DAZ aktuell

Huml: RxVV ist der Königsweg

Apotheker fordern beim BAT Wiederherstellung der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln

BAMBERG (diz) | Für die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml steht fest: Das Beste, um die Vor-Ort-Apotheke zu stärken, ist ein Versandverbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel (RxVV), „das ist für mich der Königsweg“, sagte sie in ihren Grußworten auf dem Bayerischen Apothekertag in Bamberg. Den vorliegenden Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken sieht sie dagegen kritisch, „da liegt einiges im Argen“.

Den Auftakt des Bayerischen Apothekertags, der am 3. und 4. Mai in Bamberg stattfand, bildete auch in diesem Jahr eine politische Eröffnung mit Diskussionsrunde. Für Bayerns Gesundheitsministerin Huml und den gesundheitspolitischen Vertreterinnen von CSU, Grünen, FDP und den Linken stand der Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken im Mittelpunkt. Kammerpräsident Thomas Benkert und Verbandschef Dr. Hans-Peter Hubmann stellten den tags zuvor von der ABDA-Mitgliederversammlung gefassten Beschluss zu diesem Gesetzentwurf vor.

Foto: BLAK/BAV/A. Müller
Die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml zwischen Kammer (Thomas Benkert, li.) und Verband (Hans-Peter Hubmann).

Bauchschmerzen mit Spahn-Entwurf

Bayerns Apothekerinnen und Apo­theker können mit ihrer Gesundheits­ministerin zufrieden sein. Die Versorgung der Menschen durch die Vor-Ort-Apotheken liegt ihr am Herzen, wie Huml in ihren Grußworten deutlich machte. Und sie erinnerte daran, was sie und ihr Ministerium seit dem EuGH-Urteil bereits getan haben, um die Vor-Ort-Versorgung zu erhalten. So habe Bayern den Bundesratsbeschluss zum Rx-Versandverbot beantragt. Außerdem appellierten die Regierungsfraktionen von CSU und Freien Wählern erst vor Kurzem im Bayerischen Landtag dazu, sich für das RxVV einzusetzen: Sie hatten einen Dringlichkeitsantrag in den Landtag eingebracht, sich weiterhin auf Bundesebene für ein Verbot des Rx-Versandhandels einzusetzen, um die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln durch öffentliche Apotheken sicherzustellen. Schließlich, so Huml, sei es das Land Bayern gewesen, das darauf geachtet habe, dass das RxVV im Koalitionsvertrag bleibt.

Beim jetzt vorliegenden Gesetzentwurf zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken von Bundesgesundheitsminister Spahn bekomme sie Bauchschmerzen, so Huml. Der Titel verheiße zwar Gutes – „und zu diesem Ziel bekenne ich mich“ –, aber beim Text des Entwurfs liege einiges im Argen. Die bayerische Gesundheitsministerin weiß, dass sich die Apotheken dem Wettbewerb stellen wollen, „aber wir brauchen Chancengleichheit“. Und daher hat sie für die Forderungen der Apothekerinnen und Apotheker vollstes Verständnis, dass die Gleichpreisigkeit auch für auslän­dische Versender unabdingbar sei. Seit dem EuGH-Urteil von 2016 gebe es da allerdings eine Schieflage, die auf Dauer für die Vor-Ort-Apotheken nicht auszuhalten sei.

Huml hat Bedenken, ob Spahns Gesetzentwurf so machbar und europarechtskonform sei. Sie begrüßt zwar die Erhöhungen für den Nachtdienstfonds, für die BtM-Dokumentation und das Honorar für Dienstleistungen. Aber sie sei nicht überzeugt davon, dass die Gleichpreisigkeit über ein Boni-Verbot, eine Verankerung im SGB V und über eine Streichung von § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG zum Ziel führen. Der Entwurf bringe keine Rechtsklarheit mit sich. Huml: „Die Streichung ist nicht die Ideallösung, ich hätte mir einen koalitionskon­formen Weg gewünscht. Denn bei einer Streichung von § 78 ist die Preisbindung für ausländische Versender weg.“ Daher fragt sich die bayerische Gesundheitsministerin, ob für den Erhalt der Gleichpreisigkeit das RxVV nicht doch der bessere Weg wäre. Für sie wäre es jedenfalls der Königsweg.

