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Management

Dauerdisziplin – nein danke!

Wieso es besser sein kann, die Selbstmotivierung in Grenzen zu halten

Arbeit besitzt ein hohes Glücks­potenzial, solange wir uns nicht dazu zwingen müssen. Denn Arbeitsfreude entsteht nur, wenn wir unsere Aufgaben gerne erledigen. Ein allzu hohes Maß an Selbstdisziplin bei ungeliebten Tätigkeiten verbraucht enorm viel Energie, die dann anderswo fehlt.

Sollte man alles liegen lassen und nur noch seiner Lust frönen? Nein, so ist es auch nicht gemeint! Wir alle haben schon erlebt, dass eine Tätigkeit, die wir erst einmal lange vor uns hergeschoben haben, uns nach etwas Über­windung dennoch sehr zufrieden gemacht hat.

In diesem Beitrag geht es um die unnötige Mühsal, mit zu viel Disziplin und Kraft gegen die eigenen Stärken und Fähigkeiten zu arbeiten, sich ständig zu ungeliebten, wenn auch oft sinnvollen Arbeiten zu überwinden und dabei über seine Grenzen zu gehen. Eine zu starke Ausschöpfung der Willenskraft führt zur Ego-Depletion. Wir schaffen es dann nicht mehr, Versuchungen zu widerstehen. Das kann sich in maßlosem Essen von Süßigkeiten äußern, in Unfreundlichkeit, weil man genervt ist, oder in nachlässiger Arbeit. In der Apotheke sind wir dann zum Beispiel nicht mehr zuvorkommend dem Kunden gegenüber, sondern eher achtlos, behandeln die Kolleginnen* unfreundlich oder arbeiten nicht mehr 100-prozentig genau in der Rezeptur. Unsere Kraft fließt also in die Selbstüberwindung statt unmittelbar in die Arbeit. Da ein Teil von uns immer noch Unlust verspürt und der andere den inneren Widerstand überhört und bricht, verlieren wir auf Dauer den Kontakt zu uns selbst und funktionieren nur noch.

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Wer einen Sinn hinter seiner Arbeit sieht, strahlt das auch aus. Die Arbeit wird mit Freude erledigt und ist nicht von Mühsal und Unlust geprägt.

Ein anderer Aspekt: Ist der Erfolg die Mühe wert? Meist versprechen wir uns irgendetwas von unserem erzwungenen Verhalten, oft genug bleibt die Belohnung aber auf der Strecke. Ein Beispiel: Wir überwinden uns und erledigen jemand anderem zuliebe eine ungeliebte Aufgabe mit viel Mühe, aber dennoch bravourös. Unserem Gegenüber hätte jedoch auch ein Bruchteil davon gereicht. Wenn es eine Vorgesetzte ist, bemängelt sie womöglich, dass wir so viel Zeit dafür gebraucht haben. Oder ein Kunde bemerkt beiläufig: „Das wäre nicht nötig gewesen …, das kann ich aber gar nicht gebrauchen …“ Indem wir uns überwinden, nehmen wir also momentanes Ungemach und Mühe in Kauf in der Hoffnung auf einen späteren Gewinn. Damit leben wir mehr für die vermeintlich goldene Zukunft als für den Moment, in dem wir uns JETZT befinden. Wir verschieben also unsere Freude auf später und leben in der falschen Zeit.

„Je zufriedener ein Mensch in seinem Beruf ist, desto seltener wird er krank.“

Dr. Achim Pothmann

Selbstdiziplin maßvoll einsetzen

Selbstdisziplin brauchen wir immer, wir sollten sie jedoch kritisch und maßvoll einsetzen, um Erschöpfung und Demotivation vorzubeugen. Hier in Deutschland ist es immer noch häufig so, dass Arbeit, die Spaß macht und die wir als schön empfinden, nicht ernst genommen wird. Der Unternehmensberater und Führungsspezialist Dr. Achim Pothmann meint, dass wir als Gesellschaft in Sachen Arbeit offenbar „unglücklich programmiert“ sind.

Die ewig beschworene Work-Life-Balance ist der falsche Ansatz, nicht das Entweder-oder im Er­leben von Zufriedenheit und Lebendigkeit zählt, sondern das ­Sowohl-als-auch. Wenn wir es richtig anpacken, sind Freude an der Arbeit und Spaß während der Arbeitszeit normal anstelle von Mühsal und Unlust.

