Arzneimittel und Therapie

Zweite Shingrix-Dosis besser spät als nie

Immunantwort wird auch bei größerem Impfabstand induziert

cel/cst | Auch wenn GlaxoSmith­Kline seinen Herpes-zoster-Impfstoff mittlerweile eigenen Angaben zufolge wieder „häppchenweise“ liefern kann – Shingrix® bleibt knapp. Die Folge: Nicht jeder Geimpfte kann nach einer ersten Shingrix®-Dosis die zweite Impfung im vorgesehenen Zeitfenster – zwei bis sechs Monate – einhalten. Doch schützt die Impfung bei verspäteter zweiter Dosis überhaupt?

Seit Shingrix® im Frühjahr 2018 auf den Markt kam, gibt es immer wieder Probleme mit der Lieferfähigkeit des adjuvantierten Subunit-Totimpfstoffs gegen Herpes zoster. Im Oktober erklärte Hersteller GlaxoSmithKline (GSK), Shingrix® zwar in begrenzter Menge, doch wenigstens kontinuierlich monatlich zur Verfügung stellen zu wollen. Bis die Vakzine lückenlos lieferbar ist, raten GSK und die Stän­dige Impfkommission beim Robert Koch-Institut (STIKO), dass Ärzte mit dem knappen Impfstoff zunächst Patienten impfen, die bereits eine Impf­dosis erhalten haben. Für einen ausreichenden Impfschutz bedarf es zweier Dosen, am besten im Abstand von zwei bis sechs Monaten nach der ersten Shingrix®-Gabe. Doch selbst bei der geplanten Kontingentierung ist wohl nicht jede Zweitdosis innerhalb der vorgesehenen Zeit gewährt. Ist dann ein Gürtelrose-Schutz überhaupt wie gewünscht gegeben?

Studie mit größeren Abständen

In einem Beitrag im Arzneitelegramm wurde die Datenlage zur Wirksamkeit von Shingrix® hinsichtlich der Impf­abstände nun näher beleuchtet. Die Ergeb­nisse der beiden zulassungsrelevanten Studien ZOE-50 (NCT01165177) und ZOE-70 (NCT01165229) liefern wenig Erkenntnisse: Die Probanden erhielten die Shingrix®-Impfungen jeweils im Abstand von zwei Monaten. Doch gibt es eine weitere Phase-III-Studie mit 354 Teilnehmern im Alter von mindestens 50 Jahren. Hier wurden die Probanden im Verhältnis 1:1:1 randomisiert und erhielten zwei Dosen Shingrix® im Abstand von entweder zwei, sechs oder zwölf Monaten.

Foto: Pavelis – stock.adobe.com

Für den ersten koprimären Endpunkt interessierte die humorale Immun­antwort, gemessen an den Glykoprotein‑E-Antikörperkonzentrationen, die jeweils vor der ersten Gabe und einen Monat nach der zweiten Impfdosis bestimmt wurden. Der Impfstoff besteht aus Glykoprotein E (gE), einem Hüllprotein des Varizella-zoster-Virus. Die an der Antikörperkonzentration gemessene humorale Immunantwort ist zwar nicht identisch mit der klinischen Wirksamkeit des Impfstoffs, doch soll die Antikörper-Erhöhung nach Impfung als Surrogatparameter mit dem Schutz vor Zoster korrelieren.

Für den ersten koprimären Endpunkt wurde die Prozentzahl der Patienten betrachtet, die nach der zweiten Impfdosis eine vierfache Erhöhung der Anti­körperkonzentration zeigten – Vaccine Response Rate (VRR). Um den Endpunkt zu erreichen, musste die untere Grenze für die VRR bei einem 97,5%-Konfidenzintervall [KI] einen Monat nach der zweiten Impfdosis mindestens 60% betragen.

Sowohl in der Gruppe mit dem sechsmonatigen als auch in der Gruppe mit dem zwölfmonatigen Impfabstand wurde diese Voraussetzung erfüllt. Einen Monat nach der zweiten Dosis zeigten 96,5% der Probanden mit Sechs-Monate-Impfschema eine ausreichende Immunität (97,5%-KI 90,4 bis 99,2). Beim Zwölf-Monate-Impfschema waren es 94,5% (97,5%-KI 87,6 bis 98,3). Zum Vergleich: Ein zweimonatiges Impfschema zeigte eine ausreichende Immunität bei 96,6% der Probanden.

Als zweiter koprimärer Endpunkt wurde auf Nichtunterlegenheit im Vergleich zum zweimonatigen Schema getestet. Hier erwies sich jedoch nur das sechsmonatige Impfschema, nicht jedoch das zwölfmonatige Schema, als nicht unterlegen.

Erhöhte Antikörperspiegel

Obgleich die gemessenen Antikörperkonzentrationen bei einem zweimonatigen Impfschema am höchsten sind, wurden auch bei Patienten mit zwölfmonatigem Impfabstand deutliche Effekte beobachtet. So zeigte sich bei allen drei Impfschemata je mindestens 35,8-fach erhöhte gE-Antikörperspiegel im Vergleich zum Ausgangswert. Auch zwölf Monate nach der jeweils zweiten Dosis war der Antikörperspiegel immer noch 11,6-mal höher als vor der Impfung. „Aufgrund dieser Datenlage sollte auf die zweite Shingrix®-Dosis auch im Falle einer Verspätung nicht verzichtet werden,“ lautet das Fazit der Arzneitelegramm-Autoren. |

Literatur

GlaxoSmithKline (GSK). [§] Zoster-Impfstoff nun deutschlandweit über SSB – regelmäßige Lieferungen monatlich zu erwarten. Pressemeldung vom 10. Oktober 2019; https://de.gsk.com

Robert Koch-Institut (RKI). Kurz & knapp: Faktenblätter zum Impfen. Herpes-zoster-Impfung (mit dem Totimpfstoff). www.rki.de; Abruf am 4. November 2019

Lieferschwierigkeiten bei Shingrix ... Schutz bei verspäteter zweiter Dosis noch gegeben? a-t 2019;50:86

Lal H et al. Immunogenicity, reactogenicity and safety of 2 doses of an adjuvanted herpes zoster subunit vaccine administered 2, 6 or 12 months apart in older adults: Results of a phase III, randomized, open-label, multicenter study. Vaccine 2018;36(1):148-154

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