Foto: BLAK/BAV/A. Müller
Alle Gesundheitspolitikerinnen waren – aus unterschiedlichen Gründen – nur bedingt mit dem Gesetzentwurf zufrieden. Von rechts: Katja Hessel (FDP), Sylvia Gabelmann (Die Linke), Dr. Manuela Rottmann (Die Grünen), Emmie Zeulner (CSU), Thomas Benkert (BLAK), Hans-Peter Hubmann (BAV), Ralph Erdenberger (Moderator).

Gleichpreisigkeit wiederherstellen

Hans-Peter Hubman, der Vorsitzende des Bayerischen Apothekerverbands, stellte heraus, dass die Wiederher­stellung der Gleichpreisigkeit bei Rx-Arzneimitteln das wichtigste Ziel der Berufspolitik ist. Was in Deutschland nach wie vor für Bücher gilt, sollte auch für Arzneimittel gelten, so Hubmann. Mit dem von Spahn vorgesehenen Boni-Verbot im SGB V und der Streichung des Passus im § 78 AMG lässt sich die Gleichpreisigkeit nicht erreichen, denn, so Hubmann, für Privatversicherte und Selbstzahler sei das SGB V nicht zuständig, für sie wäre somit die Gleichpreisigkeit nicht gegeben. Mit einer Streichung des Passus im § 78 AMG wäre die Grundlage dafür beseitigt, dass sich ausländische Versandapotheken an gleiche Preise für verschreibungspflichtige Arzneimittel halten müssen, machte Thomas Benkert, Präsident der Bayerischen Landesapothekerkammer deutlich. Doch der Spahnsche Gesetzentwurf enthält auch positive Punkte, beispielsweise die zusätzliche Vergütung für Dienstleistungen, ein Verbot für das Makeln von Rezepten (E-Rezept), mehr Honorar für den Nachtdienstfonds und für die BtM-Dokumentation, so Benkert. Den Modellversuch für Grippeschutzimpfungen in Apotheken sieht Benkert dagegen kritisch, „wir wollen den Ärzten nichts wegnehmen“. Auch die mit dem Entwurf vorgesehene Möglichkeit für Folgeverordnungen sei nur gemeinsam mit den Ärzten umsetzbar. Und die von Spahn vorgesehenen Erleichterungen beim Botendienst seien, so Benkert, nicht notwendig.

Bayerischer ­Apothekertag

Die drei Programm-Säulen, die seit Jahren zum Erfolg eines Bayerischen Apothekertags beitragen, haben sich auch in diesem Jahr bewährt: die politische Eröffnungsveranstaltung, ein umfangreiches Fortbildungsprogramm für Wissenschaft und Praxis und ein geselliges Rahmenprogramm mit Galaabend. Rund 500 Apothekerinnen und Apotheker, PTA und PKA waren nach Bamberg gekommen. Die Stadt an der Regnitz sorgte dabei sicher noch für eine besondere Anziehungskraft: Bamberg ist seit 1993 als Weltkulturerbe in die Liste der UNESCO eingetragen. Bambergs Altstadt hat den größten unversehrt erhaltenen Stadtkern in Deutschland.

Doch neben dem Gesetzentwurf gibt es weitere brennende Themen für die Apotheken, die der Kammerpräsident herausstellte, beispielsweise die überbordende Bürokratie, die vielen Apotheken zu schaffen macht, der Datenschutz, die Rabattverträge und die Lieferengpässe. Auch der Nachwuchsmangel ist für viele Apotheken ein zunehmendes Problem. Die Kammer habe daher eine Arbeitsgemeinschaft zur Nachwuchsförderung ins Leben gerufen, die nach Lösungen suchen wird.

Jetzt geht’s richtig los

Die ABDA-Mitgliederversammlung hatte einen Tag vor dem Bayerischen Apothekertag in einer langen Sitzung über ihre Stellungnahme zum Gesetzentwurf beraten. Wie Hubmann berichtete, habe man „kritische Stimmen“ unter den Mitgliedern einfangen können, sodass der Beschluss einstimmig gefasst werden konnte. Es sei ein faires Ringen gewesen, fügte Benkert hinzu. Für die Beteiligten sei klar geworden, dass ein RxVV null Erfolgsaussichten habe: Spahn will es nicht. Dennoch wolle man mit Spahn im Gespräch bleiben. Die ABDA-Mitglieder waren sich auch einig darüber, dass der Gesetz­entwurf dem Tenor nicht gerecht wird, die Gleichpreisigkeit herzustellen. „Aber“, so Hubmann, „Gesetze macht das Parlament, Abgeordnete können mit Unterstützung der Länder etwas bewirken, jetzt geht’s richtig los.“

