Aus den Ländern

Makelverbot gleich Plattformverbot

Christiansen: Begrenzte Geduld mit dem Vor-Ort-Apothekenstärkungsgesetz (VOASG)

KIEL (tmb) | Die Kammerversammlung der Apothekerkammer Schleswig-Holstein fand am 17. Juni mit einer umfangreichen Tagesordnung als Webmeeting statt. Kammerpräsident Dr. Kai Christiansen plädierte dafür, Bundesgesundheitsminister Jens Spahn beim VOASG zu unterstützen. Doch bei einem Misserfolg sei das Rx-Versandverbot nötig, das nur zurückgestellt sei. Weitere Themen waren die Berufsordnung, die Notdienstverteilung und der Jahresabschluss des Versorgungswerkes mit einer Anhebung von Renten und Anwartschaften.
Foto: DAZ/tmb, Archivbild

Dr. Kai Christiansen, Kammer­präsident von Schleswig-Holstein

Christiansen berichtete über die Position der Bundesapothekerkammer, Bundesgesundheitsminister Spahn ­dabei zu unterstützen, das Gesetz zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG) durchzubekommen. Neben den Apothekern sei auch die CDU/CSU-Bundestagsfraktion daran interessiert, dass dabei in diesem Jahr etwas geschehe. Zugleich räumte Christiansen ein: „Es ist nicht die bestmögliche, sondern die zweitbeste Lösung.“ Das Gesetz enthalte viele positive Punkte, besonders bei den pharmazeutischen Dienstleistungen. Doch falls die EU-Kommission das Gesetz ablehne oder die Maßnahmen nicht standhielten, müsse das Rx-Versandverbot einführt werden. „Wir haben es nie aufgegeben, nur zurückgestellt“, erklärte Christiansen.

Außerdem müsse nun beim Patientendatenschutzgesetz (PDSG) alles dafür getan werden, dass es für das Makelverbot auch eine technische Umsetzung gebe. Letztlich müsse Makelverbot auch Plattformverbot heißen, erklärte Christiansen. Außerdem sei es nicht sinnvoll, die Verfügbarkeit verordneter Arzneimittel prüfen zu lassen, weil diese ohnehin oft wegen der Rabattverträge ausgetauscht würden. „Hier gilt es, ein großes Chaos zu verhindern“, folgerte Christiansen.

Foto: Securpharm e. V.

Securpharm auf den Prüfstand Es belaste den Alltag, ob es wirklich zur Arzneimittelsicherheit beiträgt, sei unklar, so Christiansen.

Securpharm hinterfragen

Auch zu Securpharm äußerte sich Christiansen kritisch. Das System laufe zwar, aber er bezweifele stark, dass es tatsächlich zur Arzneimittelsicherheit beitrage, zumal viele Apotheken in anderen EU-Ländern gar nicht angeschlossen seien. Es belaste aber den Alltag. Man sei mehr mit dem Abscannen und weniger mit dem Patienten beschäftigt. Christiansen folgerte, das System gehöre auf den Prüfstand und man sollte überlegen, ob man es ­wieder einstampft.

Lehren aus der Pandemie

Zum Umgang mit der Pandemie ­betonte Christiansen, dass die Apotheken ein verlässlicher Partner im Gesundheitswesen sind. Sie hätten unter schwierigsten Bedingungen die Arzneimittelversorgung aufrechterhalten, Desinfektionsmittel hergestellt und Schutzausrüstung organisiert. Die Lockerungen der Rabatt­verträge und der Vorschriften für die Desinfektionsmittelherstellung hätten gezeigt: „Das waren Versorgungshemmnisse“, erklärte Christiansen. Darum hoffe er, dass die Lockerungen in die Zukunft gerettet werden könnten. Das gelte auch für den Botendienst, denn das Virus ­werde am 1. Oktober noch da sein.

Vorbereitung auf Dienst­leistungen

Um eine mögliche Rechtsunsicherheit für Modellprojekte zur Grippeschutzimpfung in Apotheken zu beseitigen, ergänzte die Kammerversammlung die Berufsordnung in ähnlicher Weise wie zuvor schon einige andere Apothekerkammern. Im Zusammenhang zu neuen pharmazeutischen Dienstleistungen erklärte Dr. Froese, Vorsitzender des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, dass Apotheken die dafür nötigen Patientendaten nicht speichern dürften. Darum müsse das Patientenrechtegesetz geändert werden. Der diesbezügliche Antrag des Verbandes sei beim Deutschen Apothekertag 2019 in einen Ausschuss verwiesen worden und sollte nun berücksichtigt werden, forderte Froese.

Höchstens 39 Notdienste

Fünf Jahre nach Einführung der computergestützten Notdienstverteilung ging es außerdem um eine Nachjustierung dieses Systems. Christiansen erklärte, inzwischen sei die Zahl der Apotheken im Land von damals 734 um etwa 100 zurückgegangen, einige Apotheken würden über 50 Dienste pro Jahr versehen und die Schere der Dienstbelastung zwischen Stadt und Land gehe immer weiter auseinander. Landapotheken mit vielen Notdiensten seien praktisch unverkäuflich und würden darum langfristig nicht mehr zur Verfügung stehen. Darum schlug die Kammer vor, künftig höchstens 39 Dienste pro Apotheke und Jahr einzuplanen. Dazu sollten in Gebieten mit geringer Apothekendichte geringfügige Überschreitungen der vorgesehenen Entfernungsgrenzen zugelassen werden, um an einigen Tagen auch etwas weiter entfernt liegende Apotheken einzubeziehen. Dies sei ein guter Kompromiss, denn es bringe der Bevölkerung auch nichts, wenn die Zahl der Apotheken immer weiter sinke. Außerdem schlug die Kammer vor, in Großstädten an Sonn- und Feiertagen jeweils eine zusätzliche Apotheke zum Dienst einzuteilen, um dort die hohe Arbeitsbelastung an diesen Tagen zu verringern. Damit hätten alle Apotheken mindestens zehn Dienste pro Jahr wahrzunehmen. Kammerjustiziar Dr. Stefan Zerres betonte, dass die Struktur der Notdienstverteilung beibehalten werde. Das System habe sich bewährt. Im Webmeeting wurde die mehrheitliche Zustimmung für die geplanten Änderungen deutlich. Der Beschluss wird jedoch bei dieser Veranstaltungsform erst gültig, wenn die schriftlichen Abstimmungsergebnisse bei der Kammer angekommen sind.

Renten und Anwartschaften ­erhöht

Zerres, der auch Geschäftsführer des Versorgungswerkes der Apothekerkammer Schleswig-Holstein ist, berichtete über den Jahresabschluss des Versorgungswerkes für 2019. Insbesondere der außerordentliche Ertrag beim Verkauf einer Immobilie habe zu einem sehr guten Ergebnis geführt. Ein Teil davon soll verwendet werden, um die Renten und die Anwartschaften um jeweils 1,5 Prozent anzuheben. Zerres betonte die zunehmende Bedeutung innovativer Anlageformen mit guten Erträgen und begrenztem Risiko. Diese seien nötig, weil die meisten festverzinsliche Anlagen mittlerweile zur Kapitalvernichtung führen würden. Darum schlug Zerres vor, die starre Bindung an feste Höchstquoten für einzelne Anlageformen in der Satzung durch eine flexiblere Regelung zu ersetzen. Die Delegierten ­signalisierten auch dazu ihre Zustimmung. |

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