Arzneimittel und Therapie

Wenn unter Statinen die Muskeln schwächeln

Autoimmunmyopathien im Blick behalten

Muskelbeschwerden zählen zu den bekannten Nebenwirkungen der Statine. Dabei reichen die Symptome von leichten Schmerzen bis hin zu schwerwiegenden Komplikationen. Wie eine große populations­basierte Fall-Kontroll-Studie zeigte, kann eine Statin-Therapie auch mit seltenen autoimmunbedingten muskulären Störungen assoziiert sein.
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Bei Muskelschwäche unter Statinen sollte man hellhörig werden.

Statine hemmen das Enzym Hydroxymethylglutaryl-Coenzym-Reduktase A (HMG-CoA- Reduktase) und senken so den Cholesterol-Spiegel und das kardiovaskuläre Risiko. Mehr als 200 Millionen Menschen weltweit erhalten Sta­tine. Die meisten Patienten vertragen die Therapie gut. Bedeutungsvollste Nebenwirkungen sind die Myalgie (geschätzte Prävalenz: 7% bis 29% aller Statin-Anwender) und die seltene aber schwere Rhabdomyolyse (Inzidenz: 0,4 pro 10.000 Personenjahre). In der Regel verschwinden diese unerwünschten Wirkungen und deren Folgen, wenn die Therapie abgesetzt wird. Allerdings weisen zahlreiche Fallberichte der letzten zwei Jahrzehnte darauf hin, dass Statine auch mit der Entwicklung einer autoimmunbedingten Myositis in Zusammenhang stehen könnten.

In einer bevölkerungsbasierten Fall-Kontroll-Studie wurden daher alle histologisch bestätigten Fälle von idiopathisch inflammatorischer Myositis (IIM) der südaustralischen Myositis-Datenbank, die zwischen 1990 und 2014 bei Patienten über 40 Jahren diagnostiziert wurden, ausgewertet. 221 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 62,2 Jahren wurden berücksichtigt, knapp 60% waren weiblich. Den IIM-Fällen wurden 662 bevölkerungsbasierte Kontrollen aus der North West Adelaide Health Study nach Alter und Geschlecht im Verhältnis 1:3 zugeordnet. Zum Zeitpunkt der IIM-Diagnose hatten 68 von 221 Patienten (30,8%) ein Statin erhalten sowie 142 der 662 entsprechenden Kontrollpersonen (21,5%).

Im Vergleich zu den Kontrollen war die Wahrscheinlichkeit einer Statin-Exposition bei Patienten mit IIM nahezu um das Zweifache erhöht (adjustierte Odds-Ratio 1,79; 95%-Konfidenzintervall 1,23 bis 2,60; p = 0,001).

Idiopathisch inflammatorische Myositis

Unter dem Begriff idiopathisch inflammatorische Myositis (IIM) wird eine Gruppe von seltenen, klinisch heterogenen, autoimmunbedingten muskulären Störungen zusammengefasst. Die Inzidenz wird auf 0,1 bis 1,0 pro 100.000 Personen pro Jahr geschätzt. Es handelt sich um schwere Lähmungserscheinungen, die zu dauerhafter Invalidität und zum Tod führen können. Die IIM beginnt häufig als schmerzlose, proximale Schwäche im Extremitätengürtel und verläuft mit Systembeteiligung. In jüngster Zeit wurde die Statin-assoziierte Autoimmunmyopathie als eigenständige Erkrankung anerkannt (Inzidenz: zwei pro eine Million Personen pro Jahr). Sie führt zu einer nekrotisierenden Myositis, die bei Absetzen der Statine nicht verschwindet, sondern eine Behandlung mit Immunsuppressiva erfordert. Bei der Statin-assoziierten Autoimmunmyopathie ist die Anwesenheit spezifischer Autoantikörper gegen HMG-CoA-Reduktase typisch.

Zwar legen diese Ergebnisse eine Assoziation nahe, allerdings kann aus den Beobachtungsdaten nicht sicher auf eine ursächliche Rolle der Statine geschlossen werden. Welchen Einfluss einzelne Statine, die Dosierung und die Dauer der Anwendung auf das Risiko haben, konnte anhand der vorliegenden Daten nicht ermittelt werden. Auch der Zusammenhang mit verschiedenen Formen der IIM und die potenzielle Rolle von HMG-CoA-Reduktase-Antikörpern bleibt unklar. Dies gilt es weiter zu untersuchen.

Die Studienautoren merken jedoch an, dass angesichts des weltweit zunehmenden Einsatzes und des Schweregrads einer IIM eine stärkere Sensibilisierung und Anerkennung dieser potenziell seltenen Nebenwirkung der Statine erforderlich sei. |

Quelle

Caughey GE et al. Association of Statin Exposure With Histologically Confirmed Idiopathic Inflammatory Myositis in an Australian Population. JAMA Intern Med 2018;178(9):1224-1229

Apothekerin Dr. Antje Jelinek

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