„Je frustrierter Sie im Job sind, desto frustrierter sind Sie in Ihrem ganzen Leben!“

Dr. Achim Pothmann

Wer entscheidet über unsere Einstellung zu unserer Arbeit, über das, was sinnvoll und sinnlos ist, unsere Erwartung, den heutigen Tag betreffend? Wir haben die Macht, selbst unsere Haltung zu bestimmen, und müssen nicht unbedingt Annahmen und allgemeinen Regeln von außen folgen.

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Killerfaktoren erkennen Lässt man den faulen Apfel liegen, gibt es bald keine guten mehr. Von was lasse ich mich „anstecken“, was bremst meine Arbeitsfreude aus?

Ansätze zum Arbeiten mit Energiegewinn:

  • Einen Sinn in einer Arbeit finden. Sind Sie unwillig, weil Sie eine Tätigkeit für überflüssig halten? Finden Sie den zugegebenermaßen oft verborgenen Sinn, damit die Blockade fällt.
  • Delegieren. Eine Aufgabe liegt Ihnen nicht, sicher aber jemand anders im Team. Fragen Sie die Kollegin – und übernehmen Sie umgekehrt auch von anderen ungeliebte Aufgaben, die Ihnen mehr liegen.
  • Die Unlust hinterfragen.Was genau hindert an der Lust? Was verbinden Sie mit der anstehenden Arbeit? Sie wissen nicht, wo Sie das Thema anpacken sollen, die zündende Idee, die alles erleichtert, fehlt? Der Künstler Michael Avatar hat sich ausführlich mit dem Thema Kreativität beschäftigt und gibt Tipps (s. Literaturliste), wie auch vermeintlich unkre­ative Menschen ihre Fähigkeiten auf diesem Gebiet entwickeln. Sie befürchten, etwas läuft schief, trauen sich nicht, weil Sie vielleicht schlechte Erfahrungen haben?

Anfangen heißt hier, die Schwierigkeit auszuhalten und die Ängste wahrzunehmen, die sie auslöst. Teilen Sie sich die Aufgabe in kleine, lösbare Schritte ein und lassen Sie sich eventuell helfen. Reflektieren Sie, wie sich die Angst löst, wenn Sie aktiv werden und Ihr Ziel erreichen.

  • Teamgespräch suchen. Machen Sie Arbeitsblockaden und Demotivation zum Hauptthema einer Teamsitzung und tauschen Sie sich mit allen darüber aus, wie Sie Energie sparen und sich nicht länger zu ungeliebten Aufgaben überwinden müssen. Das kann Kleinigkeiten be­treffen, aber auch die grundsätzliche Einstellung zu Ihrer Tätigkeit.
  • Bewusst aufschieben. Bei manchen Dingen lohnt sich tatsächlich das Aussitzen. Statt sich zu überwinden, erst einmal das Ganze sein lassen und abwarten: Entweder kann man das Thema ganz fallen lassen oder es vereinfacht sich. Beispiel: Ursprünglich sah es so aus, als ob Qualitätsmanagement in großem Maße durchgeführt, dokumentiert und zertifiziert werden müsste. Heute redet niemand mehr darüber, zudem ist nicht einmal die Zertifizierung verpflichtend vorgeschrieben.
  • Die eigenen Erwartungen an die Realität anpassen. Pothmann: „Nicht erfüllte Erwartungen sind Gift für das Jobglück. An die Realität angeglichene Erwartungen sind Vitamine.“ Beispiel: Das Verlangen nach ständiger Wertschätzung durch die Chefin. Auch sie ist nur ein Mensch, hat ihre Augen nicht ständig überall, ist mal über­fordert mit einer Situation und kann Ihre Erwartungen nicht erfüllen. Schrauben Sie diese daher auf ein normales Maß herunter oder sprechen Sie Ihren Wunsch an, statt vergeblich zu hoffen und darüber die Freude an der Arbeit zu verlieren.
  • Eigener Einfluss. Sich bewusst machen, wie viel Einfluss ich auf mein Empfinden habe (quantitativ).
  • Eigene Einstellung. Die eigene Einstellung (qualitativ) zum Beruf und zur aktuellen Stelle bestimmen, statt automatisch die allgemeine Negativität zum Broterwerb an sich zu übernehmen. Denken Sie an den Anfang zurück: Was an Ihrer Arbeit hat Sie damals begeistert und wo ist das geblieben? Vielleicht ist es zur Gewohnheit verkommen, manches wird zu selbstverständlich, wenn es immer da ist. Es ist aber glücklicherweise tatsächlich so, dass wir in der Apotheke nicht lange einen Sinn in unserer Arbeit suchen müssen. Denn ist es nicht wunderbar, anderen Menschen zu helfen und direkte Erfolge zu erleben?
  • Akzeptieren, dass manche Dinge nicht zu ändern sind. Hadern ist zwecklos und zieht Sie nur in eine schlechte Stimmung. Wenn Sie zum Beispiel eine Kollegin mit Missverhalten nicht ändern können, hinterfragen Sie lieber Ihre Einstellung und Ihr Verhalten ihr gegenüber. Hier liegt ein großer Hebel, um Selbstmotivierung unnötig zu machen und Zufriedenheit zu generieren.
  • Killerfaktor erkennen. Gibt es einen einzigen „Killerfaktor“, der Ihnen alles vermiest und ­Ihnen ein Höchstmaß an dauernder Selbstmotivierung abverlangt? Das ist ähnlich wie bei ­einem faulen Apfel, der alle anderen verdirbt. Erkennen Sie diesen Faktor und bearbeiten Sie ihn, bis es passt. Dazu gehört natürlich auch, die eigenen Erwartungen anzupassen und einzusehen, dass eher selten alle Ihre Wünsche zu 100 Prozent erfüllt werden können.

