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Management

Deutlich und klangvoll, bitte!

Wie wir die Stimme richtig einsetzen / Einzigartiges und unverwechselbares biologisches Wunderwerk

Die Stimme ist unsere hörbare Visitenkarte. Mit ihr transportieren wir Botschaften. In der Apotheke ist sie unser tägliches Arbeitswerkzeug. Wie können wir unsere Stimme professioneller einsetzen? Wie kann unser Stimmeinsatz bewusster genutzt werden?

Wer beruflich viel reden muss, wie es zum Beispiel in der Apotheke der Fall ist, der muss sich auf seine Stimme verlassen können. Er muss zudem seine Stimme richtig nutzen, schließlich spielt sie eine tragende Rolle in der Kommunikation. Viele Menschen sind sich nicht bewusst, welch großen Anteil ihre Stimme an der Wirkung auf andere ausmacht. Richtig eingesetzt, steigert sie die Glaubwürdigkeit sowohl der Person als auch des Gesagten. Der Sprecher wirkt kompetenter, sympathischer, vertrauenswürdiger, überzeugender und professioneller.

Genügend Gründe also, sich einmal genauer mit dem Einsatz der Stimme zu befassen.

Kommunikation ist mehr als Inhaltsvermittlung

In der Apotheke kommunizieren wir den ganzen Tag, mit den Kunden und auch untereinander. Das ist soweit banal. Nicht so banal ist aber die Frage, ob unsere Botschaften auch verstanden werden. Die Frage nach den Wirkungen, die wir beim Gegenüber erzeugen, ist bedeutsam. Ebenso wichtig ist die Frage nach einem schonenden Umgang mit diesem elementaren Werkzeug der Kommunikation. Das sollte uns als Vielsprecher interessieren. Zudem erzeugt der physiologisch effektive und funktionell korrekte Einsatz der Stimme beim Gegenüber einen als angenehm empfundenen Klang. Das ist entscheidender, als die meisten Menschen denken.

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Die Stimme hat einen immensen Anteil daran ...

Beim Kommunizieren tauschen wir Informationen aus. Das tun wir schriftlich – oder eben auch mündlich. Kommunikation sollte stimmig sein, damit der „Sprecher“ vom Gegenüber als überzeugend und authentisch wahrgenommen wird. Die drei Ebenen, auf denen Kommunikation stattfindet, sollten dafür möglichst kongruent sein. Das heißt, die verbale Kommunikation, das WAS gesagt wird, wird von der nonverbalen Kommunikation, also Mimik, Gestik, Körperhaltung, und der paraverbalen Kommunikation, dem WIE etwas gesagt wird, unterstrichen. Dieses WIE beinhaltet den Klang der Stimme, die Artikulation, die Sprachmelodie und Betonung, aber auch Pausensetzung, Lautstärke und Sprechtempo. Wir Menschen kommunizieren also nicht nur auf der Inhaltsebene, sondern auch auf der Beziehungsebene, zu der die paraverbale und nonverbale Kommunikation zählen. Interessant ist, dass im Allgemeinen die Wirkung des Inhaltes überschätzt wird. Wesentlich für das Verständnis des Inhaltes sind die eingesetzte Mimik und Gestik sowie der dem Inhalt und der Situation angemessene Einsatz der Stimme.

Unsere Stimme ist ein wirkmächtiges Instrument, das wir als solches auch schätzen, pflegen und bewusst einsetzen sollten. Gerade in beruflichen Situationen – sei es in Vorstellungsgesprächen, interner Kommunikation oder eben im Gespräch mit Kunden – sollten wir uns bewusst sein, wie viel wir mit der Stimme transportieren. Also nicht nur gesprochene Worte, sondern auch unsere Einstellung zu uns selbst, zum Gegenüber und zum Gesprächsthema. Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen Stimme und Stimmungen. Das Wissen über diese Zusammenhänge kann beispielsweise auch im Kundenkontakt in der Apotheke positiv genutzt werden. Die Stimme ist zudem in weiteren Bereichen verräterisch. Sie gibt viele Informationen auch zur gesundheit­lichen Verfassung, zum Alter und Geschlecht preis. Deshalb haben wir meist auch keine Schwierigkeiten, eine Person, mit der wir telefonieren, in diesen Punkten einzuschätzen, selbst wenn wir sie gar nicht kennen.

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... wie wir auf andere wirken und wie sie reagieren.

