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Arzneimittel und Therapie
Knochenbrüche unter Marcumar?
Wie das Osteoporoserisiko unter Antikoagulanzien einzuschätzen ist
Lange Zeit war nicht ausreichend bekannt, dass Vitamin-K-Antagonisten (VKA) einen negativen Einfluss auf den Knochenstoffwechsel haben, obwohl es bereits vor mehreren Jahrzehnten erste tierexperimentelle Untersuchungen zum Stellenwert von Vitamin K für die Knochenbildung gab. Vitamin K spielt nicht nur in der Blutgerinnung, sondern auch im Knochenaufbau eine wichtige Rolle. Studien belegen, dass Vitamin K die Knochendichte bei Osteoporosepatienten verbessert und so das Frakturrisiko senkt. Deshalb ist auch leicht verständlich, dass Gegenspieler von Vitamin K die Entstehung einer Osteoporose begünstigen können und das Frakturrisiko erhöhen. Der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V. hat hierzu Stellung genommen und eine Liste von Medikamenten veröffentlicht, die den Knochen schaden [1]. Es heißt dort, dass eine Langzeittherapie (> 12 Monate) mit einem Vitamin-K-Antagonisten als unabhängiger Risikofaktor für osteoporotische Frakturen einzustufen ist und dass das Risiko für schwere Wirbelkörperdeformierungen bei Patienten unter VKA deutlich erhöht sei. Im Kapitel „Osteoporose-Risiko unter Blutverdünnung“ werden in der Broschüre neben Cumarin-Derivaten auch die Heparine genannt, deren negativer Einfluss auf den Knochenstoffwechsel schon länger bekannt ist. Es werden deshalb immer wieder Möglichkeiten einer Osteoporoseprophylaxe bei Patienten unter Langzeittherapie mit diesen blutverdünnenden Medikamenten diskutiert.
Lesetipp
In DAZ 2018, Nr. 44, S. 28 erfahren Sie, wie die Therapie mit Nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (NOAK) sicherer gemacht und Medikationsfehler vermieden werden können.
NOAK als Alternative
Seit einigen Jahren sind die sogenannten Nicht-Vitamin-K-antagonistischen oralen Antikoagulanzien (NOAK) zur Langzeitantikoagulation bei verschiedenen Indikationen zugelassen, und es stellt sich die Frage nach dem Sicherheitsprofil dieser Medikamente hinsichtlich des Knochenstoffwechsels. Bisher gibt es keinen Hinweis auf vermehrten Knochenabbau aus experimentellen Studien oder auf Osteoporose beim Menschen. Diese Arzneimittel hemmen gezielt das aktive Zentrum einzelner Gerinnungsfaktoren – Apixaban, Edoxaban oder Rivaroxaban den aktivierten Gerinnungsfaktor X, bzw. Dabigatran den aktivierten Gerinnungsfaktor II (Thrombin). Der Wirkmechanismus ist somit völlig verschieden von Phenprocoumon, weshalb im Falle einer Osteoporose unter Marcumar® eine Umstellung auf ein NOAK nahe liegt. Es gibt bereits erste klinische Untersuchungen zu diesem Thema. So untersuchte eine japanische Arbeitsgruppe 21 Patienten mit Vorhofflimmern, die für mindestens zwölf Monate einen Vitamin-K-Antagonisten eingenommen hatten und dann auf Rivaroxaban umgestellt wurden [2]. Es wurden mehrere Laborwerte und Biomarker für den Knochenstoffwechsel vor der Therapieumstellung und sechs Monate nach Einnahme von Rivaroxaban gemessen. Hierbei wurde ein Anstieg der Biomarker für einen Knochenaufbau und eine Abnahme der Marker für einen Knochenabbau festgestellt. Dies kann durchaus als positives Signal verstanden werden, dass NOAK-Präparate – in diesem Fall Rivaroxaban – hinsichtlich des Knochenstoffwechsels im Vergleich zu VKA als die sicherere Alternative angesehen werden können. Weitere experimentelle und klinische Studien müssen diese Ergebnisse aber noch bestätigen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass das Auftreten einer Osteoporose durchaus im Zusammenhang mit der langjährigen Einnahme von Marcumar® gesehen werden kann. Einer Umstellung auf ein NOAK (z. B. Edoxaban) steht in einem solchen Fall meines Erachtens nichts entgegen. |
Quelle
[1] Medikamente, die den Knochen schaden. Informationsbroschüre des Bundesselbsthilfeverbands für Osteoporose e. V. www.osteoporose-deutschland.de
[2] Namba S et al. Effects on bone metabolism markers and arterial stiffness by switching to rivaroxaban from warfarin in patients with atrial fibrillation. Heart Vessels 2017;32(8):977-982
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