Arzneimittel und Therapie

Hitliste der Neuroleptika

Welche Substanzen am besten wirken und die wenigsten Nebenwirkungen besitzen

Neuroleptika sind das Mittel der Wahl zur Behandlung schizophrener Störungen. Die Wirkstoffe unter­scheiden sich jedoch teils deutlich in ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit. Im Rahmen einer Metaanalyse wurden 32 ältere und neuere Neuroleptika miteinander verglichen.

Schizophrenie ist eine der häufigsten, belastendsten und kostenintensivsten psychiatrischen Erkrankungen weltweit. Die Auswahl an Wirkstoffen, die therapeutisch eingesetzt werden können, ist groß, und die Empfehlungen sind uneinheitlich. Eine aktuelle Netzwerk-Metaanalyse hat Daten aus 402 Studien mit insgesamt über 53.000 Patien­ten ausgewertet und die Effek­tivität und Sicherheit von 32 Wirkstoffen gegenübergestellt.

32 Wirkstoffe im Vergleich

Dafür wählten die Forscher randomisierte klinische Studien bei Erwachsenen mit akuten Symptomen einer Schizophrenie oder einer verwandten Störung aus, in denen ein Wirkstoff mit einem anderen oder mit Placebo verglichen wurde. Studien mit therapieresistenten Patienten oder solchen mit überwiegend depressiver oder Negativ-Symptomatik wurden ausgeschlossen. Betrachtet wurden alle Neuroleptika der zweiten sowie ausgewählte Wirkstoffe der ersten Generation.

Als primärer Endpunkt wurde die Änderung der Gesamtsymptomatik definiert. Alle Neuroleptika waren Placebo überlegen, auch wenn dieses Ergebnis für sechs Wirkstoffe nicht signifikant war. Signifikant wirksamer als die anderen Neuroleptika waren Clozapin, Amisulprid, Zotepin, Olanzapin und Risperidon. Die sonstigen Unterschiede waren meist gering. Bei separater Betrachtung der Positiv-Symptome schnitten Amisulprid, Risperidon, Olanzapin, Paliperidon und Haloperidol besser ab als viele andere Wirkstoffe. Gegen die Negativ-Symptome halfen vor allem Clozapin, Amisulprid und Olanzapin. Diese Wirkstoffe und Sulpirid reduzierten auch am deutlichsten die depressiven Symptome.

Bei 20 Wirkstoffen gab es signifikant weniger Studienabbrecher als unter Placebo. Die geringste Abbruchwahrscheinlichkeit hatte Clopenthixol, gefolgt von Amisulprid und Olanzapin. Der häufigste Grund für einen Therapieabbruch war mangelnde Wirksamkeit (40%), gefolgt von Nebenwirkungen (20%).

Foto: Pixel-Shot – stock.adobe.com

Zusätzlich zur Effektivität wurden die Sicherheit und die Verträglichkeit der Wirkstoffe analysiert. Zwölf von 26 untersuchten Neuroleptika verursachten eine höhere Gewichtszunahme als Placebo. Diese war unter Zotepin, Olanzapin sowie Sertindol am größten. Der Einsatz von Arzneimitteln gegen Parkinson wurde als Maß für extra­pyramidale Störungen herangezogen. Dieses Risiko war unter Clozapin, ­Perazin und Sertindol am geringsten. Erhöh­te Prolactin-Spiegel traten vor allem unter Paliperidon, Risperidon, Amisulprid, Haloperidol und Sertindol auf. Zuclopenthixol, Zotepin und Sulpirid wirkten am häufigsten sedierend. Insgesamt waren ältere Wirkstoffe häufiger mit extrapyramidalen Störungen und erhöhten Prolactin-Werten verbunden, die neueren hingegen eher mit Gewichtszunahme und Müdigkeit. Die größte Verlängerung des QT-Intervalls zeigte sich unter Sertindol, Amisulpirid und Ziprasidon. Unter Lurasidon und partiellen Dopamin-Agonisten war dieses Risiko am geringsten.

Im Ergebnis dieser Analyse scheinen viele der älteren Wirkstoffe im Vergleich mit den neueren gut abzuschneiden. Allerdings gab es nur wenige direkte Vergleiche, und die Verzerrung durch Nicht-Veröffentlichung negativer Studienergebnisse könnte bei älteren Arzneimitteln stärker sein, da mittlerweile alle Studien im Vorhinein registriert werden müssen. Ins­gesamt waren die Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen Wirkstoffen weniger deutlich als die Unterschiede in den beobachteten Nebenwirkungen. Daher sollten mögliche unerwünschte Effekte bei der Auswahl des Neuroleptikums beachtet werden. |

Literatur

Huhn M et al. Comparative efficacy and tolerability of 32 oral antipsychotics for the acute treatment of adults with multi-episode schizophrenia: a systematic review and network meta-analysis, Lancet 2019; doi:10.1016/S0140-6736(19)31135-3

Apothekerin Sarah Katzemich

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.