Arzneimittel und Therapie

Freispruch für Allopurinol

Mehr Nierenschutz als -schaden bei Gichtpatienten

Bei Gichtpatienten mit einer Nierenfunktionsstörung wird die Allopurinol-Dosis häufig reduziert. Keine weise Entscheidung, wie die Ergebnisse einer neuen Beobachtungsstudie nahelegen.

Gicht ist eine Form der Arthritis, die durch einen hohen Harnsäurespiegel und daraus resultierende Ablagerungen zu schmerzhaften Gelenkentzündungen führt. Der weltweit am häufigsten eingesetzte Harn­säuresenker ist der Xanthinoxidase-Hemmer Allopurinol. Doch eine effiziente Gichttherapie wird für die behandelnden Ärzte dadurch erschwert, dass bei 20% aller Patienten infolge der Gichterkrankung eine chronische Nierenfunktionsstörung diagnostiziert wird – gegenüber 5% bei Nichterkrankten. Eine Reduktion der Allopurinol-Dosis ist meist die Folge, die Therapie somit nicht mehr optimal. Zudem ist die Wahrnehmung verbreitet, Allopurinol hätte einen schädlichen Einfluss auf die Nierenfunktion, eine eindeutige Datenlage dahingehend gibt es jedoch nicht. Um den Zusammenhang zwischen einer Allopurinol-Therapie und dem Risiko für eine Verschlechterung der Nierenfunktion genauer zu untersuchen, wurde mithilfe einer großen britischen Hausarzt-Datenbank (The Health Improvement Network, THIN) eine zeitabhängige, prospektive Kohortenstudie durchgeführt.

Dazu wurden die Daten von 4760 Patienten zwischen 18 und 89 Jahren herangezogen, bei denen eine Gichterkrankung neu diagnostiziert worden war und die daraufhin erstmals eine Therapie mit Allopurinol in einer Dosierung von ≥ 300 mg begannen. Anhand demografischer Daten (u. a. Geschlecht, Alter) und weiterer Parameter (u. a. glomeruläre Filtrationsrate, Medikation, Erkrankungsdauer) wurde jedem Allopurinol-Patienten ein entsprechender Patient ohne Allo­purinol-­Verordnung zugeordnet. Zu Beobachtungsbeginn war die Nierenfunktion der Patienten (nahezu) normal. Verglichen wurde das Auftreten einer chronischen Nierenerkrankung Stadium 3 und höher während eines Zeitraums von knapp fünf Jahren. Definiert war dieser Endpunkt durch eine glomeruläre Filtrationsrate unter 60 ml/min an mindestens zwei Messzeitpunkten im Abstand von mindestens 90 Tagen innerhalb eines Jahres, Hämo-/Peritonealdialyse oder Nierentransplantation.

Bei 623 der Patienten ohne Allopurinol-Einnahme verschlechterte sich die Nierenfunktion, in der Allopurinol-Gruppe waren es hingegen nur 579. Daraus errechneten die Studienautoren eine Hazard Ratio von 0,87 (95%-Konfidenzintervall 0,77 bis 0,97) – das Risiko, eine chronische Nierenerkrankung Stadium 3 oder höher zu entwickeln, war unter Allopurinol folglich um 13% geringer. Dieses Ergebnis entkräftet die frühere Vermutung einer nierenschädigenden Wirkung von Allopurinol. Vielmehr unterstützen die Daten die Gabe einer ausreichend hohen Dosis von ≥ 300 mg im Sinne einer effektiven Gichttherapie. Infolgedessen verweisen die Studienautoren auf andere potenzielle Gründe für die Verschlechterung der Nierenfunktion wie das Alter der Patienten, Effekte der Hyperurikämie selbst und anderer Begleiterkrankungen oder die regelmäßige Einnahme von nicht­steroidalen Antirheumatika (NSAR) oder anderer Medikation. |

Quelle

Vargas-Santos AB et al. Association of Chronic Kidney Disease with Allopurinol Use in Gout Treatment. JAMA Intern Med 2018;178(11):1526-1533

Apotheker Dr. Simko Sama

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