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Arzneimittel und Therapie
Chemotherapie bei Brustkrebs – ja oder nein?
Bestimmung der Gen-Signatur kann die Entscheidung erleichtern
Nicht alle Frauen, die an einem Mammakarzinom erkrankt sind, profitieren von einer Chemotherapie. So reicht bei Patientinnen mit einem positiven Hormonrezeptor-Status, negativem HER2-Status und einem geringen Rezidivrisiko nach der Operation und Bestrahlung häufig eine endokrine Therapie aus. Zur Risikoeinschätzung dienen individuelle Risikofaktoren, die Tumorbiologie und Genexpressions-Analysen. Die Aussagekraft einiger dieser Multigen-Assays (= Genexpressions-Assays) bei Vorliegen eines geringen oder hohen Rezidivrisikos wurde in mehreren Studien bestätigt. Die Mehrzahl der Patientinnen hat allerdings ein mittleres Rezidivrisiko.
Mittleres Rezidivrisiko bestimmt
In der TAILORx-Studie wurde nun die prognostische Aussagekraft bei Vorliegen eines mittleren Risikos untersucht. Zur Risikoabschätzung wurde der Test Oncotype DX® verwendet, der die Aktivität von 21 Genen im Primärtumor bestimmt. Die eingeschlossenen Patientinnen mit Hormonrezeptor-positiver, HER2-negativer Erkrankung ohne Lymphknotenbefall wiesen ein mittleres Risiko mit einem Score zwischen 11 und 25 auf. Der Recurrence-Score zur Risikoeinstufung reicht von 0 bis 100, bei einem Wert über 26 wird eine Chemotherapie als sinnvoll erachtet.
Im Rahmen der 2006 unter anderem von dem National Cancer Institute initiierten prospektiven TAILORx-Studie wurden 9719 Patientinnen über einen Zeitraum von neun Jahren beobachtet. 69% von ihnen wiesen ein mittleres Rezidivrisiko auf. Diese waren zwei Gruppen zugeteilt worden und erhielten entweder eine alleinige adjuvante endokrine Therapie oder eine kombinierte Chemo- und endokrine Therapie. Man ging von der Hypothese aus, dass im Hinblick auf das krankheitsfreie Überleben eine endokrine Therapie einer Chemo- und endokrinen Therapie nicht unterlegen sei. Diese Annahme konnte bestätigt werden: Nach neun Jahren waren 83,3% der Frauen, die nur eine Hormontherapie erhalten hatten, ohne erneutes invasives Tumorwachstum. In der Gruppe, die zusätzlich zur Hormon- eine Chemotherapie erhalten hatte, waren es 84,3% (Hazard Ratio 1,08; 95%-Konfidenzintervall 0,94 – 1,24; p = 0,26). Auch bei sekundären Endpunkten wie Fernmetastasen oder Lokalrezidiven zeigten sich keine Unterschiede. Das Gesamtüberleben war mit 93,9% beziehungsweise 93,8% nahezu identisch.
Was sagen die AGO-Leitlinien?
Wenn die klassischen Faktoren Tumorgröße, Nodalstatus, Grading zur Entscheidung für oder gegen eine Chemotherapie nicht ausreichen, kann ein Multigen-Assay herangezogen werden (Level of Evidence/Empfehlungsgrad I+). Derzeit werden von der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) folgende Tests empfohlen:
- Mammaprint®, 70-Gen-Signatur; prospektiv validiert
- Oncotype DX®, 21-Gen-Recurence-Score; prospektiv validiert
- Endopredict®, 8-Gen-Signatur
- Prosigna®, 50-Gen-Signatur
Endokrine Therapie meist ausreichend
Aufgrund dieser Ergebnisse kamen die Studienautoren zu dem Schluss, dass bei Vorliegen einer Hormonrezeptor-positiven, HER2-negativen Brustkrebserkrankung ohne Lymphknotenbefall und eines mittleren Rezidivrisikos auf eine Chemotherapie verzichtet werden kann und eine endokrine Behandlung ausreicht. Eine Ausnahme bilden jüngere Frauen (unter 50 Jahren): Sie entwickelten in der TAILORx-Studie unter einem Chemotherapie-haltigen Regime etwas seltener Fernmetastasen. |
Quelle
Sparano JA et al. TAILORx: Phase III trial of chemoendocrine therapy versus endocrine therapy alone in hormone receptor-positive, HER2-negative, node-negative breast cancer and an intermediate prognosis 21-gene recurrence score. J Clin Oncol 2018;36(suppl; abstr LBA1)
Sparano JA et al. Adjuvant chemotherapy guided by a 21-gene expression assay in breast cancer. N Engl J Med 2018;379(2):111-121
Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) e.V. Diagnostik und Therapie von Patientinnen mit primärem und metastasiertem Brustkrebs. 2018 vs1. www.ago-online.de; Abruf am 16. Juni 2018
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