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Mehr Chancengleichheit dank Betriebsrat

Forscher finden relevante Gender-Unterschiede

Im Beruf haben Frauen immer noch das Nachsehen. Sie verdienen schlechter und steigen die Karriere­leiter seltener nach oben, verglichen mit männlichen Kollegen. Eine Angestelltenvertretung könnte Ungerechtigkeiten zumindest abmildern, berichten Sozialwissenschaftler.

Betriebsräte sind in öffentlichen Apotheken eher die Ausnahme als die Regel. Das ändert sich in den nächsten Jahren vielleicht. Denn ein Betriebsrat kann laut § 1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) in Firmen mit fünf oder mehr Angestellten gewählt werden. Aufgrund der zunehmenden Filialisierung wird diese Zahl in öffentlichen Apotheken immer häufiger erreicht – denn hier zählen alle Apotheken eines Filialverbundes zusammen.

Dass Kolleginnen und Kollegen von einer Vertretung profitieren, ist hinlänglich bekannt. Jetzt berichten Prof. Dr. Uwe Jirjahn von der Universität Trier und Dr. Jens Mohrenweiser von der britischen Bournemouth University über einen weiteren Vorteil: Arbeitgeber mit Betriebsrat setzen eher Maßnahmen zur Geschlechtergerechtigkeit um als vergleichbare Firmen ohne Angestelltenvertretung.

Beruf und Familie: Frauen immer noch benachteiligt

Laut Jirjahn und Mohrenweiser ist trotz zahlreicher Maßnahmen der letzten Jahre im Berufsleben noch immer keine Geschlechtergleichheit, sprich Gender Equality, erreicht worden. Zur Erklärung führen die Wissenschaftler häufigere Erwerbsunterbrechungen bei Frauen an, um Kinder zu erziehen oder um Angehörige zu pflegen. Das sei mit kürzeren Arbeitszeiten, mit dem selteneren Aufstieg in Führungspositionen und mit niedrigeren Ge­hältern verbunden. Einkommensunterschiede werden als „Gender Pay Gap“ seit Jahren beim Equal Pay Day thematisiert – bislang ohne durchschlagenden Erfolg.

ADEXA unterstützt Mitglieder bei der Gründung eines Betriebsrats in Apotheken. Weitere Informationen finden Sie online im pass­wortgeschützten Bereich der Website www.adexa-online.de.

Arbeitnehmervertretung sorgt für mehr Gerechtigkeit

In ihrer Arbeit zeigen die Autoren, dass betriebliche Mitbestimmung die beruflichen Chancen von Frauen verbessern kann. Basis ihrer Untersuchung waren Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung aus den Jahren 2012 bis 2016.

In Firmen mit Betriebsrat erhöhte sich die Wahrscheinlichkeit, dass es flexible Arbeitsbedingungen mit Gleitzeit oder Home Office gibt, um 13,9 Prozentpunkte. Weiterbildung oder sonstige berufliche Informationen waren um 7,6 Prozent wahrscheinlicher. Damit nicht genug: Beratungsmöglich­keiten oder eine Zusammenarbeit mit Pflegeeinrichtungen fanden die Autoren ebenfalls häufiger (plus 6,8 Prozent). Und bei Maßnahmen zur Kinderbetreuung in Form von Betriebskindergärten, Zuschüssen oder Kooperationen mit Kitas vor Ort lag die Differenz bei 4 Prozent. Unterschiede gab es auch bei Mentoring-Programmen oder Frauenförderplänen (plus 2,3 Prozent) – jeweils verglichen mit Firmen ohne Angestelltenvertretung.

Relevante Vorteile durch Betriebsrat

Alles in allem seien die Unterschiede „nicht nur statistisch signifikant, sondern auch ökonomisch relevant“, schlussfolgern Jirjahn und Mohrenweiser. Ihre Aussage bezieht sich nicht nur auf bessere Karrierechancen und damit verbundene Gehaltssteigerungen, sondern auch auf geldwerte Vorteile wie Subventionen bei der Betreuung oder kostenfreie Be­ratungsangebote.

Zur Erklärung der prozentualen Unterschiede führen sie an, dass Geschlechtergerechtigkeit im Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich thematisiert würde. Betriebsräte setzten solche Ansprüche vor Ort tatkräftig um. Gleichzeitig sorgten sie aufgrund ihres Mitspracherechts für mehr Transparenz, was die Diskriminierung erschwere. |

Quelle

Jirjahn U, Mohrenweiser J. Works Councils and Organizational Gender Policies in Germany, IZA Discussion Paper Nr. 12344, Mai 2019, www.iza.org/publications/dp/12344/works-councils-and-organizational-gender-policies-in-germany

Michael van den Heuvel

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