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Interpharm 2019 – Männerkrankheiten
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Symptome des Post-Finasterid-Syndroms bestehen auch lange nach Behandlungsende
Reduzierte Libido, Erektionsstörungen, Niedergeschlagenheit, Schlafstörungen, ungerichtete Angstanfälle, Konzentrationsstörungen, Gynäkomastie – zahlreiche, überwiegend unspezifische psychische und körperliche Symptome kennzeichnen das Post-Finasterid-Syndrom. Unspezifisch ist auch der Zeitpunkt des Auftretens – die Beschwerden können nach nur einmaliger oder nach jahrelanger Einnahme auftreten und auch nach Absetzen des 5-alpha-Reduktasehemmers anhalten. Dass Finasterid auch in der niedrigen, zur Behandlung von androgenetischer Alopezie verwendeten Dosierung endokrine Nebenwirkungen wie verminderte Libido, Erektions- und Ejakulationsstörungen hervorruft, wurde erstmals 2011 auf Veranlassung der FDA in der Gebrauchsinformation von Propecia® festgehalten. 2012 folgten weitere Warnhinweise, dass die Störungen auch nach Absetzen des Medikaments auftreten können. In den letzten Jahren mehrten sich die Meldungen auch über psychische Nebenwirkungen, und 2018 wurde in einem Rote-Hand-Brief auf mögliche Stimmungsänderungen (einschließlich depressiver Verstimmung, Depression und Suizidgedanken) hingewiesen. Auf Anweisung der EMA wird in der Gebrauchsinformation inzwischen auch Angst als Nebenwirkung mit unbekannter Häufigkeit genannt.
Die pathophysiologischen Ursachen des Post-Finasterid-Syndroms sind noch unklar. Testosteron wird durch 5-alpha-Reduktase in das wesentlich potentere 5-alpha-Dihydrotestosteron (5α-DHT) umgewandelt, das mit rund zehnfach höherer Affinität als Testosteron an den Androgen-Rezeptor bindet. Die 5-alpha-Reduktase kommt in drei Isoformen vor:
- Typ I in Gehirn, Leber, Muskel, Haut und Prostata
- Typ II in Nebenhoden, Leber und Prostata
- Typ III in Gehirn, Herz, Lunge, Pankreas, Kolon, Magen, Hoden und Haarfollikel
Finasterid hemmt die Isoformen I und III. Durch die Hemmung der 5-alpha-Reduktase sinkt der 5α-DHT-Spiegel deutlich; gleichzeitig kommt es zu einem moderaten Anstieg des Estrogenspiegels, weil Testosteron als Substrat für die Umwandlung in Estrogen vermehrt zur Verfügung steht – eine Erklärung für die Gynäkomastie als mögliche Nebenwirkung von Finasterid bzw. Symptom des Post-Finasterid-Syndroms. Die Verringerung des 5α-DHT-Spiegels und die dementsprechend schwächere Aktivierung des Androgen-Rezeptors kann sexuelle Funktionsstörungen wie verminderte Libido und Erektionsstörungen erklären; die klinischen Studien zu 5-alpha-Reduktasehemmern in den Indikationen benigne Prostatahypertrophie und androgenetische Alopezie liefern hierzu allerdings ein unklares Bild. Tatsache ist, dass die sexuelle Funktionsstörung nach Absetzen von Finasterid anhalten kann.
Nicht nur auf dem Kopf, auch darin
Es blieb lange wenig beachtet, dass die 5-alpha-Reduktase auch im Gehirn vorkommt und hier ebenfalls von Finasterid gehemmt wird, das als lipophiles Molekül die Blut-Hirn-Schranke leicht passieren kann. Aus Versuchen mit Ratten ist bekannt, dass die 5-alpha-Reduktase im Gehirn zur Bildung von Neurosteroiden aus Testosteron, Progesteron und Deoxycorticosteron beiträgt. Die Neurosteroide modulieren unter anderem GABAA-Rezeptoren, die Funktion von nicotinischen Acetylcholin-Rezeptoren und die synaptische Plastizität. Eine Hemmung der Neurosteroid-Biosynthese kann Einfluss auf die Stimmung, den Biorhythmus, die Stresskompetenz, den Schlaf, das Gedächtnis, Angst und Angstbewältigungsstrategien sowie auf (psychische) Sexualfunktionen haben. Eine italienische Arbeitsgruppe wies unlängst in der Zerebrospinalflüssigkeit von Männern mit Post-Finasterid-Syndrom verringerte 5α-DHT-Spiegel und ein verändertes Neurosteroid-Profil nach.
Depressivität und die Beeinträchtigung von Gedächtnisfunktionen bei Patienten mit Post-Finasterid-Syndrom sind mithilfe von Fragebögen objektivierbar.
Insgesamt ist die Behandlung von Personen mit Post-Finasterid-Syndrom schwierig und langwierig. Dem Endokrinologen sind hier sogar oft die Hände gebunden, weil sich die Hormonspiegel nach Absetzen von Finasterid relativ rasch normalisieren, während die Symptome bestehen bleiben.
Abschließend stellte Zitzmann mit einem Augenzwinkern in den Raum, ob eine androgenetische Alopezie überhaupt behandlungsbedürftig ist oder ob „mann“ nicht mit Stolz seine Glatze präsentieren darf: Am Kopfhaar scheiden sich die Männer von den Knaben. |
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