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Bayer ändert Fach- und Gebrauchsinformation für Iberogast
Bei Leberschädigungen sowie in der Schwangerschaft und Stillzeit ist das Magenmittel tabu
Schon 2005 war das Stufenplanverfahren eingeleitet worden, das das BfArM im April 2018 mit folgendem Ergebnis abgeschlossen hat: Die Zulassungen schöllkrauthaltiger Arzneimittel, bei denen nach der Dosierungsanleitung in der Fach- oder Gebrauchsinformation mehr als 2,5 mg Gesamtalkaloide, berechnet als Chelidonin, pro Tag verabreicht werden können, wurden widerrufen. Für Präparate mit einer Tagesdosierung von 2,5 µg bis höchstens 2,5 mg Gesamtalkaloide wurden Änderungen der Produktinformationen angeordnet. So sollte in der Gebrauchsinformation unter anderem ergänzend darauf hingewiesen werden, dass diese Arzneimittel nicht anzuwenden sind bei bestehenden Lebererkrankungen oder einer entsprechenden Vorgeschichte, ebenso wenig, wenn gleichzeitig Arzneimittel mit leberschädigenden Eigenschaften eingenommen werden. Auch der Hinweis, dass Schwangere und Stillende das Arzneimittel nicht einnehmen dürfen, war vorgesehen.
Der damalige Iberogast-Hersteller Steigerwald ging gegen den Bescheid vor, so dass dieser nicht wirksam wurde. Dann geschah jahrelang nichts. Anfang des Jahres kochte das Thema allerdings wieder hoch, nachdem die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic verpflichtend vorgeschrieben hat, die Arzneimittelinformation für Iberogast® mit Blick auf die möglichen Leberschädigungen anzupassen. Das wiederum motivierte die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche, der Causa Iberogast® nachzugehen und sie auch im Bundestag zu hinterfragen. Der Konzern Bayer, der Steigerwald 2013 übernommen hatte, verteidigte sein Produkt auch Anfang des Jahres noch: Das Nutzen-Risiko-Verhältnis sei ganz klar positiv, hieß es im März aus dem Unternehmen.
BfArM: Bayer sichert Änderung verbindlich zu
Doch zwischenzeitlich begann das BfArM offenbar zu drängen. Mit Erfolg, wie die Behörde am 12. September mitteilte. Bayer habe „nunmehr verbindlich zugesichert, die vom BfArM angeordneten Änderungen der Produktinformationen für Iberogast innerhalb von vier Wochen vollständig umzusetzen“. Hintergrund seien neue dem BfArM bekannt gewordene Nebenwirkungsmeldungen von Leberschädigungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Iberogast. Diese entsprächen in den meisten Fällen dem in den Bescheiden des BfArM dargestellten Spektrum. Unter ihnen befinde sich auch ein im Juli 2018 bekannt gewordener zweiter Fall eines Leberversagens mit Lebertransplantation, der letztlich tödlich endete. Angesichts der Zusage von Bayer erübrigte sich für das BfArM die Anordnung des Sofortvollzugs, „der andernfalls im Lichte der jetzt vorliegenden Informationen geboten gewesen und erlassen worden wäre“.
Schulz-Asche: Verheerende Einstellung zum Patientenwohl
„Dass erst ein Todesfall zum Einlenken bei dem Pharma-Riesen führt, wirft ein verheerendes Bild auf dessen Einstellung zum Patientenwohl“, erklärte Schulz-Asche zu Bayers Umschwung. Dieser Aussage trat der Konzern jedoch entschieden entgegen: Der gemeldete Todesfall sei derzeit für das Unternehmen noch nicht abschließend bewertbar. Nach aktuellem Kenntnisstand von Bayer seien bei der Patientin Vorerkrankungen bekannt gewesen, die für den Krankheitsverlauf relevant sein könnten. Ein Bayer-Sprecher betonte zudem, dass „die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher (...) für Bayer stets die höchste Priorität“ habe. „Wir bevorzugen eine faktisch basierte Diskussion, die im Sinne und zum Nutzen aller ist.“ Im Übrigen betonte Bayer erneut: „Wir stehen unverändert zu dem positiven Nutzen-Risiko-Verhältnis von Iberogast® in den zugelassenen Indikationen.“ |
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