Schlechte Führung bremst Mitarbeiter

Verschiedene Studien zeigen, dass die Zufriedenheit mit der Berufstätigkeit, also eine gewisse Leichtigkeit, die ein sich Zwingen und Überwinden unnötig macht, von folgenden Parametern abhängt:

  • Anerkennung der eigenen Leistung,
  • Spaß an der Arbeit,
  • Deckung der Tätigkeit mit den eigenen Fähigkeiten und Neigungen,
  • nette Kolleginnen,
  • sicherer Arbeitsplatz.

Erst unter „ferner liefen“ kommen Punkte wie Status, Entfernung vom Wohnort, Gehalt etc.

Eine schlechte Führung bremst dagegen ungemein und führt zu hohem Kraftverlust, weil die Mitarbeiter ständig vorwärtsgetrieben werden, obwohl sie bereits un­motiviert sind. Sabotage am eigenen Betrieb verübt also eine Leitung, die

  • ständig Druck ausübt,
  • Macht missbraucht,
  • Fehlverhalten ohne Verständnis sanktioniert,
  • Angst schürt,
  • Unsicherheit sät und verstärkt.

Wer tut, was er liebt, und liebt, was er tut, hat mehr vom Leben.

Pamela Obermaier

Das Autorenduo aus dem Neurobiologen Marcus Täuber und der Trainerin Pamela Obermaier beschreibt, dass die Leichtigkeit im Leben im Wesentlichen eine Kombination aus der Geisteshaltung und dem Wissen über die richtigen Erfolgsstrategien ist. Neueste Forschungen zeigen, dass allein die Überzeugung, dass Emotionen grundsätzlich gut und kontrol­lierbar sind, den Einfluss des Stammhirns auf die Kontrolle der Gefühle erhöht. Das heißt: Wir sind unseren emotionalen Widerständen weit weniger ausgeliefert, als wir denken, wir brauchen sie nicht mit Gewalt zu überwinden. Beim Thema Selbstdisziplin es ist hilfreich, statt automatisch zu reagieren erst einmal innezuhalten und zu entscheiden: Ist es wirklich nötig, diese ungeliebte Arbeit a) überhaupt und b) jetzt zu absolvieren? |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de

* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

 

Literatur

Dr. Achim Pothmann
Jobglück – Wie Du den Montag lieben lernst.
Humboldt Verlag 2019
ISBN 978-3-869-10114-9

 

 

 

Marcus Täuber, Pamela Obermaier
Das Prinzip der Mühelosigkeit – Warum manchen alles gelingt und andere immer kämpfen müssen.
Goldegg Verlag 2019
ISBN: 978-3-99060-128-0

 

 

 

Michael Atavar
Kreativ Sein – Entfessele Deine Originalität, sei inspiriert.
Edition Olms, 2018
ISBN-13: 978-3-283-01275-5

 

 

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