Schwerpunkt Digitalisierung

Digital wirkt am besten?

Endverbraucherstudie über Marketingmaßnahmen in der Apotheke

Bei den Diskussionen über die Digitalisierung wird oft vernachlässigt, dass nicht nur das eigene Unternehmen die direkten Auswirkungen der Digitalisierung ­spüren kann, sondern auch das Ausmaß berück­sichtigen muss, inwiefern sich Lieferanten oder Kunden digi­talisieren lassen oder es bereits sind.

Der Apothekerverband Nordrhein hat dies zum Anlass ­genommen, Prof. Kaapke Projekte zusammen mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW), Stuttgart, zu beauftragen, eine Endverbraucherstudie durchzuführen, die in erster Linie die neuen Marketing- und Kommunikationsaspekte der Digitalisierung berücksichtigt und diese dann in den Kontext zu bewährten Mechanismen in Apotheken stellt.

An der Befragung nahmen gut 900 Erwachsene teil. Dabei haben Studierende der Dualen Hochschule Baden-Württemberg jeweils zehn Personen mündlich befragt und die Ergebnisse in ein Online-Tool eingegeben. Um die Kundenstruktur einer Apotheke möglichst gut abzubilden, gingen bestimmte Altersklassen besonders stark in die Befragung ein.

Dazu zählen die über 60-Jährigen, die mit rund 55 Prozent in der Untersuchung berücksichtigt sind. Zudem wächst der Anteil an Befragten mit steigendem Alter. Demnach sind jüngere Menschen (18 bis 25 Jahre) schwächer vertreten als 25- bis 40-Jährige. Diese wiederum sind schwächer vertreten als 40-bis 60-Jährige usw. In die Befragung wurden darüber hinaus Familien mit mindestens einem Kind im Kleinkindalter explizit aufgenommen.

Die Befragten konnten darüber hinaus die Häufigkeit eines Apothekenbesuchs angeben. Die größte Gruppe (43,5%) sind mindestens einmal im Quartal in einer Apotheke, weniger als 5 Prozent gehen im Schnitt einmal in der Woche. Außerdem hatten knapp 77 Prozent eine Stammapotheke.

Abb. 1 zeigt die Wahrnehmung und Wirkung von Marketingmaßnahmen in Apotheken. 67 Prozent der Befragten haben in den letzten zwölf Monaten eine Print-Anzeige zu bestimmten Produkten und/oder Leistungen einer Apotheke wahrgenommen (erste Balkengruppe). 30 Prozent der Befragten haben aufgrund dieser Anzeige die werbende Apotheke besucht. Bei 58 Prozent dieser Befragten handelte es sich um Stammkunden. Insgesamt empfinden 13 Prozent der Befragten Print-Anzeigen als wünschenswert.

Abb. 1: Wahrnehmung und Wirkung von Marketingmaßnahmen in Apotheken.

Alle abgefragten Marketingmaßnahmen (rote Balken) bezogen sich in erster Linie auf die Kommunikationsform. Hier sollten insbesondere auch neuere Medien – die (ebenso wie in anderen Branchen) durch den Trend der Digitalisierung besonderes Gewicht erfahren – einer Bewertung unterzogen werden. In den letzten zwölf Monaten waren vor allem Print-Anzeigen von den Befragten wahrgenommen worden (67%). Es folgen Kundenzeitschriften (56%), Anzeigen mit Preisangeboten (55%) und danach Online-Werbung (27%). Auf dem letzten Platz lag abgeschlagen Marketing in sozialen Medien (10%).

Obgleich die Printanzeigen am stärksten wahrgenommen wurden, haben Kundenzeitschriften, Preisangebote, persönliche Anschreiben und gezielte Kunden-Events einen stärkeren Einfluss darauf, Menschen in die Apotheke zu bringen (grüne Balken). Knapp 52 Prozent der Befragten gaben an, dass sie in den letzten zwölf Monaten aufgrund von Kundenevents schon einmal gezielt eine Apotheke aufgesucht haben. Kundenzeitschriften verursachten bei 33 Prozent, Preisangebote bei 36 Prozent und persönliche Anschreiben bei 46 Prozent einen Apothekenbesuch. Daraus kann abgeleitet werden, dass je persönlicher die Maßnahme ausfällt, die Sogwirkung auf die Kunden umso höher wird. Dieser Effekt verstärkt sich, wenn der Kunde eine Stammapotheke besitzt.

