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Management
Ein kleiner Frosch und drei Herdplatten
Wie Glaubenssätze Sie im Apothekenalltag ausbremsen und was Sie dagegen tun können
Lesen wir uns diese Sätze einen nach dem anderen noch einmal durch und lassen sie uns genüsslich auf der Zunge zergehen. Nun, wie ist der Geschmack für Sie ganz persönlich? Ich darf meinerseits Ihnen anbieten, dass das „Gschmäckle“ bei den ersten beiden im Vergleich zu den folgenden ein eher fader ist. Dass der freudvolle Vorgeschmack auf das, was wir auf dem Teller liegen sehen, bei den Sätzen 3 bis 5 doch wesentlich höher ist.
Wir wissen so viel: raus damit!
Aus dem Nähkästchen geplaudert: „Puh. Das klingt super und ist logisch, aber ich finde, das ist schwierig!“, „Meinen Sie wirklich? Soll ich das echt tun?“, „Und was ist, wenn der Kunde dann nachfragt? Was mache ich, wenn ich keine Antwort weiß?“. Im weiteren Verlauf dann: „Echt, das fühlt sich gerade komisch an. Das habe ich noch nie so gemacht.“ So häufig anzutreffende Reaktionen auf die teils sehr direkten, stets liebevollen Aufforderungen meinerseits in meiner Eigenschaft als HV-Coach, das bisher gekochte Süppchen mit Geschmacksverstärkern zu versehen. Proaktiv den nächsten Kunden auf mögliche Ergänzungen anzusprechen und Empfehlungen nicht nur auf Nachfrage zu geben, sondern mit dem vielfältigen Wissen als Experte in Sachen Arzneimittel unser Gegenüber zu begeistern. Wieso warten, bis wir gefragt werden? Wir wissen so viel: raus damit!
Denn obige Sätze befinden sich ja für gewöhnlich in einem größeren Kontext und stehen selten singulär. Aktuell weitere High-Scorer: „Ich kann doch meinem Kunden nicht einfach erzählen, was ich sonst noch dazu weiß“, „Der Kunde kann mich gar nicht verstehen“, „Bevor ich was dazu sage, muss ich erst noch mehr Fachwissen haben“. (Wir bleiben bei der einmal begonnenen Analyse und fragen uns, welcher Beigeschmack sich hier vornehmlich präsentiert ...) Und wir erlauben uns nun, nicht nur diese Sätze in einen größeren Kontext einzuordnen, sondern auch herauszufiltern, was sie für unseren Apothekenalltag zukünftig bedeuten, wenn wir sie so belassen, wie und wo sie sind. Lehrmeister soll für uns ein kleiner Frosch sein.
Dieser kleine Frosch also fand sich eines Tages in einem Topf wieder. Dieser Topf war gefüllt mit Wasser. Kaltem Wasser. Noch. Denn dieser Topf stand auf einer Herdplatte. Und jemand, niemand weiß genau, wer es war und wir dürfen ebenfalls spekulieren, ob es aus Absicht oder aus Versehen geschah, stellte die betreffende Herdplatte an. Und so geschah es, dass das Wasser immer wärmer und wärmer wurde. Der kleine Frosch jedoch bekam zunächst nichts davon mit, fühlte sich wohlig warm und blieb fein wacker in Unkenntnis der Alternativen in seinem Topf sitzen. Bis er schließlich totgekocht war. Punkt.
Schlimm. Oder? Der arme kleine Frosch. Und wie gut, dass es sich hier um eine erfundene Geschichte handelt. Denn in der Realität wird es nicht vorkommen, dass der Frosch so lange sitzen bleibt. Er wird unter allen Umständen versuchen, aus diesem Topf herauszukommen.
Die Zukunft wartet nicht
Seien wir klug und nutzen die Tatsache, dass wir unsererseits in der komfortablen Situation sind und die Herdplatten, auf denen wir kochen, selbst regeln können. Ganz wie es uns beliebt. Kochen wir den Glauben daran, dass wir einen zu direkten, zu unverständlichen, zu unwissenden Eindruck machen (Achtung Konjunktiv!) könnten, so kochen wir eindeutig auf der Herdplatte „Problem“. Im lösungsfokussierten Coaching-Kontext ist es gut zu wissen, aus welchem Kochtopf der Sprung gewagt werden darf. Dann allerdings ist es auch Zeit zu springen. Die wohlig warme Komfortzone „Problem“ verlassen. Bevor die Temperatur ein unerträgliches Maß annimmt. Wir sang- und klanglos, ohne unser wahres pharmazeutisches Potenzial ausgelebt zu haben, verkochen. Die Zukunft wartet nicht.
Einfach gesagt und noch leichter geschrieben. Der Sprung raus aus dem Problemtopf rein in die Lösung und damit in die Weiterentwicklung braucht zum einen Mut. Zum anderen die eigene Offenheit, die Neugier und die Erlaubnis, sich in unbekannte Gefilde vorzuwagen. Und oft ist die Herdplatte „Lösung“ ein großes Stück entfernt. Es bietet sich förmlich an, noch vor dem entscheidenden Sprung die Herdplatte „Ressource“ aufzudrehen und einen kleinen Zwischenstopp in diesem Topf einzulegen. Er bietet uns Unterstützung über Fragen wie: „Was willst du stattdessen mit der Lösung für dich, den Kunden, die Apotheke möglich machen?“, „Wer kann dich unterstützen?“, „Was kann hilfreich sein?“, „Was brauchst du jetzt?“, „Was ist dann noch alles möglich?“.
