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Pandemie Spezial

Den Apotheken-Shutdown verhindern

Welche Maßnahmen einer Betriebsschließung entgegenwirken können

In den sozialen Medien, aber auch in der Fachpresse liest man häufig von der „Pandemie-Teambildung“ als einziger Maßnahme, um einen Shutdown der Apotheke mit einem auf Corona positiv getesteten Mitarbeiter zu verhindern. Was aber können Apotheken für Maß­nahmen ergreifen, wenn eine solche Splittung des Teams nicht möglich ist? Zum Beispiel weil das Team schlichtweg zu klein ist oder die Versorgungsstruktur der ­Apotheke eine Aufsplittung des Mitarbeiterpools in den Kernarbeitszeiten gar nicht zulässt. Im Folgenden sollen einige mögliche Vorkehrungen vorgestellt werden. Die Tipps orientieren sich dabei an den Empfehlungen des ­Robert Koch-Instituts (RKI) sowie der DPhG-AG KatPharm, ­haben sich aber auch aus den Erfahrungen des Autors ergeben. Apotheken sollten diese Maß­nahmen auch langfristig in ihre Betriebsabläufe integrieren.

Dokumentation ist das A und O

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Die Basis dieser Maßnahmen bildet die RKI-Empfehlung „Kontaktpersonen-Management“ für den medizinischen ­Bereich. Auch wenn Apothekenmitarbeiter im Schreiben vom 23. März 2020 noch nicht explizit erwähnt wurden und es eine Zeit dauerte, bis sich einzelne Apothekerkammern für eine Klarstellung einsetzten und das RKI später auch Apothekenpersonal dazu zählte, ist es sinnvoll, diese Maßnahmen von Beginn an umzusetzen. Die Sächsische Landes­apothekerkammer war eine der ersten und verschickte in einem Rundschreiben vom 2. April 2020 die Info, dass der Kontakt mit dem Sächsischen Sozialministerium erfolgt sei und Apotheken zu dem Personenkreis zählen. In tabellarischer Form mit den Spalten Datum, Maßnahme sowie Unterschrift des Apothekenleiters sollte eine chronologische Auflistung aller bisher getroffener und umgesetzter Maßnahmen erfolgen. Das Gesundheitsamt Dresden legt beispielsweise sehr viel Wert darauf, dass mindestens 48 Stunden vor Bekanntwerden einer Infektion Mund-Nasen-Schutz ge­tragen wurde. Die Vor­lage dieser Dokumentation den Be­hörden gegenüber zeigt professionelles Krisenmanagement!

Coronaviren erfordern Gefährdungs­beurteilung

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Wie bei allen Tätigkeiten in der Apotheke sollte auch für die Gefahr durch Coronaviren und daraus resultierende ­Covid-19-Erkrankungen eine Gefährdungsbeurteilung erstellt werden. Diese gilt dann als Grundlage der Risikobewertung und Maßnahmenfindung im Betrieb. Eine ­Pan­demie erfordert immer zusätzliche Arbeitsschutz­­maß­nahmen für das Apothekenpersonal. Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat auf der ABDA-Website entsprechende Empfehlungen für die aktuelle Situation zusammengestellt, insbesondere zu Arbeitsschutzmaßnahmen bei der Abgabe von Arzneimitteln und apothekenüblichen Waren, bei der Arzneimittelabgabe im Botendienst sowie bei Reinigungs­tätigkeiten in der Apotheke. Gefährdungsbeurteilungen und Betriebsanweisungen für diese Tätigkeiten sind in dem ­Dokument enthalten. Die Gefährdungsbeurteilung sollte im Qualitätsmanagementsystem integriert sein und dem­entsprechend vom Apothekenleiter freigegeben werden.

