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- AZ 32-33/2020
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Gesundheitspolitik
Kommentar: Angriff auf die Rezeptur
Der Firma Innocur aus Frankfurt a. M. ist die Rezeptur in den Apotheken ein Dorn im Auge. Am liebsten würde Innocur die Herstellung von Opiumtinktur durch die Apotheke gerichtlich verbieten lassen wollen, denn – wen wundert’s – die Firma vertreibt den Mohnsaft als Fertigarzneimittel. Zunächst ging Innocur gegen einen Hersteller vor, der Tinctura Opii normata als Ausgangsstoff für Rezeptur- und Defekturzwecke anbietet – ohne Erfolg, das Landgericht Hamburg wies den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung als unbegründet zurück. Daraufhin gerieten nun zwei Apotheken ins Visier, die aus dem Ausgangsstoff auf ärztliche Anforderung und mitunter im Akutfall patientenindividuelle Rezepturen anfertigen. Obwohl gerichtlich noch mindestens ein Verfahren offen ist, herrscht bei Innocur Siegeslaune. Mit einem Fax werden seit letzter Woche die Apotheken im Land quasi davor gewarnt, Opiumtinktur weiterhin patientenindividuell rezepturmäßig herzustellen. Die Methode ähnelt dabei nicht nur einer Drückerkolonne, sondern ist auch noch zusätzlich höchst irreführend. Denn nur weil eine der beiden Apotheken ihren Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung aufgegeben hat, bezieht Innocur den Fall auf die Apotheken insgesamt. Im Fax wird eine Drohkulisse von Retaxierung bis Abrechnungsbetrug aufgebaut. Die Rechtsauffassung eines Landgerichts wird als ein höchstrichterliches Urteil gehandelt. Dabei existieren eindeutig formulierte Rechtsnormen (z. B. § 4 Abs. 14 AMG), die die gängige und wertgeschätzte Praxis der Rezepturherstellung in den noch anstehenden und wichtigen Gerichtsverfahren stützen und bestätigen dürften.
Dr. Armin Edalat, Chefredaktion der AZ
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