Modulierter Schall

Wie entsteht eigentlich unsere Stimme – und was macht sie so einzigartig und unverwechselbar? Die Stimme ist viel mehr als ein Ton. Mit ihr wird mehr als Sprache erzeugt. Auch Weinen, Schreien, Lachen oder Singen ist nicht ohne Stimmbildung möglich. Die Erzeugung der Stimme ist ein physiologisch komplizierter Vorgang. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Atmung. Oder anders gesagt, das Ausatmen ist der Ursprung des Tons. Der Kehlkopf ist Dreh- und Angelpunkt in diesem hochkomplexen System. Beim Vorgang der Stimmbildung werden die Stimmlippen des Kehlkopfes mit ihren Innenrändern, den Stimmbändern, durch ausströmende Atemluft in Schwingungen versetzt. Der Grundton unserer Stimme, auch primärer Kehlkopfton genannt, wird auf diese Weise gebildet. In dem sich daran anschließenden Vokaltrakt (Resonanzraum) – also Rachenraum, Mundhöhle und Nasenraum – wird die individuelle Klangfarbe unserer Stimme erzeugt.

Der primäre Kehlkopfton hört sich noch nicht gut an. Erst im Resonanzraum wird dem Ton ein Volumen gegeben. Aus Ton wird Klang. Hier wird der von den Stimmlippen erzeugte Schall moduliert. Auch weitere individuelle Unterschiede in Zahnstellung, Zungengröße und Lippenform beeinflussen die Klangbildung. Sie sind mit daran beteiligt, dass unsere Stimme einzigartig und unverwechselbar ist, dass ein akustischer Fingerabdruck entsteht. Aus einer Gruppe von Menschen können wir deshalb bekannte Stimmen heraushören und Personen erkennen, auch wenn wir sie nicht sehen. Um aus dem Klang Worte zu formen, müssen wir unsere Artikulationswerk­zeuge Lippen, Kiefer und Zunge einsetzen. Wir können sprechen – ein biologisches Wunderwerk.

Akustische Visitenkarte

„Die Stimme eines Menschen ist sein zweites Gesicht“, so der Schriftsteller und Pädagoge Michael Gerard Bauer. Sie ist außerdem seine akustische Visitenkarte. Beruflicher Erfolg kann von ihr abhängen. Dies gilt nicht nur für professionelle Sprecher wie Schauspieler oder Moderatoren. Auch bei Menschen, die Botschaften vermitteln wollen oder Verkaufsgespräche führen müssen, hängt deren Erfolg mit von der Wirkung ihrer Stimme ab. Die Stimme wirkt hierbei auf drei Ebenen. Auf der einen Ebene vermittelt die Betonung unsere Absicht. Stimmhöhe und Intonation können zudem die Bedeutung unserer Aussagen verändern. Monotones Sprechen wirkt beispielsweise eher negativ. Auf der zweiten Ebene macht der Ton die Musik. Es werden Stimmungen ausgedrückt und Gefühle übermittelt, indem laut oder leise, schnell oder langsam, hoch oder tief gesprochen wird. Auf der dritten Ebene kommen noch individuelle Besonderheiten wie Dialekt, nuscheln, näseln oder auch die Unterschiede von Frauen- und Männerstimmen hinzu.

Wir selbst können unsere Stimme jedoch gar nicht „richtig“ hören. Der eigentliche Klang ist uns fremd. Das wird veranschaulicht, wenn wir Aufnahmen unserer Stimme hören – und dann über ihren Klang erstaunt und meist wohl auch erschrocken sind. Das ist normal. Wir sind mit diesem Klang, der nicht dem gewohnten Klang entspricht, nicht vertraut, denn wir hören von unserer eigenen Stimme nur den über Unterkiefer, Jochbein und Schläfen direkt aufs Innenohr weitergelei­teten Schall, der zudem durch Muskeln und Gewebe gedämpft ist. Deshalb hören wir unsere Stimme etwas tiefer, als sie eigentlich ist.

Doch was klingt gut und was nicht? Grundsätzlich wirken Frauen- und Männerstimmen unterschiedlich auf die Hörer. Frauenstimmen liegen durchschnittlich um eine Oktave über denen der Männer. Frauenstimmen über­tönen die männlichen Stimmen, gleichzeitig werden häufig die tieferen Frequenzen der Männer als angenehmer bevorzugt. In jedem Fall gilt: Nur wer nicht verstellt spricht und sich mit seiner Tonhöhe nicht zu weit von der Indifferenzlage entfernt, wird als angenehm und positiv empfunden. In der Indifferenzlage, dem mittleren Tonhöhenwert, sprechen wir zudem am wenigsten angestrengt. So können wir gleichzeitig auch am längsten sprechen, ohne unserer Stimme Schaden zuzufügen.