Als besonders wünschenswerte Maßnahmen von Apotheken empfanden die Befragten soziales Engagement der Apotheke und Preisangebote.

Nutzung sozialer Medien

Die Befragten nutzen soziale Medien eher schwach, wobei WhatsApp in knapp 59 Prozent der Fälle täglich, Facebook bei 25 Prozent und Blogs oder Twitter kaum genutzt werden. Auch die Kenntnis der Befragten über die Aktivitäten ihrer Stammapotheke in sozialen Medien ist sehr schwach ausgeprägt: 91 Prozent antworteten hier „weiß nicht“. Ebenso haben nur wenige Befragte in den letzten zwölf Monaten Kontakt zu stationären Händlern über soziale Medien aufgenommen. Der Kontakt zu Online-Händlern über soziale Medien fällt etwas höher, aber immer noch bescheiden aus. Einzig Amazon kann hier mit 106 Antworten einen nennenswerten Wert erzielen. Mit großem Abstand folgen Zalando (23 Nennungen) und Ebay (12 Nennungen). Alle anderen genannten Online-Händler wurden nur von zehn Personen oder weniger genannt.

Weshalb besuchen Menschen eine (stationäre) Apotheke?

Ebenfalls wurde überprüft, welche besonderen Charakteristika der Apotheke Einfluss darauf haben, dass die Apotheke (wiederholt) besucht wird (Abb. 2). Bewertet auf einer Skala von 1 – sehr großer Einfluss – bis 5 – sehr geringer Einfluss –, stellt sich als wichtigstes Attribut die Kompetenz der Mitarbeiter (Durchschnittswert 1,3) dar, gefolgt vom Standort (1,4) und der Freundlichkeit der Mitarbeiter (1,5). Danach folgt mit bereits großem Abstand das Preisniveau, das den Nicht-Stammapotheken-Kunden (2,4) wichtiger ist als den Befragten mit Stammapotheke (2,7). Neu dazugekommene Leistungen und Angebote der Apotheken (z. B. Verfügbarkeitsabfrage, (Vor-) Bestellmöglichkeit, Homepage) messen die Befragten eine eher untergeordnete Bedeutung bei.

Abb. 2: Einfluss diverser Charakteristika auf den Besuch einer Apotheke.

Wollen sich die Befragten über Arzneimittel informieren, sind Apotheken immer noch erster Ansprechpartner, vor den Ärzten, Familien und Freunden. Danach folgt das Internet. Abgeschlagen sind Internetseiten von Online-Apotheken oder die Homepage der eigenen stationären Apotheke. Dies korrespondiert mit dem Bestellverhalten von Arzneimitteln: Bestellungen werden nach wie vor besonders häufig in der stationären Apotheke vor Ort oder dort telefonisch vorgenommen. Andere Bestellwege haben eine eher untergeordnete Bedeutung.

Fazit

Die intensive Einbeziehung von Kommunikationsmaßnahmen über soziale Medien muss nicht zwingend angezeigt sein. Vielmehr sind nach wie vor der Einsatz der klassischen Medien sowie das Ausspielen der klassischen Stärken Erfolgsgarant Nr. 1 für die Apotheke vor Ort! Bedeutet dies, dass die Digitalisierung keine Rolle spielt? Nein, natürlich nicht, aber sie kann und muss zunächst als „Add-on“ angesehen werden. Bestehen bei den klassischen Attributen Mängel, können diese nicht durch soziale Medien oder sonstige digitale „Spielereien“ kompensiert werden. |

Prof. Dr. Andreas Kaapke

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