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So machen es die anderen Länder
Wie ist die Fortbildung der Apotheker in Europa geregelt?
Während die regelmäßige Fortbildung für alle Heilberufe heutzutage in den meisten Ländern der Welt eine Selbstverständlichkeit ist, steckt die Umsetzung des von der International Pharmaceutical Federation (FIP) propagierten, anspruchsvollen Konzeptes des Continuing Professional Development, (CPD) vielerorts noch in den Kinderschuhen. Auf EU-Ebene wurde die Rolle des CPD in verschiedenen Rechtsinstrumenten berücksichtigt, unter anderem mit der Änderungsrichtlinie zur Richtlinie über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (2005/36/EG) aus dem Jahr 2013. Hiernach sollen die Mitgliedstaaten durch die Stärkung einer steten beruflichen Fortbildung dafür sorgen, dass Berufsangehörige ihre Kenntnisse aktualisieren können, um eine sichere und effektive Praxis zu wahren. CPD ist also nicht „nice to have“, sondern eine Forderung, die sich aus europäischem Recht ergibt.
Eine einjährige Studie im Auftrag der Europäischen Kommission, die im Oktober 2013 gestartet wurde, vermittelt einen anschaulichen Überblick darüber, wie es die Länder mit dem lebenslangen Lernen (LLL) beziehungsweise der kontinuierlichen Kompetenzerweiterung (CPD) halten. Erfasst wurden fünf Berufsgruppen (Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Krankenschwestern und Hebammen) in sämtlichen 31 Ländern der Europäischen Union (EU), des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) bzw. der Europäischen Freihandelszone (EFTA). Die Studie beschreibt die politischen Hintergründe des Themas, bewertet die verfügbare Literatur und schildert die Ergebnisse einer europaweiten Umfrage, die im Januar und Februar 2014 durchgeführt wurde, und eines Experten-Workshops im Juni 2014. Im folgenden Artikel soll nur auf den Status quo für die Apotheker eingegangen werden.
Was heißt „obligatorisch“?
Nach der Erhebung gibt es beim CPD erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Ländern und Gesundheitsberufen. Charakteristisch sind vielfach geteilte Zuständigkeiten, wobei Berufsverbände und Gesundheitsministerien eine führende Rolle spielen. Um die Ergebnisse und Zuordnungen der Länder zu den beiden Arten von Systemen richtig einordnen zu können und Missverständnisse und Fehlinterpretationen zu vermeiden, ist es unerlässlich, die in der Studie für „obligatorische“ und „freiwillige“ Systeme gewählten Definitionen wiederzugeben.
- „Obligatorisch“ bedeutet demnach, dass das CPD für alle in einem Land praktizierenden Fachkräfte vorgeschrieben ist.
- „Freiwillig“ ist das Fehlen verbindlicher Anforderungen und schließt auch Fälle ein, in denen das CPD de facto für einen Teil des Berufs obligatorisch ist (Mitglieder eines Berufsverbandes, Fachkräfte, die innerhalb des gesetzlichen Gesundheitssystems tätig sind oder andere arbeitgeberseitige Anforderungen), und zwar unabhängig davon, ob es Berufsrichtlinien für den betreffenden Beruf gibt.
Ein freiwilliges CPD-System kann neben einem obligatorischen CPD-System bestehen. Zusätzlich wird an dieser Stelle festgehalten, dass die Studie keinen Unterschied zwischen den Begriffen „Fortbildung“ (continuing education, CE) und CPD macht (siehe hierzu nebenstehenden Kasten). In vielen Ländern ist die Trennlinie dazwischen ohnehin unscharf. Wie die derzeitige Praxis in Deutschland diesbezüglich zu bewerten ist, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben.
Wichtige Begriffe rund um die Fortbildung
Continuing Professional Development (CPD) = Kontinuierliche berufliche Kompetenzerweiterung
Die Verantwortlichkeit des einzelnen Apothekers, Fachwissen, Können und die angemessene Einstellung systematisch beizubehalten, zu entwickeln und zu erweitern, um auf diese Weise fortwährende fachliche Kompetenz während seines gesamten Berufslebens zu gewährleisten (FIP 2002)
Continuing Education (CE) = Fortbildung
Wichtiger Bestandteil eines strukturierten CPD-Programms
Weiterbildung
Berufsbegleitende und praxisbezogene Spezialisierung in einem pharmazeutischen Gebiet oder Bereich nach Erhalt der Approbation als Apotheker, Abschluss in einem Spezialgebiet berechtigt zum Führen einer Fachapothekerbezeichnung
Obligatorisches System in zwanzig Ländern
Die Studie zeigt, dass die CPD-Systeme in den Ländern sehr komplex und divergent sind (Tab. 1). Für Deutschland wird bei der Zuordnung Bezug genommen auf die Fortbildungspflicht, die in den Kammer- bzw. den Heilberufsgesetzen der Länder niedergelegt ist (obligatorisch) sowie auf die Fortbildungsrichtlinien der Apothekerkammern der Länder inklusive des Fortbildungszertifikats (freiwillig).
