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Was Phytopharmaka bei internistischen Erkrankungen leisten
GPT-Fortbildung zum Phytotherapeuten aus der Praxis für die Praxis
Prof. Dr. Karen Nieber, Gommern, wissenschaftliche Leiterin der Fortbildung, hielt den Einführungsvortrag „Phytotherapie: Interaktionen und klinische Relevanz“, dem zwei Referate von Prof. Dr. Detmar Jobst, Universität Bonn, zu urologisch relevanten Arzneipflanzen bei Harnwegsinfekten und Prostataleiden folgten. Nach Hinweisen zur Anatomie und Pathophysiologie stellte der erfahrene Arzt pflanzliche Durchspülungsmittel vor und gab Beispiele aus seiner hausärztlichen Praxis. Jobst berichtete über Erfahrungen mit pflanzlichen Arzneimitteln bei der benignen Prostatahyperplasie (BPH). Die gutartige Prostatavergrößerung sei eines der Gebiete, bei dem pflanzliche Arzneimittel sehr häufig und erfolgreich angewandt werden. Zur Selbstmedikation einer leichten irritativen Symptomatik stehen einige Phytopharmaka auf Basis von Sägepalmenfrüchten, Kürbissamen und Brennnesselwurzel zur Verfügung, zu denen Ergebnisse aus klinischen Studien vorliegen.
Phytos fürs Herz, für Leber und Galle
Prof. Dr. Werner Knöss aus dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn, erläuterte in seinem Vortrag „Phytopharmaka in Europa, gesetzliche Voraussetzungen“ die Aufgaben des Europäischen Netzwerkes und diskutierte die Aufgaben der Abteilung 4 „Besondere Therapierichtungen und Traditionelle Arzneimittel“. Besonderes Augenmerk legte er auf die Zulassung pflanzlicher Arzneimittel und die Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel.
Die Schwerpunkte des Vortrags „Phytopharmaka bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, den Prof. Dr. Karin Nieber zu Beginn des zweiten Tages hielt, waren Wirkungsmechanismen und klinische Studien zu Weißdorn-Extrakten beim alternden Herz. Auch auf mögliche Wirkungsmechanismen von Besenginster, Herzgespannkraut, Wolfstrappkraut und Knoblauch ging die Referentin ein. Als Nächstes stand der Einsatz von Phytopharmaka bei Venenerkrankungen auf dem Programm. Phytopharmaka mit Extrakten aus Rotem Weinlaub, Rosskastaniensamen, Mäusedornwurzelstock sowie Präparate, die Rutoside wie Oxerutin oder Troxerutin enthalten, seien im Anfangsstadium der Erkrankung oder begleitend zur Kompression indiziert, wenn physikalische Maßnahmen keinen anhaltenden Erfolg garantieren. Im Vortrag über Leber- und Gallenerkrankungen wurden Mariendistel, Artischocke, Rote Bete und Schafgarbe als bewährte pflanzliche Therapeutika genannt. Die Phytotherapie sei eine starke und verlässliche Partnerin in der Behandlung der Leber- und Gallenerkrankungen, wenn man sie gezielt einsetze und sie sich in ein sinnvolles Therapiekonzept einfüge, so das Fazit von Nieber.
In einem weiteren Vortrag zum Thema „Pflanzliche Antibiotika“ erklärte Prof. Dr. Jürgen Reichling, Universität Heidelberg, dass Heilpflanzen und Heilkräuter mit antibiotischer Wirkung pharmakologisch hochwirksame Substanzen beinhalten, wie zum Beispiel ätherische Öle, Gerbstoffe, Bitterstoffe oder Flavonoide, die die Vermehrung von Bakterien und Mikroorganismen hemmen oder diese sogar zerstören können.
Im Themenkomplex Anbau, Verarbeitung und Qualitätssicherung von Arzneipflanzen erklärte Dr. Björn Feistel, Leiter der Abteilung Produktentwicklung, Finzelberg GmbH & Co. KG, Andernach, die Prozesse der Gewinnung und Verarbeitung von Rohmaterialien bis hin zur Charakterisierung und Qualitätssicherung von Extrakten. Ergänzend wurde ein Film der Kooperation Phytopharmaka über den Anbau und die Herstellung von Phytopharmaka bis zum Weg in die Apotheke gezeigt.
Das Mikrobiom ist noch nicht verstanden
Dr. Sebastian Michael, Löwen-Apotheke Waldheim, zeigte am dritten Tag der Fortbildung zum Themenkomplex „Phytopharmaka bei Magen-Darm-Erkrankungen“, dass es gerade auf diesem Gebiet eine Vielzahl von pflanzlichen Arzneimitteln für sehr unterschiedliche Symptome gibt. Der erfahrene Apotheker erklärte einleitend grundlegende Mechanismen gastrointestinaler Störungen wie Dyspepsie, Reizmagen- und Reizdarmsyndrom, Obstipation und Diarrhoe. Er besprach die Wirkungsmechanismen wichtiger Heilpflanzen und diskutierte die Vorteile und Grenzen des Einsatzes von Phytopharmaka bei bestimmten gastrointestinalen Störungen. In einem abschließenden Vortrag widmete sich Michael dem komplexen Ökosystem Mikrobiom. Zusammengesetzt aus einer Vielzahl von hauptsächlich Bakterien, aber auch Pilzen, Archaen und Viren mit einer großen Diversität spiele es eine wichtige Rolle bei der Verdauung und bei der Entwicklung des Immunsystems. Darüber hinaus nehme es eine wichtige Funktion bei einer Vielzahl von physiologischen Vorgängen und auch bei Krankheiten ein. Sein Fazit: Das Mikrobiom des Menschen ist Teil intensiver Forschung und noch nicht umfassend verstanden. Die erhöhte Infektionsanfälligkeit, z. B. für lebensgefährliche Erkrankungen durch Clostridium difficile nach antibiotisch gestörter Darmflora, mache die wichtigen Funktionen für die Pathogenabwehr deutlich.
Die GPT-Fortbildung zum Phytotherapeuten ermöglicht es Ärzten und Apothekern, ihre Kenntnisse zur Phytotherapie zu erweitern und zu vertiefen. Vier Module innerhalb von zwei Jahren geben einen Überblick über das gesamte Gebiet. Für das 2. Modul gibt es vom 18. bis 20. Oktober 2019einen Wiederholungstermin.
Das 3. Modul der Fortbildungsreihe findet vom 13. bis 15. März 2020 statt (Wiederholungstermin 27. – 29.03.2020). Themen werden Phytopharmaka bei der Behandlung von Atemwegserkrankungen, Schmerzen, endokrinen Störungen, zur Immunstimulation und Tumortherapie sowie Aspekte der Durchführung und Bewertung von klinischen Studien sein. Als Update ist ein Vortrag zu „Nicotin – Wege zur Rauchfreiheit“ vorgesehen.
Weitere Informationen: Homepage der GPT unter www. phytotherapie.de oder bei c.kern@koop-phyto.org.
Das 2. Modul der Fortbildungsreihe der GPT war so erfolgreich, dass es wiederholt wird (s. Kasten). Die Organisation der Fortbildungsreihe übernimmt künftig Cornelia Kern als Nachfolgerin von Cornelia Schwöppe. |
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