„Die Stimme eines Menschen ist sein zweites Gesicht.“

Michael Gerard Bauer

Stimme trainieren

Was können Vielsprecher also tun, um ihre Stimme besser zu nutzen und sie gleichzeitig pfleglich zu behandeln? Wer sich eine wärmere und resonanzreichere Stimme wünscht, kann beispielsweise auf ein Stimmtraining zurückgreifen. Jeder kann mit entsprechenden Übungen erreichen, den Klang seiner Stimme im Rahmen seiner persönlichen physiologischen Gegebenheiten zu verbessern. Da unsere Stimme quasi gesprochene Atmung ist, sollte der Atmung auch die entsprechende Aufmerksamkeit zukommen. Für eine kräftige und klangvolle Stimme muss die richtige Atemtechnik eingesetzt werden. Eine möglichst aufrechte Körperhaltung gehört mit dazu. Zusätzlich sollte bewusst geatmet werden. Angestrebt werden sollte die Tiefenatmung, also die Bauch- und Zwerchfellatmung, durch die Nase. Das Zwerchfell kann auf diese Weise als Atemstütze fungieren und dem Sprecher ermöglichen, länger während eines Ausatemzuges zu sprechen oder sogar zu singen.

An der Artikulation und an der Sprachmelodie kann ebenfalls gefeilt werden. Generelles Ziel sollte es sein, möglichst stimmschonend, also anstrengungsfrei, zu sprechen, deutlich zu artikulieren, mit einer abwechslungsreichen Sprachmelodie zu sprechen und gleichzeitig deutlich zu intonieren. Ebenfalls kann trainiert werden, die Lautstärke der Stimme situationsangepasst, themen­angemessen und raumgerecht einzusetzen. Ein wichtiger Punkt, sowohl in der Frage des stimmschonenden Sprechens als auch in der Frage einer als sympathisch und glaubwürdig empfundenen Stimme, ist das Sprechen in der individuellen mittleren Tonhöhenlage, der Indifferenzlage. Diesen persönlichen Grundton kann ein jeder ermitteln, indem er beispielsweise ein „Mmmh“ summt. Um diese Tonhöhe herum sollte gesprochen werden.

Vorteilhaft ist:

  • sprechen in der individuellen Indifferenzlage
  • sprechen in aufrechter Körperhaltung
  • richtige Atemtechnik
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr zur Schleimhautbefeuchtung
  • deutliche Intonation
  • deutliche Artikulation
  • abwechslungsreiche Sprach­melodie
  • situationsangepasste, themen­angemessene und raumgerechte Lautstärke

Vermieden werden sollte:

  • höher oder niedriger als Indifferenzlage sprechen oder verstellt sprechen
  • sprechen in gekrümmter oder verspannter Körperhaltung
  • ungünstige Atemtechnik, zu flache Atmung
  • geflüsterte, gehauchte oder genuschelte Sprache
  • hektisches Sprechen
  • monotone Sprachmelodie
  • zu laut oder zu leise sprechen
  • viel sprechen – auch nicht flüstern – während Erkrankungen wie Heiserkeit oder Kehlkopf­entzündungen
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Gute Übung: Mal wieder einen Luftballon aufblasen.

Haltung zeigen, richtig atmen

Was also tun, wenn Handlungs­bedarf besteht? Zunächst einmal Haltung zeigen – und damit ist hier nicht nur die innerliche Haltung gemeint. Der Sprecher sollte beim Sprechen eine aufrechte und eutone Körperhaltung bewusst einsetzen und richtig atmen. Das erleichtert viel. Ein Stimmtrainings- beziehungsweise Stimmerwärmungsprogramm sollte immer folgende Bereiche mit einbeziehen: die Körperhaltung, die Atmung, die Stimme und die Artikulation.
 

Was tun:

  • Strecken und recken Sie sich.
  • Gähnen Sie.
  • Singen Sie.
  • Blasen Sie mal wieder einen Luftballon auf.
  • Atmen Sie bewusst durch die Nase.
  • Summen Sie „Mmmh“.
  • Entspannen Sie Gesichts- und Kiefermuskulatur.
  • Führen Sie imaginäre Kau­bewegungen aus.
  • Pusten Sie die Wangen auf, lassen Sie die Lippen flattern.
  • Führen Sie Zungenbrecherübungen aus. Diese helfen, deutlicher und bewusster zu sprechen. Fangen Sie doch gleich mit dem „A“ an: „Acht alte Ameisen aßen am Abend Ananas.“

Es gibt viele Übungen. Ob sie alleine oder professionell begleitet ausgeführt werden sollten, hängt vom Einzelfall ab. Bei entsprechenden Diagnosen kann eine logopädische Therapie erforderlich sein. Ansonsten bieten professionelle Stimmtrainer Trainingsprogramme für Menschen an, die ihre Stimme aus beruflichen oder auch privaten Gründen trainieren möchten. |

Inken Rutz, Apothekerin und freie Journalistin

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