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Interpharm 2019 – Männerkrankheiten
Erkannt und zerstört
Mit dem Theragnostik-Konzept gegen Prostata-Karzinome
Auf Prostata-Karzinomzellen wird das Prostata-spezifische Membranantigen (PSMA) überexprimiert. Heidelberger Forscher entwickelten Tracer zur Detektion der Krebszellen per Positronen-Emissionstomografie (PET) und machten sich dabei zunutze, dass das PSMA eine Glutamatcarboxypeptidase(GCP)-Aktivität aufweist, also die Peptidbindung von endständigem Glutamat spaltet. Die Tracermoleküle enthalten einen Glutamat-haltigen Molekülteil als PSMA-bindendes Motiv in kovalenter Bindung mit dem Komplexbildner HBED-CC für Gallium-68 oder mit einem Fluor-18-haltigen (18F) Molekülteil. Gallium-68 wird mit einem Gallium-68-Generator (68Ge/68Ga-Generator) erzeugt und zerfällt mit einer Halbwertszeit von 67,7 Minuten unter Freisetzung eines Positrons zu stabilem Zink-68. Die Herstellung von 18F-haltigen Verbindungen erfordert einen Teilchenbeschleuniger (Zyklotron) und ist deshalb auf spezialisierte Zentren beschränkt. Im Vergleich mit 68Ga-Tracern ist aber ein höherer Patientendurchsatz (in Heidelberg bis zu 18 Patienten pro Tag) möglich. 18F hat eine Halbwertszeit von 109,7 Minuten und zerfällt unter Abgabe eines Positrons zu Sauerstoff-18.
Mit den PET-Tracern 68Ga-PSMA-11 und 18F-PSMA-1007 ist ein sehr empfindlicher Nachweis des Prostata-spezifischen Membranantigens möglich. Im Vergleich zur herkömmlichen Radiologie (Computertomografie, Kernspintomografie) hat die molekulare Bildgebung zum Beispiel mit PET zwar eine geringere Auflösung, bietet aber einen deutlich höheren Kontrast. Dadurch können auch kleine Metastasen gefunden werden. Nach diesen wird gefahndet, wenn es nach zunächst erfolgreicher Behandlung eines Prostata-Karzinoms wieder zu einem Anstieg des Verlaufsmarkers Prostata-spezifisches Antigen (PSA) kommt. Die PSMA-Bildgebung wird dann auch für die Planung der weiteren Behandlung, zum Beispiel Bestrahlung, herangezogen. In der aktuellen Leitlinie wird die PSMA-Bildgebung im Rahmen der Rezidivdiagnostik des Prostata-Karzinoms empfohlen. Doch auch in der Primärdiagnostik des Prostata-Karzinoms hat sie ihren Stellenwert, wie Professor Giesel betonte, zum Beispiel um gezielte Biopsien zu ermöglichen; hier ist aber noch weitere Forschung erforderlich.
Radioliganden-Therapie: endogene Bestrahlung
Anstelle des Positronenemitters kann der Radioligand auch einen Beta-minus-Strahler wie Lutetium-177 oder einen Alpha-Strahler wie Actinium-225 tragen und wird dadurch zum Therapeutikum, das die Tumorzellen rezeptorgelenkt aus nächster Nähe bestrahlt. Wie die externe Bestrahlung wird diese endogene Bestrahlung fraktioniert durchgeführt, also mehrfach wiederholt. Lutetium-177 hat eine Halbwertszeit von nur 6,7 Tagen. Mithilfe von 177Lu-PSMA-617 erzielte die interdisziplinäre Heidelberger Arbeitsgruppe bei Patienten mit rezidiviertem Prostata-Karzinom beeindruckende Besserungen in der Zahl der Metastasen und dem PSA-Spiegel. Diese Beobachtungen wurden unabhängig davon in einer Phase-II-Studie einer australischen Arbeitsgruppe reproduziert [Hofman et al., Lancet Oncology 2018]. Eine häufige Nebenwirkung der Therapie ist Mundtrockenheit, denn 177Lu-PSMA-617 reichert sich außer an den Krebszellen auch in den Speicheldrüsen an, die ebenfalls reich an Prostata-spezifischem Membranantigen sind.
Die Radioliganden-Therapie mit 177Lu-PSMA-617 darf als experimentelle Therapie bislang nur bei Patienten mit kastrationsresistentem Prostata-Karzinom eingesetzt werden, die die übliche Therapie mit Chemotherapie und (medikamentöser) Kastration bereits erfolglos absolviert haben. Zur Durchführung der Therapie und Nachsorge hat die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin Konsensusempfehlungen herausgegeben. Die Behandlung mit dem noch nicht zugelassenen Arzneimittel muss derzeit selbst bezahlt werden. Weitere klinische Studien mit dem Ziel einer Zulassung der Therapie werden inzwischen von der pharmazeutischen Industrie durchgeführt. |
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