Arzneimittel und Therapie

Trinkt mehr (probiotische) Milch!?

Probiotika in der Schwangerschaft könnten vor Präeklampsie und Frühgeburt schützen

Einer großen norwegischen Beobachtungsstudie zufolge ist der Verzehr probiotischer Milch in der Schwangerschaft mit einem geringeren Risiko von Präeklampsie und Frühgeburten assoziiert. Der Zeitpunkt der Probiotika-Aufnahme scheint dabei von Bedeutung: Das Präeklampsie-Risiko war bei Frauen geringer, die während der späten Schwangerschaftsphase Probiotika zu sich genommen hatten, das Risiko einer Frühgeburt war hingegen bei Probiotika-Zufuhr in der frühen Schwangerschaft reduziert.

Präeklampsie und Frühgeburten stellen ernst zu nehmende Schwangerschaftskomplikationen dar. Prä­eklampsie ist eine hypertensive Erkrankung, die bei 2% – 8% aller Schwangerschaften auftritt. Von einer Frühgeburt spricht man bei einer Geburt vor der 37. Schwangerschafts­woche. Sie ist die häufigste Ursache für perinatale Mortalität, also der Kindessterblichkeit zwischen der 22. Schwangerschaftswoche und dem siebten Tag nach der Geburt, sowie eine der Hauptursachen für pädiatrische Morbidität und Behinderung.

Beobachtungsstudien liefern Hinweise auf positiven Effekt

Es gibt zunehmend Hinweise darauf, dass die Ernährung der Mutter den Verlauf der Schwangerschaft beeinflussen kann. Zwei frühere Auswertungen der Norwegian Mother and Child Cohort Study (MoBa) zeigten Assoziationen zwischen der Aufnahme von probiotisch angereicherter Milch während der ersten Hälfte der Schwangerschaft und einem reduzierten Risiko für Präeklampsie und spontaner Frühgeburtlichkeit. In der aktuellen populationsbasierten prospektiven Untersuchung wurde anhand der MoBa-Kohorte analysiert, ob sich der Zeitpunkt des Verzehrs von probiotisch angereicherter Milch auf das Risiko von Präeklampsie und Frühgeburt auswirkt. Dazu wurden Fragebögen, die von den schwangeren Frauen vor der Geburt ausgefüllt wurden, ausgewertet und mit Daten des nor­wegischen Geburtenregisters verknüpft. Bewertet wurde der Einfluss des Probiotika-Verzehrs vor der Befruchtung sowie in der Früh- und Spät­schwangerschaft.

Verschiedene Phasen der Schwangerschaft untersucht

Insgesamt wurden 70.149 Schwangerschaften in der Studie berücksichtigt. Vor der Schwangerschaft probiotische Milch getrunken zu haben, berichteten 6502 (23,3%) der Frauen (durchschnittlich 1,56 Tassen/Tag), in der Frühschwangerschaft waren es 11.221 (37,6%) Frauen (1,6 Tassen/Tag) und während der späten Schwangerschaft 12.784 (32,2%) Frauen (1,51 Tassen/Tag). Dabei tranken die Frauen häufig über mehrere Phasen der Schwangerschaft hinweg probiotische Milch. Unter den 37.050 erstgebärenden Frauen in der Präeklampsie-Analyse wurde bei 1851 Teilnehmerinnen eine Präeklampsie diagnostiziert (5,0%), darunter 550 Fälle von schwerer Prä­eklampsie. Bei den 34.458 Frauen, die in die Frühgeburtenanalyse einbezogen wurden, kam es in 2858 Fällen zu einer Entbindung vor der 37. Woche.

Der Zeitpunkt entscheidet

In der späten Schwangerschaft war der Verzehr probiotischer Milch signifikant mit einem niedrigeren Prä­eklampsie-Risiko assoziiert: die adjustierte Odds-Ratio (aOR) betrug 0,80 (95%-KI 0,68 – 0,94; p = 0,007). In der Frühschwangerschaft und vor der Befruchtung wurde hingegen kein Zusammenhang festgestellt. Das Risiko für Frühgeburten war bei Aufnahme von Probiotika während der frühen Schwangerschaft signifikant reduziert (aOR: 0,79; 95%-KI 0,64 – 0,97; p = 0,03). Vor und im späten Verlauf der Schwangerschaft wurden jedoch keine Assoziationen gefunden. Eine Dosis-Wirkungs-Beziehung konnte in der Studie ebenfalls nicht festgestellt werden: Durch den Verzehr von mehr als 2 Tassen probiotischer Milch täglich wurde das Risiko nicht stärker reduziert als bei einer geringeren Probiotika-Zufuhr. Auch wurden keine Unterschiede zwischen den in Norwegen erhältlichen probiotischen Milchsorten gefunden.

Für konkrete Empfehlungen ist es noch zu früh

Wie bei allen Beobachtungsstudien werden auch in dieser Untersuchung lediglich Assoziationen gezeigt. Ob tatsächlich ein Kausalzusammenhang zwischen einer Probiotika-Aufnahme und einem reduzierten Risiko für Präeklampsie und Frühgeburt besteht, bleibt offen. Ebenso die Frage, ob die in Deutschland verfügbaren probiotischen Milchprodukte einen ähnlichen Effekt haben. Ein weiterer Nachteil der Studie ist, dass die Angaben zur Ernährung auf der Selbstauskunft der Teilnehmerinnen beruhten. Falls sich die Ergebnisse tatsächlich in randomisierten kontrollierten Studien bestätigen sollten, könnte die Empfehlung zum Probiotika-Verzehr eine viel­versprechende Maßnahme in der Schwangerschaft sein. |

Quelle

Nordqvist et al. Timing of probiotic milk consumption during pregnancy and effects on the incidence of preeclampsia and preterm delivery: a prospective observational cohort study in Norway. BMJ Open 2018;8:e018021. doi:10.1136/bmjopen-2017-018021

Apothekerin Janine Naß

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