Strikte Mundschutz- und Schutzbrillenpflicht

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Ziel der Maßnahme ist es, Infektionsketten zu unterbrechen, sowohl unter den Mitarbeitern als auch insbesondere im Hinblick auf den Publikumsverkehr in den Apotheken. Die Tragepflicht bezieht sich auf sämtliche Mitarbeiter und Tätigkeiten, auch im Backoffice oder in Sozial- und Büroräumen. Auch Reinigungskräfte müssen einen Mundschutz tragen. Der Wechsel des Mundschutzes erfolgt zwei Mal pro Tag und bei Verdacht einer Kontamination. In den Bereichen, in denen noch kein Mundschutz getragen wird (Personaleingang, Garderobe) oder der Mundschutz ge­wechselt bzw. kurzzeitig abgenommen wird, muss es eine Beschränkung der Personenzahl geben, die sich dort gleichzeitig aufhalten dürfen. Die erlaubte Zahl an Mitarbeitern pro Raum wird individuell bestimmt und sollte sich auf max­imal zwei bis drei belaufen. Als zulässiger Mundschutz gelten OP-Masken oder textile Mund-Nasen-Bedeckungen. In der Apotheke sollte ein Mindestabstand von zwei Metern zwischen allen Personen gewährleistet sein. Regelmäßiges Lüften von Offizin und Backoffice-Bereich ist zwingend durchzuführen.

Desinfektion von Gebrauchsgegenständen

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Alle Telefone, Lichtschalter, Klingeln, Schrank- und Tresorgriffe, Tischflächen, Tastatur, Mäuse, Geländer und weitere ­Kontaktflächen sollten mindestens zwei Mal täglich desinfiziert werden – Flächen und Gegenstände im HV-Bereich mindestens vier Mal. (Mobile) Telefone sollten zu Beginn des Arbeitstages desinfiziert werden und immer dann, wenn sie an einen anderen Mitarbeiter weitergereicht werden. Das Weiterreichen ist möglichst zu unterbinden und durch eine WeiterLEITUNG des Telefonanrufes zu ersetzen. Die Reinigungsaktivitäten werden schriftlich in einer zusätzlichen Liste dokumentiert, die auch in das Qualitätsmanagementsystem resp. Hygienemanagement aufgenommen wird. Der Warenaustausch sollte nur noch in der Schleuse erfolgen. Der Zugang für Betriebsfremde in die Apothekenräumlichkeiten sollte möglichst vermieden werden. Der Warenaustausch zwischen Filialen sollte bei einem positiven Corona-Fall bis zur Maßnahmenfindung durch die Behörden aus­gesetzt werden. Transportkisten für den Großhandel und Sprechstundenbedarf sollten in dringenden ­Fällen des­infiziert werden.

Risikokategorien und Symptomtagebücher

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Eine wichtige Maßnahme ist die innerbetriebliche Definition und Einteilung des Personals in die Risikogruppen gemäß RKI. Kategorie I: Direkter Kontakt zu Sekreten oder Körperflüssigkeiten oder insgesamt mindestens 15-min­ütiger Gesichts-(„face-to-face“)-Kontakt zu Menschen mit COVID-19, z. B. im Rahmen eines Gesprächs. Keine Schutzausrüstung vorhanden. Kategorie I spielt im familiären Umfeld eine große Rolle, sollte aber in der Apotheke ausgeschlossen werden durch die oben definierten Maßnahmen. Kategorie II: Personen hielten sich im selben Raum mit einem bestätigten COVID-19-Fall auf, z. B. am Arbeitsplatz, ohne 15-minütigen Gesichts-(„face-to-face“)-Kontakt. Schutz­ausrüstung war vorhanden. Für diese Kategorie gilt kein zwingender Quarantäneplan, sondern eine unter Einhaltung aller getroffenen Schutzmaßnahmen Isolation des positiv getesteten Mitarbeiters (häusliche Absonderung) und ein Weiterarbeiten des restlichen Teams. Für das restliche Team sollten Symptomtagebücher vorbereitet sein, die zwei Mal täglich auszufüllen sind. Erfasst werden Datum, Symptome wie Fieber, Temperatur, Husten, Halsschmerzen, Kurzatmigkeit, Geschmacks- und Geruchsveränderungen, Sonstiges.

Apotheker Sven Lobeda für die DPhG-AG KatPharm/eda

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