Arzneimittel und Therapie

Alternative zur Operation?

Antibiotika bewähren sich bei unkomplizierter Appendizitis

Die operative Entfernung des Wurmfortsatzes am Blinddarm (Appendix vermiformis) war seit über einem Jahrhundert die übliche Behandlungsmethode bei einer akuten Appendizitis. Doch vielen Patienten kann auch mit einer Antibiotikatherapie geholfen werden.

Um die Nachhaltigkeit der antibiotischen Therapie zu prüfen, wertete eine finnische Arbeitsgruppe die Nachbeobachtungsphase der randomisierten klinischen Appendicitis Acuta (APPAC)-Studie aus. Die ursprüngliche Studie wurde von November 2009 bis Juni 2012 an mehreren Studienzentren in Finnland durchgeführt. Dabei wurde die Nichtunterlegenheit einer Antibiotikatherapie bei unkomplizierter akuter Appendizitis im Vergleich zur traditionellen offenen Appendektomie gezeigt. Im Anschluss wurden die Patienten fünf Jahre lang weiter beobachtet.

Langfristige Auswirkungen

In der nun publizierten Langzeitanalyse wurde untersucht, wie häufig eine erneute Blinddarmentzündung nach einer antibiotischen Therapie auftritt. Zudem wurden die Studiengruppen hinsichtlich Komplikationen, Länge des Krankenhausaufenthalts und Krankheits­tage (im Zusammenhang mit einer Appendizitis) verglichen.

Von 257 Patienten, die in der APPAC-Studie mit Antibiotika behandelt worden waren (Ertapenem-Natrium, 1 g/Tag i. v. für drei Tage, gefolgt von Levofloxacin 500 mg einmal täglich plus Metronidazol 500 mg dreimal täglich für sieben Tage), hatten sich 70 Patienten innerhalb des ersten Jahres einer Appendektomie unterzogen. Dabei wurden 15 Patienten bereits während ihres Krankenhausaufenthaltes im Rahmen der APPAC-Studie operiert. Dreißig weitere, ursprünglich mit Antibiotika behandelte Patienten folgten innerhalb der nächsten vier Jahre. Nach fünf Jahren betrug die kumulative Rückfallquote 39,1%. Das bedeutet, dass durch eine Antibiotikatherapie etwa sechs von zehn Patienten eine Operation erspart blieb.

Individuelles Vorgehen

Ob eine Operation notwendig ist oder nicht, muss im Einzelfall sorgfältig abgewogen werden. Ein wichtiges Entscheidungskriterium ist dabei die Ultraschalluntersuchung. Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in DAZ 2018, Nr. 26, S. 42ff.

Mehr Komplikationen nach OP

Die über fünf Jahre betrachtete gesamte Komplikationsrate (einschließlich Infektionen an der Eingriffsstelle, Narbenbrüche, Bauchschmerzen und obstruktiven Symptomen) lag in der Antibiotikagruppe bei 6,5%. Demgegenüber stand eine signifikant höhere Komplikationsrate von 24,4% in der Appendektomiegruppe. Kein Unterschied zwischen beiden Gruppen der APPAC-Studie wurde hinsichtlich der Länge des Krankenhausaufenthaltes gefunden. Die Anzahl der Krankentage war jedoch bei den operierten Patienten wesentlich höher – im Schnitt elf Tage. |

Quelle

Salminen P et al. Five-year follow-up of antibiotic therapy for uncomplicated acute appendicitis in the APPAC randomized clinical trial. JAMA 2018;320 (12):1259-1265

Apothekerin Dr. Daniela Leopoldt

Das könnte Sie auch interessieren

Antibiotika bei Blinddarmentzündung

Muss der Blinddarm wirklich raus?

Die Therapie der Blinddarmentzündung ist im Fluss

Antibiotika oder Skalpell?

Unentschieden bei unkomplizierter Appendizitis

Antibiotika oder Operation?

Zwei- versus fünftägige Therapie ist nicht unterlegen

Kürzere Antibiose nach Blinddarmentfernung

Eine unkomplizierte Blinddarmentzündung muss nicht zwingend ein Fall für den Chirurgen sein

Antibiotika oder Operation?

Option für unkomplizierte Fälle?

Antibiotika statt Blinddarm-OP

Interview mit Prof. Dr. Dr. Peter Schmittenbecher

Nicht vorschnell den Goldstandard verlassen

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.