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Die verschwundene Professur
Klinische Pharmazie in München – nicht besetzt, aber heiß umstritten
Der Klinischen Pharmazie wird im Zusammenspiel mit den anderen Fächern bekanntlich eine herausragende Bedeutung für die Zukunft des Apothekerberufs beigemessen. Doch fast 20 Jahre nach Einführung des Faches werden die Lehrinhalte an den verschiedenen Universitäten noch sehr unterschiedlich abgedeckt. So gehört München zu den Pharmazie-Standorten, an denen es keine eigene Professur gibt. Die Lehre ist auf mehrere andere Abteilungen (Pharmazeutische Chemie, Biologie, Technologie sowie Pharmakologie) aufgeteilt. Hohes ehrenamtliches Engagement von Apothekern aus der öffentlichen Apotheke und der Klinik vermag es aber nicht, die Mängel in der Ausbildung auszugleichen.
Mangelnde Qualifikation sämtlicher Bewerber?
Dabei hat man seitens der Universität mittlerweile guten Willen gezeigt und 2018 einen W3-Lehrstuhl für Klinische Pharmazie geschaffen und ausgeschrieben. Doch besetzt ist dieser bis heute nicht. Delegierte der bayerischen Landesapothekerkammer wollen nun wissen warum. Bei der Kammerversammlung am 20. November soll der Vorstand aufgefordert werden, möglichst umfassende Informationen darüber einzuholen, wie es zur Nichtbesetzung eines genehmigten und im Frühjahr ausgeschriebenen W3-Lehrstuhls für Klinische Pharmazie an der LMU kam. In dem Antrag heißt es, es häuften sich „alarmierende, aber nicht offiziell bestätigte Aussagen aus mehreren LMU-internen Quellen“, denen zufolge eine Besetzung des Lehrstuhls durch die LMU auch nicht mehr geplant sei. Vielmehr habe der Berufungsausschuss auf Antrag des Vorsitzenden, Prof. Dr. Thomas Carell, seines Zeichens organischer Chemiker, beschlossen, den Lehrstuhl dem Department Pharmazie wegzunehmen und dem Department Organische Chemie zuzuschlagen – in München gehören Chemie und Pharmazie zur selben Fakultät.
Die Debatte im Netz
Geben Sie den fünfstelligen Webcode bei DAZ.online in das Suchfeld ein und gelangen Sie direkt zum offenen Brief aus Frankfurt (Y7TM7) und der Reaktion der Antragsteller aus Bayern (M6SK3).
Die Begründung soll „mangelnde Qualifikation sämtlicher Bewerber“ gewesen sein. Gegenstimmen habe es kaum gegeben. „In letzter Konsequenz würde dies bedeuten, dass mehrere Professoren aus dem Department Pharmazie, die im Berufungsausschuss stimmberechtigt sind, den berufspolitischen Zielsetzungen des eigenen Berufsstandes in den Rücken gefallen sind“, so die Antragsteller.
Reaktionen aus Frankfurt
Nach Bekanntwerden des bayerischen Antrags meldeten sich drei Frankfurter Hochschullehrer zu Wort. Dr. Ilse Zündorf, Prof. Dr. Robert Fürst und Prof. Dr. Dieter Steinhilber stellen u. a. die Frage, „ob sich die Delegierten eine entsprechende Einmischung pharmazeutischer Hochschullehrer in ihre Belange erlauben würden?“. Universitäten seien wie die Apothekerkammern autonom, Forschung und Lehre seien frei. „Wenn dann doch die finale Entscheidung getroffen werden muss, dass unter den zunächst ausgewählten niemand als ausreichend qualifiziert betrachtet wird, war das sicherlich ein äußerst schwieriger Prozess, der ja letztlich auch das eigene Scheitern offenbart, was niemand leichtfertig geschehen lässt“, vermuten die Frankfurter Pharmazeuten, ohne das Münchener Verfahren konkret zu kennen. Sie wünschen sich vielmehr eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Universität und Berufsstand - zum Wohle der gesamten Pharmazie.
Öffentliche Debatte erwünscht
Dr. Markus Zieglmeier, der den Antrag in Absprache mit anderen Delegierten an den Vorstand der Apothekerkammer stellt, entgegnet darauf: „Die Klinische Pharmazie ist für den Berufsstand zu wichtig, um tatenlos zuzusehen, wie sie zwischen den Mühlsteinen rivalisierender Lehrstühle zerrieben wird. [...] Selbst wenn die LMU sich dafür entscheidet, jede Auskunft zu verweigern, hat der Antrag seinen Zweck zumindest teilweise erfüllt. Als Berufsstand, der durch die Defizite in der Lehre der Klinischen Pharmazie Tag für Tag geschädigt wird, besteht unsere einzige Waffe angesichts der grundgesetztlich geschützten Autonomie der Universitäten darin, dem (möglichen bzw. eher wahrscheinlichen) Gemauschel hinter verschlossenen Türen ein Maximum an Öffentlichkeit entgegenzusetzen.“ Was auch immer aus dem Antrag wird, ein Ziel haben die Initiatoren bereits jetzt erreicht: Das Thema wird diskutiert. |
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