Status |
Länder |
---|---|
Obligatorisch* |
Bulgarien, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Tschechien, Ungarn |
Freiwillig |
Belgien, Estland, Griechenland, Island, Luxemburg, Malta, Norwegen, Schweden, Spanien, Zypern |
Obligatorisch* und freiwillig |
Deutschland, Österreich, Schweiz, Slowenien |
Keine Regeln vorhanden |
Dänemark |
* basierend auf Gesetzen, Verordnungen, Erlassen oder Regeln von Standesorganisationen |
Nach der Definition der Studie ist das Modell obligatorischer CPD-Anforderungen das weitaus häufigere System. Die Überwachung der Compliance und die Durchsetzung variiert, auch im Hinblick auf die Beteiligten, wobei die Standesorganisationen mit Regelungskompetenz eine wichtige Rolle spielen (Tab 2).
Obligatorisch |
Freiwillig |
Überwachung der Compliance |
Umsetzung von Maßnahmen bei Non-compliance |
Verknüpfung mit Genehmigung zur Berufsausübung |
|
---|---|---|---|---|---|
Belgien |
nein |
ja |
MOH, SO |
SO |
nein |
Deutschland |
ja |
ja |
SO |
SO |
N/A |
Finnland |
ja |
nein |
keine |
keine |
N/A |
Frankreich |
ja |
nein |
SO |
SO |
N/A |
Großbritannien |
ja |
nein |
SO |
SO |
N/A |
Italien |
ja |
nein |
SO |
SO |
N/A |
Kroatien |
ja |
nein |
SO |
N/A |
ja |
Lettland |
ja |
nein |
SO |
SO und MOH |
ja |
Niederlande |
ja |
nein |
SO |
SO |
ja |
Norwegen |
nein |
ja |
SO |
keine |
N/A |
Österreich |
ja |
ja |
SO |
SO |
N/A |
Polen |
ja |
nein |
SO |
keine |
ja |
Portugal |
ja |
nein |
SO |
SO |
ja |
Schweden |
nein |
ja |
keine |
keine |
N/A |
Schweiz |
ja |
ja |
SO und KB |
SO und KB |
N/A |
Spanien |
nein |
ja |
SO |
keine |
N/A |
Ungarn |
ja |
nein |
MOH |
MOH |
ja |
SO: Standesorganisation mit Regelungskompetenz, KB: Kantonale Gesundheitsbehörde, MOH: Gesundheitsministerium, N/A: nicht anwendbar, d.h. entweder keine Information oder nicht anwendbar auf die jeweilige Situation |
Folgen bei Non-Compliance
Die Folgen der Nichteinhaltung variieren ebenfalls deutlich. Sie reichen vom Verlust der Approbation über die vorübergehende Suspendierung und verschiedene Strafen bis zu keinen automatischen Konsequenzen. In Lettland besteht die Möglichkeit, dass ein Apotheker eine Zeitlang nur unter der Aufsicht eines lizenzierten Apothekers arbeiten darf, wenn er der Verpflichtung nicht nachkommt. In Litauen kann die Lizenz zur Berufsausübung entzogen werden, und um sie zu erneuern, muss sich ein Betroffener einer Revalidierungs- Kommission stellen. In Italien können Apotheker Disziplinarstrafen bekommen.
Bei den Ländern mit einem freiwilligen CPD-System reichen die Maßnahmen zur Umsetzung von einer Überwachung durch die Standesorganisationen mit Regelungskompetenz bis hin zu keinen formellen Überwachungsstrukturen.
Revalidierung der Genehmigung zur Berufsausübung
In Irland, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Polen, Portugal, Rumänien, der Slowakei und Ungarn ist die Verlängerung der Lizenz für die Berufsausübung an die Überprüfung der Fortbildungspflicht geknüpft. Hier können aber auch noch andere Faktoren zum Tragen kommen, wie etwa die persönliche Beobachtung in der täglichen Praxis, zum Beispiel durch andere Kollegen. In Kroatien, wo die Apothekerlizenzen alle sechs Jahre erneuert werden müssen, wendet die Apothekerkammer hierfür ein Kreditsystem an. Auch in Portugal müssen für den im Jahr 2004 eingeführten Revalidierungsprozess regelmäßig Fortbildungspunkte gesammelt werden.
Denken die Länder um?
