Arzneimittel und Therapie

Erhöhtes Suizidrisiko unter der Pille?

Vorsicht vor allem zu Beginn der Anwendung

In einer dänischen Kohortenstudie wurde eine positive Assoziation zwischen der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva und einem erhöhten Suizidrisiko beobachtet. Besonders gefährdet sind jüngere Frauen in den ersten Monaten nach Beginn der hormonellen Verhütung.
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Der Einfluss hormoneller Kontrazep­tiva auf die Psyche der Frau wurde bereits in mehreren Studien untersucht. Unter anderem konnte gezeigt werden, dass die Anwendung hormoneller Kontrazeptiva vor allem bei Heranwachsenden zu einem erhöhten Depressionsrisiko führt. Eine dänische Arbeitsgruppe ging nun der Frage nach, ob hormonelle Kontrazeptiva einen Einfluss auf das Suizidrisiko haben. In dieser prospektiven Kohortenstudie wurden die Daten von nahezu einer halben Million dänischer Frauen ausgewertet. Dabei wurden bewusst auch junge Frauen eingeschlossen, da sich während der Adoleszenz hormonelle Einflüsse sowie soziale und kulturelle Faktoren bemerkbar machen, die wiederum die Psyche beeinflussen. Das Durchschnittsalter der Frauen betrug 21 Jahre, der Beobachtungszeitraum lag bei durchschnittlich 8,3 Jahren. In diesem Zeitraum wurden 6999 Suizidversuche und 71 Selbsttötungen registriert. Im Vergleich mit Frauen, die keine hormonellen Kontrazeptiva anwendeten, war das Risiko für einen Suizidversuch knapp verdoppelt (relatives Risiko [RR] 1,97; 95% Konfidenzintervall [KI] 1,85 bis 2,01) und für eine Selbsttötung verdreifacht (RR = 3,08; 95% KI 1,34 bis 7,08). Betrachtet man das Risiko im Hinblick auf die eingesetzten Hormone, so lag das geringste Risiko bei der Anwendung von Kombinationspräparaten (RR = 1,91), stieg bei Progestin-Monopräparaten (RR = 2,29) und Vaginal-Ringen (RR = 2,58) an und war am höchsten bei Frauen, die ein Gestagen-haltiges Pflaster anwendeten (RR = 3,28). Das höchste Risiko wurde für die ersten zwei Monate nach Beginn der hormonellen Kontrazeption ermittelt. Nach einem Jahr war ein abnehmender Trend erkennbar, vermutlich weil Frauen mit Gemütsveränderungen die hormonelle Kontrazeption abgesetzt hatten. Betrachtet man das Alter der Frauen, so scheinen vor allem junge Frauen besonders gefährdet zu sein (s. Tabelle).

Tab.: Altersabhängiges relatives Risiko des ersten Suizidversuchs unter der Anwendung hormoneller Kontrazeptiva
Alter
Personenjahre
Ereignisse
p-Wert
relatives Risiko
95% Konfidenzintervall
15 bis 19
786.497
2196
< 0,0001
2,06 (1,92 bis 2,21)
20 bis 24
910.103
1407
< 0,0001
1,61 (1,39 bis 1,85)
25 bis 33
430.774
295
0,0076
1,64 (1,14 bis 2,36)

Fazit

Frauen sollten über mögliche psychische Auswirkungen hormoneller Kon­trazeptiva informiert sein und beim Auftreten von Depressionen oder Gemütsveränderungen den Arzt aufsuchen. Der verschreibende Arzt sollte den möglichen Einfluss hormoneller Kontrazeptiva auf die Psyche kennen und sich vor der Verschreibung vergewissern, dass keine Depression vorliegt. Besondere Vorsicht ist bei jungen Frauen und während der ersten Einnahmemonate geboten. |

Quelle

Skovlund CW et al. Association of hormonal contraception with suicide attempts and suicides. American Journal of Psychiatry, online 17. November 2017; doi.org/10.1176/appi.ajp.2017.17060616

Skovlund CW et al. Association of hormonal contraception with depression. JAMA Psychiatry, online 28. September 2016, doi:10.1001/jamapsychiatry.2016.2387

Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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