DAZ aktuell

Wer soll die Versender kontrollieren?

Offene Fragen zu Spahns Plänen

eda/tmb | Im Referentenentwurf seines „Apotheken-Stärkungsgesetzes“ sieht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor, die Länderliste ersatzlos zu streichen. Damit würde eine wichtige Bekanntmachung des Ministeriums wegfallen, die auf­listet, welche EU-Länder im Arzneimittelwesen über mit deutschem Recht vergleichbare Sicherheitsstandards verfügen. Als Ersatz wird in der Begründung des Entwurfes das gemeinsame europäische Versandhandelslogo vorgeschlagen.
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Eine Überwachung der EU-Versender findet offenbar nur unzureichend statt.

Ausländische Arzneimittelversender, wie DocMorris oder Shop Apotheke Europe aus den Niederlanden, profitieren seit vielen Jahren davon, dass es in der deutschen Politik keine Einigkeit darüber gibt, wie genau mit ihnen verfahren werden soll. Eigentlich müssten durch die sogenannte Länderliste des Bundesgesundheitsministeriums und mit dem Rahmenvertrag zwischen Krankenkassen und dem Deutschen Apothekerverband (DAV) klargestellt sein, wer deutsche Patienten unter welchen Voraussetzungen mit Arzneimitteln beliefern darf. So gibt die Länderliste vor, dass Arzneimittel aus den Niederlanden nur von Versandapotheken mit gleichzeitiger Präsenzapotheke verschickt werden dürfen. Doch eine Überwachung und Sanktionierung bei Verstößen wurde bisher öffentlich nie bekannt und fand daher offenbar nie statt. Von Anfang an stand die ministerielle Bekannt­machung in der Kritik. Unbekannt ist nämlich, nach welchen Kriterien die Staaten ausgewählt werden und ob eine regelmäßige Überprüfung der Anforderungen stattfindet.

Jens Spahn will dieses Problem nun lösen. Als für die Länderliste zuständiger Bundesminister hat er jedoch nicht vor, die Bekanntmachung zu aktualisieren und damit wiederzubeleben, sondern den entsprechenden Passus (§ 73 Absatz 1 Satz 3) aus dem Arzneimittelgesetz (AMG) zu streichen. Damit würde die Rechtsgrundlage für die Länderliste de facto aufgehoben. In der Begründung heißt es dazu, das gemeinsame europäische Versandhandelslogo mache die Länderliste obsolet.

Diese Sichtweise erstaunt, denn das Logo bescheinigt lediglich die Einhaltung der Regeln im Absenderland. Gemäß § 73 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1a AMG muss der Versender jedoch nach dem jeweiligen nationalen Recht, „soweit es dem deutschen Apothekenrecht im Hinblick auf die Vorschriften zum Versandhandel entspricht, oder nach dem deutschen Apothekengesetz befugt“ sein. Ob dies erfüllt ist, sollte bisher eigentlich durch die Länderliste geklärt werden.

ABDA will der Streichung zustimmen

Bemerkenswert erscheint, dass die Beschlussvorlage für die außerordent­liche ABDA-Mitgliederversammlung vorsieht, der Abschaffung der Länderliste für den Versandhandel zuzu­stimmen. In diesem Zusammenhang schlägt die Beschlussvorlage vor, ausdrücklich diejenigen deutschen Rechtsvorschriften festzulegen, die auch für ausländische Versandapotheken gelten. Offenbar setzt die ABDA keine Erwartungen mehr in die Länderliste. Damit würde der Versand nach Deutschland für Versender aus weiteren Ländern geöffnet und es könnten neue Schwierigkeiten durch neue Akteure mit möglicherweise neuen Geschäftsmodellen entstehen. Künftig wäre die Klärung, ob bestimmte Versender ohne weitere Prüfung Arzneimittel nach Deutschland versenden dürfen, wohl Sache der Gerichte und würde einen langen Instanzenweg nach sich ziehen. Internationale Internetkonzerne mit zusätz­lichem Sitz in der EU würden damit einen einfacheren Marktzutritt in Deutschland erhalten. Doch auch bisher galt die Thematik als äußerst problematisch und wurde rechtlich immer wieder anders ausgelegt und verfolgt: So haben die Niederländer seit 2017 eine Grenz­apotheken-Regelung. Sie erwarten demnach eine Bescheinigung desjenigen EU-Mitgliedstaates, in das die Arzneimittel versendet werden. DAZ-Recherchen aus dem vergangenen Jahr ergaben, dass diese Regelung aber praktisch keine Relevanz hat. Keine Behörde – weder dies- noch jenseits der deutsch-niederländischen Grenze – fühlt sich für die Überwachung zuständig (DAZ 2018, Nr. 33, S. 17). |

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