In Bezug auf eine etwaige Änderung ihrer Systeme gaben im Rahmen der Befragung zwei Länder an, von einem freiwilligen auf ein obligatorisches System übergegangen zu sein. Eines davon war Lettland im Jahr 2013. Belgien und Estland berichteten über Diskussionen, dies ebenfalls zu tun. Großbritannien kündigte an, das CPD etwa im Jahr 2018 in sein System zur Re-Lizensierung der Apotheker einbeziehen zu wollen. Die ABDA erachtete das bestehende deutsche Angebot im Hinblick auf das CPD bei der Befragung Anfang 2014 als ausreichend. Es verbessere sich sukzessive, und auch die Kriterien und Empfehlungen würden fortlaufend angepasst. Nationale Studien über die Auswirkungen des CPD auf die berufliche Praxis seien nicht verfügbar, stellte die ABDA weiter fest.
Unser Nachbarland Österreich hat dem Vernehmen nach aktuell vor, demnächst eine Plichtfortbildung einzuführen. Dabei will man sich an dem verpflichtenden Fortbildungsnachweis der Ärzte orientieren. Pläne hierfür soll es bereits seit 2012 geben. Sie wurden aber damals nicht umgesetzt. Die Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer, Ulrike Mursch-Edlmayr sieht Medienberichten aus Dezember 2017 zufolge keine Probleme, ihr Vorhaben durchzusetzen.
Pflichtfortbildung für deutsche Apotheker?
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Verantwortung auch bei Behörden und Arbeitgebern
Die europäische Studie kommt zu dem Ergebnis, dass aus den Befunden keine Präferenz für ein bestimmtes System abgeleitet werden könne. Verschiedene Systeme dienten verschiedenen Zwecken und müssten im Kontext der jeweiligen nationalen berufsrechtlichen Regelungen und Kulturen betrachtet werden. Es besteht ein breiter Konsens darüber, dass die Kosten für den Zugang zu CPD-Aktivitäten, die in den meisten Fällen von den Fachkräften selbst getragen werden, sowie die Zeit, die in die Aktivitäten investiert werden muss, große Hindernisse darstellen.
Die Studienautoren sprechen am Ende eine Reihe von Empfehlungen aus. So müssten alle Beteiligten, das heißt auch die zuständigen Behörden und Arbeitgeber, die Bedeutung des CPD anerkennen und es den Fachkräften ermöglichen, ihre Kompetenzen so zu erweitern, wie dies ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht. Dabei gehe es um die Zuweisung von Zeit, die Personalplanung und die Gewährleistung, dass die Kosten tragbar sind. Außerdem sollten Kompetenzerweiterungen im interdisziplinären Austausch gefördert werden.
Des Weiteren wird festgestellt, dass die Auswirkungen der CPD auf die Patientensicherheit und die Qualität der Versorgung in der beruflichen Praxis bislang unzureichend erforscht sind. Weitere Forschungsvorhaben über die Zusammenhänge zwischen verschiedenen CPD-Arten und den praktischen Resultaten werden deshalb dringend empfohlen.
CPD wird nur langsam implementiert
Neben der europäischen Studie gibt eine weitere, großangelegte Umfrage der FIP einen Einblick in die weltweite Situation. Sie wurde zwischen Januar und Mai 2014 in 66 Ländern und Regionen durchgeführt. Hiernach kommt das CPD als Ausweitung der reinen Fortbildung nach und nach überall in der Welt an, wobei Großbritannien, Kanada und Neuseeland hierbei eine Vorreiterrolle innehaben. Unter den befragten Ländern und Regionen gab rund die Hälfte an, das FIP-Statement zum CPD umgesetzt oder es zur Grundlage für die Entwicklung ihrer Infrakstrutur zur beruflichen Weiterentwicklung gemacht zu haben. Die schleppende Implementierung führt die FIP auf die mangelnde Vertrautheit mit dem Prozess und seine zeitraubende Umsetzung zurück. In Studien zum CPD und seinen Bestandteilen beurteilten Apotheker die Ergebnisse hinsichtlich der Qualität ihrer Lernergebnisse und der Auswirkungen auf ihre praktische Tätigkeit jedenfalls als positiv. |
Literatur
EAHC/2013/Health/07 Study concerning the review and mapping of continuous professional development and lifelong learning for health professionals in the EU (Contract no. 2013 62 02). ec.europa.eu/health/workforce/key_documents/continuous_professional_development_en
International Pharmaceutical Federation (FIP) Continuing Professional Development/Continuing Education in Pharmacy. Global Report 2014. www.fip.org/files/fip/PharmacyEducation/CPD_CE_report/FIP_2014_Global_Report_CPD_CE_online_version.pdf
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