Gesundheitspolitik

Grüne Globuli-Kommission abgesagt

Bundesvorstand will selbst Positionierung zur Gesundheitspolitik erarbeiten

cha | Der seit Längerem schwelende Streit bei den Grünen um die Erstattung von Homöo­pathika durch die gesetzlichen Krankenkassen wird zur Chefsache. Der ursprüngliche Plan, dass eine Kommission eine Positionierung erarbeiten sollte, ist vom Tisch. Stattdessen wird der Bundesvorstand sich des Themas annehmen.

Ausgangspunkt der Streitereien war der Antrag „Echter Patient*in­nen­schutz: Bevorteilung der Homöo­pathie beenden!“ für die Bundes­delegiertenkonferenz im vergangenen November. Darin heißt es u. a.: „Wir treten für eine wissenschaftlich fundierte, faktenbasierte und solidarisch finanzierte medizinische Versorgung für alle ein. Die Finanzierung von nachweislich nicht über den Placeboeffekt hinaus wirk­samen Behandlungsmethoden ist mit diesem Grundsatz unvereinbar.“ Die daraufhin einsetzende Diskussion auf der Antrags-Website sowie entsprechende Gegenanträge ließen erwarten, dass es bei der Bundesdelegiertenkonferenz zu heftigen Debatten kommen könnte. Keine schönen Aussichten für die Parteispitze, dürften doch die guten Wahl- und Umfrageergebnisse der Grünen nicht zuletzt darauf beruhen, dass es gelungen war, nach außen ein Bild der Geschlossenheit zu vermitteln. Schließlich schaffte es der Bundesvorstand, das Thema Homöopathie weitgehend vom Parteitag fernzuhalten. Die Delegierten stimmten dem Antrag „Grüne Gesundheitspolitik – mit Verantwortung und Weitblick in die Zukunft“ zu. Danach sollte bei der nächsten Bundesdelegiertenkonferenz „eine Positionierung zur Frage eines wissenschaftsbasierten und ethischen Gesundheitssystems und der grundsätzlichen Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit durch die Gesetzliche Kranken­kasse zur Abstimmung“ vorgelegt werden, die inhaltliche Vorarbeit sollte in einer Kommission erfolgen.

Bundesvorstand: Interna wurden an Medien gegeben

Doch noch bevor diese ihre Arbeit aufnehmen konnte, wurde sie wieder abgesagt. Laut einem Beschluss des Bundesvorstands vom 14. Januar, der der AZ vorliegt, könne der Auftrag „nur erfüllt werden, indem der Bundesvorstand die erforderliche programmatische Arbeit selbst verantwortet und mit dem Entwurf des Grundsatzprogrammes vorlegt“. Den vorgesehenen Mitgliedern der geplanten Kommission sollen zuvor die Textpassagen zur Kommentierung zugeleitet werden.

Doch wie kam es zu diesem Sinneswandel? Die Debatte um die „Homöopathie“ sei von Anfang an durch einen aggressiven und teilweise polemischen Ton beschwert gewesen, schreibt der Bundesvorstand. Bereits vor der Bundesdelegiertenkonferenz seien immer wieder aus internen Gesprächen Informationen an die Medien weiter­gegeben worden. Deshalb habe der designierte Kommissionsvorsitzende Robert Habeck bei einer Vorbereitungstelefonkonferenz explizit darauf hingewiesen, „dass Interna im gemeinsamen Vertrauensraum bleiben und dass es auch in der Verantwortung der Kommissionsmitglieder liegt, dass Dokumente nicht über Dritte in die Öffentlichkeit gelangen“. Doch schon am Tag der Verschickung des Protokollentwurfs zur Telefonkonferenz habe man in Zeitungen darüber lesen können. Daher sei „eine vertrauensvolle und erfolgreiche Arbeit dieser Kommission nicht möglich“.

Damit dürfte es bei den Grünen spannend bleiben beim Thema Homöopathie. Seinen Lösungs­vorschlag zur Bezahlbarkeit von Krankenkassenleistungen inklu­sive Homöopathie will Habeck zum Wahlprogramm-Parteitag im ersten Halbjahr 2021 vorlegen. Bis dahin ist noch reichlich Zeit für ausgiebige Diskussionen. |

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