Wie Abgeordnete den Spahnschen Gesetzentwurf sehen, zeigte sich in der Diskussion mit den Gesundheitspolitikerinnen von CSU, Grünen, FDP und Linken. Emmi Zeulner (CSU) ließ durchblicken, dass sie mit ihrem Gesundheitsminister nur bedingt zufrieden sei, „da ist noch Luft nach oben“. Aber: „Wir wollen die Gleichpreisigkeit, dafür brauchen wir Mehrheiten.“ Positiv sieht sie, dass Spahn aktiv ist und schnell arbeitet. Und im Gesetzentwurf seien „viele gute Dinge drin“. Dennoch man müsse nochmal darüber diskutieren, wie man die Gleichpreisigkeit erreichen könne: „Wir gehen jedenfalls kontrovers in die Diskussion“, so Zeulner, und sie fügte schmunzelnd hinzu: „Wenn Huml und ich kommen, versucht Spahn immer abzuhauen“. Auf jeden Fall versuche man eine Lösung zu finden.

Ob man die Gleichpreisigkeit noch retten kann? Da zeigte sich Dr. Manuela Rottmann von den Grünen skeptisch. Die Gesundheitspolitikerin will eher andere Wege suchen als RxVV oder Gleichpreisigkeit, denn das seien Sackgassen. Sie plädierte eher für einen Honorarausgleich bei Stadt- und Landapotheken: Erleichterungen beim Botendienst und mehr Honorar für die Landapotheken. Doch vor dieser Honorarumverteilung warnte Hubmann: Die Krankenkassen würden dann die Patienten zu den günstigen Apothekern umsteuern.

Für die Apothekerin und Gesundheitspolitikerin der Linken, Sylvia Gabelmann, gibt es nur einen Weg: das RxVV. „Ich kritisiere die ABDA schon seit 20 Jahren dafür, dass immer versucht wird, sich mit der Politik zu arrangieren, anstatt auf die Barrikaden zu gehen!“ Wenn jetzt die Rx-Preis­bindung fällt, gehe es ums Überleben der Apotheke. Die ABDA sollte statt eines Deals mit dem Minister lieber Kunden und Patienten auf die Situation aufmerksam machen, das erzeuge Druck auf den Minister.

Für die Gesundheitspolitikerin der FDP, Katja Hessel, geht mit dem Gesetzentwurf einiges in die richtige Richtung, aber nicht immer auf dem richtigen Weg. Sie kann sich vorstellen, dass kleine Landapotheken einen Risikostrukturzuschlag erhalten. Auch die Beratungsleistung der Apotheken müsste besser honoriert werden.

Kritik aus dem Plenum an der ABDA versuchten Hubmann und Benkert aufzufangen: Von kampflos aufgeben könne keine Rede sein, aber man brauche Mehrheiten in der Politik. Außerdem habe man keine Blockademöglichkeit gegenüber dem Minister, so Hubmann: „Wie sollen wir den Minister zwingen, das Rx-Versand­verbot umzusetzen?“ |

20 Jahre „Apotheker helfen e. V.“

Die Hilfsorganisation „Apotheker helfen e. V.“ konnte auf dem Bayerischen Apothekertag in Bamberg ihr 20-jähriges Bestehen feiern. Sie wurde im Rahmen des Bayerischen Apothekertags 1999 in Bamberg unter dem Namen „Hilfswerk der bayerischen Apotheker“ gegründet – Anlass war eine spontane Hilfsaktion des damaligen Vorsitzenden des Bayerischen Apothekerverbands, Gerhard Reichert, und des damaligen Kammerpräsidenten, Johannes Metzger, für Kriegsopfer in Bosnien.

Apotheker helfen e. V. wurde in den darauffolgenden Jahren auch in Rumänien und Togo tätig. Nach dem Tsunami 2004 weitete die Organisation ihre Hilfsaktionen auch auf den asiatischen, mittel- und südamerikanischen Raum aus. 2008 erfolgte die Namensänderung in „Apotheker helfen e. V.“ Ziel war und ist es, die Gesundheitsversorgung, vor allem die medikamentöse Versorgung in Krisengebieten, bei Naturkatastrophen, Krankheit oder Armut, zu sichern und zu verbessern. Die Hilfsorganisation stellt Arznei- und Verbandsmittel, Krankenpflegeartikel und medizinisches Gerät kostenlos zur Verfügung und fördert den Aufbau von medizinischer Infrastruktur. In den vergangenen Jahren konnten Projekte in 54 Ländern mit einer Summe von 2,2 Millionen Euro unterstützt werden.

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