Gesundheitspolitik

Der Apotheken-Ökonom : Kundenclubs

Lästige Pflicht oder wertvolle Sache?

Prof. Andreas Kaapke

Es gibt Unternehmen, die machen ihre Kunden zu ihren Beratern. Warum wird das getan? Und in welcher Form kann dies geschehen? Zunächst einmal stellt sich die Frage, welches Ziel man mit einem Kundenclub verfolgt. Hat man regelmäßig Kontakt zu seinen Kunden über den eigentlichen Verkauf-Kauf-Vorgang hinaus, lernt man in der Regel dazu. Man erfährt dezidiert, wie die Kunden ticken und was sie bewegt, worüber sie sich ärgern oder worüber sie sich freuen. Die derlei involvierten Kunden sind in der Regel auch besonders loyal und dadurch stärker an das Unternehmen gebunden.

Dies ließe den Schluss zu, dass man mit einem Kundenclub Kundenbindung betreiben kann oder sollte. Ja und nein. Natürlich sind dadurch wertvolle Kunden zu begeistern, wer aber nur diese besonders lukrativen Kunden in den Club aufnimmt, verzerrt den Blick auf seine Apotheke. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass sich im Kundenclub die ganze Heterogenität der Kundschaft widerspiegeln sollte. Dies impliziert, auch Kunden einzubinden, die ggf. nicht alle Medikamente in Ihrer Apo­theke kaufen, sowie jüngere Menschen, deren Bedarf gegenwärtig noch überschaubar bleibt, die aber dennoch eine klare Meinung haben. Und natürlich sollten zwei bis drei besonders wichtige Kunden dabei sein.

Man hört es nicht gerne, aber auch kritische Geister, mithin Dauer­nörgler sind explizit einzubinden. Nur wenn Kritik geäußert wird, kann sich die Apotheke weiterentwickeln. Der Apotheker ist nicht gezwungen, jede Kritik als solche anzuerkennen oder unreflektiert zu übernehmen. An der Reaktion der anderen Vertreter der Runde kann man schnell erkennen, ob sie die Ansichten der besonders kritischen Teilnehmer teilen oder verwerfen. Aus diesen Zeilen kann man entnehmen, dass die kritischen Teilnehmer besonders geeignet zur Anheizung von Diskussionen sind. Die zuvor eventuell etwas ruhigeren Clubmitglieder werden sich dann dem Lager zuwenden, in dem sie sich eher verorten. Allerdings muss darauf geachtet werden, dass die Nörgler nicht den Spaß für die anderen verderben. Denn wenn der Dauernörgler alle anderen verprellt, ist für die Apotheke nichts gewonnen.

Daraus resultiert die Frage nach der Anzahl der Mitglieder. Nicht jeder Kunde kann und will immer, und nicht jeder bringt sich gleich stark ein. Deshalb empfiehlt sich, eine Zahl von 15 bis 20 Kunden vorzuhalten, davon kommen in der Regel 75 Prozent zu einer Zusammenkunft. Als hilfreich hat es sich zudem erwiesen, den Beteiligten frühzeitig zu signalisieren, dass es ein Mandat auf Zeit ist. Oft stellt man nach zwei bis drei Jahren oder ab vier Sitzungen einen ersten Ermüdungseffekt bei einzelnen Mitgliedern fest, was sich in häufigerem Fehlen, weniger Wortbeiträgen oder einer eher generellen Globalzufriedenheit niederschlägt – eine gute Gelegenheit, sich von manchen Mitstreitern zu trennen und andere neu zu integrieren. Die regelmäßige Neumischung der Teilnehmer wirkt für alle befruchtend.

Wie oft man sich trifft, ist den Umständen geschuldet. Stehen aktuell massive Umstrukturierungen an, kann man sicher jedem Mitglied plausibel machen, dass häufigere Treffen angezeigt sind, ansonsten reichen zwei pro Jahr.

Kundenclubs sind Chefsache. Der Chef muss die Teilnehmer akquirieren, indem er sie persönlich anspricht und die Intention des Engagements erklärt. Dies schließt nicht aus, dass er im Team nach Vorschlägen fragt und bei einem besonders engen Mitarbeiter-Kunden-Verhältnis den entsprechenden Mitarbeiter bittet, die Akquisition zu übernehmen. Der Chef muss bei den Treffen anwesend sein und die Sitzung leiten oder aber verdeutlichen, warum sie von wem auch immer geleitet wird. Beide Rollen – die Über­nahme der Leitung durch den Chef oder gerade deren Delegation – sind bedeutsam. Das Outsourcing der Funktion ist dann angezeigt, wenn man eigentlich mitdiskutieren will. Und die Sitzungsleitung zu übernehmen, drängt sich dann auf, wenn man nach innen und außen signalisieren möchte, wer das Zepter in Händen hält.

Größtes Manko ist es, wenn man sich nicht der Kritik aussetzen will. Die Idee, durch die intensive Einbindung von ausgewählten Kunden besser zu werden, kann auch richtig wehtun. Wer diese Bereitschaft nicht mitbringt, sollte die Finger von einem Kundenclub lassen, es besteht die Gefahr, dass mehr Schaden entsteht, als Nutzen generiert wird. |


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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