Und so wird sehr schonend, überraschend wenig schmerzhaft und begleitet von einer Dopamin-Ausschüttung ein neuer Glaube, eine neue Lösung und eine zukünftig andere Herdplatte generiert. Natürlich, und da machen wir uns nichts vor, sind die Lösungen von heute die Probleme von morgen. Und Töpfe werden gerne von vielen Köchen hin- und hergeschoben. Doch wir sitzen schlussendlich am Regler. Und so lautet die klare (erneut sehr liebevolle) Aufforderung, sich den vermeintlich unumstößlichen Glaubenssätzen, die wir oft sehr unbewusst unserem Gegenüber verbal präsentieren, zu stellen. In einem der vielzählig geführten Telefonate der letzten Woche hörte ich den Glaubenssatz „Ich bin nicht so eine mutige Person, wissen Sie ..“. Das Gespräch nahm seinen Verlauf und 5 Minuten später erfuhr ich, dass genau diese Person ein Jahr in Neuseeland war. Um einen Masterstudiengang zu absolvieren. Allein. Finden Sie das mutig? Ich schon. Und 10 Jahre später hat der Glaubenssatz immer noch Bedeutung. Bis zu just diesem Moment, in dem ihr klar wurde, dass sie diesen Glaubenssatz unterschwellig hegt und pflegt. Und das ist Schritt Nummer 1: Bewusstwerdung. Denn das ist eine der größten Tücken der Glaubenssätze. Langsam, schleichend, sich festigend mit jedem Mal des Aussprechens, unbewusst und manchmal eben doch sehr einschränkend. Tauschen Sie sich im Kollegenkreis einmal dazu ganz offen aus und drehen Sie den Regler runter!
Ohne zu wissen, welcher dieser Glaubenssätze bei Ihnen auf Stufe 10 gerade vor sich hin köchelt und im Apothekenalltag limitierend ist – eins zeigt sich in den Coachings immer wieder: Die Richtung der Aufmerksamkeit, kombiniert mit der klaren Erlaubnis, sie bewusst und aktiv bei Bedarf zu wechseln, entscheidet darüber, ob und wie weit Sie springen. Raus aus dem Problem. Willentlich in die Lösung.
Sie glauben, Sie können das nicht? Sie werden recht behalten. Sie glauben, Sie können das? Sie werden ebenfalls recht behalten! Sie ahnen bereits, welcher Glaube förderlicher ist. Auch, wenn Ihnen nicht ganz wohl ist bei dem Gedanken. Die Kollegin, die im obigen Nähkästchen-Beispiel über ihren Schatten gesprungen ist, hat sich selbst einen Glaubenssatz nach dem anderen widerlegt. Indem sie sich vertraut hat, sich mutig die Erlaubnis zum Ausprobieren und Erforschen gegeben hat und durch positives Erleben und Feedback sofort einen anderen Glaubenssatz installieren konnte: „Ich kann und tue das!“
Wie wäre es also, wenn auch Sie die Richtung der Aufmerksamkeit wechseln. Aus „Ich kann das nicht!“ wird dann zunächst vielleicht ein: „Ich weiß noch nicht, wie genau ich das tun können soll, UND es ist ok, wenn ich das vorher noch nicht wissen muss.“ So verlassen wir in diesem Falle den großen Topf der fließdiagrammartigen Gesprächsverläufe, die uns bisher stets Sicherheit vorgaukelten und ermöglichten, vorab weiterzudenken. Der geänderte Fokus kann aus einem „Das ist schwierig“ ein „Das ist nicht ganz leicht“ machen (– und das hat übrigens auch niemand behauptet). Just do it!
Der Glaube versetzt also doch Berge und so stehen Sie ganz mutig im HV und dann passiert zunächst das Gegenteil von dem, was Sie erwarten. In Ihnen steigen möglicherweise noch diese anderen Formulierungen auf. (Ein Glaubenssatz kommt selten allein!) „Ich kann doch jetzt nicht einfach diese Empfehlung aussprechen. Das ist doch viel zu direkt.“ Oder „Wenn ich das so sage, dann wird sich der Kunde bestimmt bevormundet fühlen.“ Oder gar: „Das kann ich nicht, ich habe nicht genügend Hintergrundwissen.“ Wahlweise wechseln sich diese Gedanken ab. Sie lassen Sie glauben, es sei sicherer, nicht in die Empfehlung einzusteigen. Die Hoffnung stirbt wie erwähnt zuletzt. Also atmen Sie tief durch, überwinden die innere Hürde und setzen an zum Sprung in die zunächst ungewohnte und dann so wunderbare Beratung, die nicht mehr auf Aufforderung warten muss, sondern von Ihnen selbst begonnen werden darf.
Die ultimative Frage: Was tut mir gut?
Sind Sie noch hin- und hergerissen? Schwanken zwischen Sprung und Komfort-Topf, ähem -Zone? Manchmal ist das Problem doch gar nicht so schlimm? Der Leidensdruck gefühlt noch nicht so hoch? Dann kommt hier der ultimative Tipp für Sie. Stellen Sie sich selbst die Frage: „Tut mir das, was ich bisher geglaubt habe (getan habe, vertreten habe) noch gut?“ Bei „ja“: Weitermachen. Bei „nein“ wissen Sie: Stillstand. Die Temperatur droht zu hoch zu werden. Zeit das, was hinderlich ist, loszulassen und den nächsten Schritt, wahlweise den Sprung zu wagen! Und das gilt nicht nur für Sie persönlich. Das dürfen Sie direkt übertragen auf die gesamte Apothekenwelt!
In diesem Sinne: eine sprungvolle, schwungvolle Woche mit wenig limitierenden Glaubenssätzen für eine proaktive Beratungs-Apotheken-Zukunft! |
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