Gesundheitspolitik

Grippeimpfung bleibt heißes Eisen

Kritische und polemische Stimmen von der Ärzteseite zum Modellprojekt in Nordrhein

cha | Kaum wurde in der vorletzten Woche bekannt, dass der Apothekerverband Nordrhein mit der AOK Rheinland/Hamburg die bundesweit erste Vereinbarung zu Modellvorhaben für die Grippeimpfung in den Apotheken geschlossen hat, schlugen die Wellen hoch: Die einen kritisieren das Vorhaben, andere begrüßen es.

Erst kürzlich hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung Zustimmung zu Impfungen in der Apotheke signalisiert, wenn „übergeordnete Gründe“ wie eine notwendige Durchimpfung gegen Grippe dies erforderlich machten. Dennoch reagierte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein verschnupft auf die ab Herbst in ihrer Region impfenden Apotheker: „Aus unserer Sicht ist Impfen eine originär ärztliche Aufgabe – schon alleine aufgrund der für Patientinnen und Patienten möglicherweise entstehenden Risiken“, heißt es in der Pressemeldung, die u. a. auch in der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“, Deutschlands größter Regionalzeitung, verbreitet wurde. Und weiter: „Bei jeder Impfung – auch bei der Grippeimpfung – kann es zu Komplikationen kommen wie etwa allergischen Reaktionen. In solchen Fällen wäre unverzüg­liches ärztliches Notfallhandeln erforderlich, das in einer Apotheke nicht sofort verfügbar wäre.“

Weitaus ärgerlicher ist jedoch ein Beitrag in der „Medical Tribune“. In seiner „Praxiskolumne“ schreibt der rheinhessische Hausarzt Dr. Günter Gerhardt, der auch bereits vielfach im Fernsehen auftrat, unter der Überschrift „Gefechtslinien im Schatten von Corona“ Folgendes: „Der nächste Schauplatz: die Corona-Impfung in der Apotheke. Die ur­alte Forderung von Apotheker-Funktionären nach ärztlicher Tätigkeit in der Apotheke wird hier im Windschatten der Pandemie reaktiviert. Wir können das, wird argumentiert. Tja. Und wir Ärzte können Medikamente in der Praxis verkaufen. Dispensierrecht nennt sich das und geht schließlich auch in Österreich.“ Stellt sich die Frage: Weiß Gerhardt wirklich nicht, dass es erstens Bundesgesundheitsminister Jens Spahn war, der zweitens Grippe- und nicht Corona-Impfungen in der Apotheke gefordert hatte und dies drittens schon lange vor dem Auftreten der Pandemie?

Hartmann: Impfen muss mehrwertsteuerfrei werden

Auch in Apothekerkreisen wird durchaus Kritik am Impfen in der Apotheke laut, siehe hierzu den unten stehenden Beitrag. Dagegen begrüßt Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), in einer Pressemeldung ausdrücklich die Vereinbarung in Nordrhein und äußert die Hoffnung, „dass nun sehr schnell andere Landesapothekerverbände nachziehen“. Allerdings sei darauf zu achten, dass die Leistung künftig mehrwertsteuerfrei angeboten werde: „Hier muss das BMG nachbessern.“ Zudem seien drei Jahre Modellprojekt viel zu lange, in Frankreich habe man den Testlauf innerhalb des ersten Jahres ab­gebrochen, weil es so erfolgreich verlaufen sei. |

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