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Interpharm 2019 – ApothekenRechtTag
Update zum Wettbewerbsrecht
Noch kreativ oder schon wettbewerbswidrig? Ein schmaler Grat …
Im Gesundheitswesen sind Kooperationen erwünscht – aber zugleich strikt reguliert. So auch bei Apotheken. Dreh- und Angelpunkt ist hier § 11 Apothekengesetz (ApoG). Diese Norm verbietet Apotheken Rechtsgeschäfte und Absprachen mit Ärzten oder anderen Personen, die sich mit der Behandlung von Krankheiten befassen, wenn diese zum Beispiel die Zuführung von Patienten oder die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand haben. Hintergrund ist, dass sich die Heilberufler nicht von sachfremden Erwägungen leiten lassen sollen. Zudem soll die Freiheit der Patienten gewahrt bleiben, ihre Apotheke selbst zu wählen.
Kooperation zwischen Versicherung und Versandapotheke
Kürzlich entschied allerdings das Oberlandesgericht (OLG) Köln, dass eine Absprache zwischen einer Versandapotheke und einer privaten Krankenversicherung, wonach der Bezug von Fertigspritzen zur Behandlung der feuchten Makuladegeneration auf Anforderung von Augenärzten über die Versandapotheke erfolgen soll, nicht dem Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 ApoG unterfällt (Urteil vom 11.01.2019, Az.: 6 U 131/18). In dem Fall hatte die Krankenversicherung ihre von einer entsprechenden Indikation betroffenen Versicherungsnehmer angeschrieben und über die Kooperation mit der Versandapotheke und die hiermit verbundenen „Vorteile“ informiert. Diesem Schreiben war ein an den Augenarzt adressiertes Schreiben nebst einer „Anforderung patientenbezogener Arzneimitteltherapie“ beigefügt. Doch das OLG befand: Die Krankenversicherung ist keine „andere Person die sich mit der Behandlung von Krankheiten befasst“. Anders hätte die Sache gelegen, wenn es eine Kooperation zwischen Arzt und Apotheke gegeben hätte. Dies wäre, so Köber, eindeutig eine unzulässige Kooperation. Doch im vorliegenden Fall wurde ein Dritter zwischengeschaltet. Schon die Vorinstanz hatte eine zulässige Kooperation angenommen. Das Landgericht Köln hielt die Ausnahmeregelung vom Abspracheverbot für Zytostatika-Zubereitungen (§ 11 Abs. 2 ApoG) für einschlägig. Dabei hat es einen sehr weiten, nach Auffassung von Köber zu weiten Zytostatika-Begriff angewendet: Hierunter fielen danach alle Arzneimittel mit zellwachstums-, insbesondere zellteilungsverhindernder oder -verzögernder Wirkung. Das OLG hat sich für diese gewagte Definition allerdings gar nicht weiter interessiert, es verneinte bereits das Vorliegen einer „Absprache“. Das Verfahren ist nun am Bundesgerichtshof (BGH) anhängig. Köber fürchtet: Wenn dieser ebenso entscheidet wie die Vorinstanzen, ist dies ein Freifahrtschein für Krankenversicherungen, auf ihre Patienten Einfluss zu nehmen.
Unzulässig: Die Apotheke auf dem Weihnachtsmarkt
Was unzulässige Vertriebsformen betrifft, berichtete Köber von einer „Apotheke auf dem Weihnachtsmarkt“. An einem Stand hatte die „Apotheke“ u. a. Olivenöl und Ouzo verkauft – in Kooperation mit einem griechischen Feinkosthändler. Für die Wettbewerbszentrale war klar: Die Apothekenbetriebserlaubnis erstreckt sich nicht auf einen Marktstand und das Angebot war keinesfalls apothekenüblich. Doch der Apotheker wollte keine Unterlassungserklärung abgeben – und die Wettbewerbszentrale erwirkte eine einstweilige Verfügung.
Ein anderer Fall betrifft die Frage, ob pharmazeutische Unternehmen Arzneimittelmuster an Apotheken abgeben dürfen. Diese Frage beschäftigt derzeit den BGH (Az.: I ZR 235/16). Das Arzneimittelgesetz bestimmt in § 47 Abs. 3, dass die Musterabgabe zulässig ist, wenn sie an Ärzte, Zahnärzte oder Tierärzte, andere Personen, die die Heilkunde oder Zahnheilkunde berufsmäßig ausüben (und es sich nicht um verschreibungspflichtige Arzneimittel handelt) oder an Ausbildungsstätten für die Heilberufe erfolgt. Apotheker sind also nicht genannt – aber folgt daraus, dass sie ausgeschlossen sind? Oder ist die Konsequenz, dass es kein Verbot für Gratismuster an sie gibt? Die Meinungen hierzu gehen auseinander. In solchen Fällen blickt man gerne ins Unionsrecht, genau genommen in den Humanarzneimittelkodex. Hier heißt es – allerdings nur in einem Erwägungsgrund –, dass Gratismuster unter bestimmten Voraussetzungen an die zur Verschreibung oder zur Abgabe berechtigten Personen abgegeben werden können. Der BGH hat in der Sache den Europäischen Gerichtshof angerufen. Er soll entscheiden, ob eine nationale Regelung unionsrechtkonform ist, wenn sie die Gratismuster-Abgabe zu Demonstrationszwecken an Apotheker verbietet.
Zum Thema Marketingaktionen verwies Köber unter anderem auf zwei Verfahren, die der BGH Ende März entscheiden wird: Es geht um die Zulässigkeit eines „Brötchenkrusti“- bzw. eines Ein-Euro-Gutscheins für die Rezepteinlösung. Ersteren hatte das OLG Frankfurt für unzulässig befunden, Letzteren das Kammergericht Berlin unter Verweis auf die mangelnde wettbewerbsrechtliche Spürbarkeit für zulässig.
Serviceartikel zu Impfstoffen als zulässige Zugabe
Die Vertreterin der Wettbewerbszentrale berichtete überdies über ein aktuelles Urteil des OLG Köln (Urteil vom 07.12.2018, Az.: 6 U 95/18). Hier ging es um einen Apotheker, der Ärzten bei der Bestellung von mindestens 100 Impfstoffdosen (Wert: mindestens 1553 Euro) Serviceartikel und Applikationshilfen wie Alkoholtupfer und Kanülen im Wert von rund 13 Euro als unentgeltliche Zugabe anbot. Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, das heilmittelrechtliche Zugabeverbot und die strafrechtlichen Normen zur Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen. Das OLG Köln verneinte allerdings ein korruptives Verhalten. Hierfür sei mehr nötig, als dass mit der Zuwendung – wie hier – ein „allgemeines Wohlwollen“ bezweckt werde. Was einen Verstoß gegen § 7 HWG betrifft, so habe die Zuwendung zwar Zugabecharakter und es bestehe grundsätzlich die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung. Allerdings sei sie dennoch zulässig, weil es sich um eine geringwertige Kleinigkeit zur Verwendung in der Arztpraxis handle. Bei einer Werbegabe im Wert von maximal 0,8 Prozent des Warenwerts sei nach der Lebenserfahrung ein relevanter Einfluss auf das Verordnungs- oder Abgabeverhalten der Ärzte ausgeschlossen, so das Gericht. Auch handelsübliches Zubehör wie Kanülen sei vom grundsätzlichen Zugabeverbot ausgenommen. Köber gab zu bedenken: Der BGH hat noch nie eine Zuwendung auf diese Weise in Relation zur Hauptware gesetzt. Köber: „Das OLG Köln wagt sich hier weit vor“. Die Revision hat es nicht zugelassen. |
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