von Penicillin, Vitamin B12 und Insulin mittels Röntgenstrukturanalyse) und Tu Youyou (Entdeckung von Artemisinin zur Malaria-Therapie).

Umfassend sind auch die Monografien der deutschen Nobelpreisträger des frühen 20. Jahrhunderts wiedergegeben. Hierzu zählt Paul Ehrlich, unstrittig einer der bedeutsamsten Arzneimittelforscher des letzten Jahrhunderts (auf der Suche nach den „Zauberkugeln“, Entwicklung von Salvarsan).

Insgesamt gibt das vorliegende Buch eine akribisch umfassende und zugleich kurzweilige Übersicht über die wissenschaftliche Arbeit von herausragenden „Leuchtturm“-Forschungspersönlichkeiten auf dem Gebiet der Arzneimittelforschung im 20. Jahrhundert. Es darf als Glücksfall betrachtet werden, dass dieses Geschichtsbuch der Arzneimittelforschung gemeinsam von einem sehr renommierten Arzneimittelforscher, Ernst Mutschler, und einem ausgezeichneten Pharmaziehistoriker, Christoph Friedrich, verfasst wurde. Für alle heilberuflich Interessierten und Tätigen in jedem Fall eine höchst empfehlenswerte Lektüre! |

Prof. Dr. phil. nat. Frank Dörje

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