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Arzneimittel und Therapie
Knochen in Gefahr
Hormonale Kontrazeptiva scheinen sich negativ auf die Knochendichte auszuwirken
Die Knochendichte dient als Surrogatparameter für das Frakturrisiko. Während der Adoleszenz nimmt die Knochendichte kontinuierlich zu – beeinflusst vor allem durch Veranlagung, Ernährung und körperliche Aktivität – und erreicht im jungen Erwachsenenalter ihren Höhepunkt, um danach wieder abzunehmen. Auch Sexualhormone regulieren den Knochenstoffwechsel. Im ausgewachsenen Skelett, wenn der Zeitpunkt der maximalen Knochendichte bereits überschritten ist und sich der Knochenstoffwechsel in einem permanenten Abbau befindet, haben Östrogene positive Effekte. Sie unterdrücken den (hier katabolen) Knochenstoffwechsel. Dies erklärt das erhöhte Osteoporose-Risiko postmenopausaler Frauen, bei denen die protektive endogene Östrogen-Produktion wegfällt. Auch in der Adoleszenz hemmen Östrogene den Knochenumbau. Da hier die Stoffwechselsituation in Bezug auf die Knochen jedoch anabol ist, wären durch eine exogene Östrogen-Zufuhr eher negative, aufbauhemmende Effekte zu erwarten.
Daten von Jugendlichen analysiert
Im Rahmen einer Metaanalyse ging eine Arbeitsgruppe der University of British Columbia in Vancouver der Frage nach, inwiefern die Anwendung kombinierter Kontrazeptiva den physiologischen Zuwachs an Knochendichte in der Phase des Heranwachsens beeinflusst. Berücksichtigt wurden neun Studien, deren Teilnehmerinnen zwischen zwölf und 19 Jahre alt und gesund waren. Verglichen wurde die Knochendichte der Mädchen und jungen Frauen, die ein kombiniertes Kontrazeptivum aus einem Östrogen und einem Gestagen anwendeten – sei es als Pille, Pflaster oder Vaginalring –, mit der Knochendichte weiblicher Kontrollpersonen. Ausgewertet wurden die Ergebnisse von Knochendichtemessungen zu Beginn sowie bei 1535 Teilnehmerinnen nach zwölf Monaten und bei 885 Teilnehmerinnen nach 24 Monaten. In den einzelnen Studien war die Knochendichte an verschiedenen Stellen gemessen worden. Während eine quantitative Auswertung der Daten für Hüfte und Oberschenkelhals in der Metaanalyse nicht möglich war, zeigte sich an der Lendenwirbelsäule nach zwölf und nach 24 Monaten ein geringerer Zuwachs an Knochendichte bei den Anwenderinnen kombinierter Kontrazeptiva als bei den Nicht-Anwenderinnen. Der mittlere Unterschied über zwei Jahre war mit −0,02 g/cm2 zwar gering, aber statistisch signifikant (p < 0,0006).
Einfluss auf Frakturrisiko unklar
Ob die beobachteten Effekte auf den Surrogatparameter Knochendichte sich auch klinisch in einer erhöhten Frakturrate niederschlagen würden, lässt sich angesichts des jugendlichen Alters der Teilnehmerinnen nicht sagen. Derartige Auswirkungen wären erst nach Jahrzehnten sichtbar. Um einen Zusammenhang eindeutig belegen zu können, wären großangelegte, kontrollierte Studien mit jahrzehntelanger Nachbeobachtung nötig. Die in die Auswertung eingeflossenen, insgesamt sehr heterogenen Studien waren zwar prospektiv, aber weder kontrolliert noch randomisiert, und der Beobachtungszeitraum betrug maximal zwei Jahre. Dennoch sind die Ergebnisse angesichts der großen Zahl junger Frauen, die kombinierte Kontrazeptiva anwenden, und der schon nach zwei Jahren sichtbaren Effekte besorgniserregend: Viele Mädchen beginnen bereits in der Pubertät mit der Einnahme der „Pille“ – nicht immer zur Empfängnisverhütung, sondern beispielsweise auch gegen Akne, Zyklusanomalien und Menstruationsbeschwerden – und setzen sie nicht selten kontinuierlich fort, bis sie Anfang dreißig sind. Der unphysiologische Eingriff in den Hormonhaushalt erfolgt damit genau in den Jahren, die für den Aufbau der Knochendichte und das spätere Frakturrisiko von entscheidender Bedeutung sind. |
Quelle
Goshtasebi A et al. Adolescent use of combined hormonal contraception and peak bone mineral density accrual: A meta-analysis of international prospective controlled studies. Clin Endocrinol (Oxf) 2019;doi: 10.1111/cen.13932
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