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Gesundheitspolitik
Mammutprozess denkbar
Zytoprozess: Keine Hinweise auf Schwarzmarkteinkäufe
Die Nebenkläger hatten bereits vor längerer Zeit beantragt, Patienten zu laden, die von S. mit möglicherweise unterdosierten Krebsmitteln beliefert wurden – oder deren Angehörigen. Im Raum steht weiterhin die Vernehmung von Onkologen, mit denen S. zusammengearbeitet hat, sowie von 39 Personen, die laut Verteidigung bestätigen könnten, dass der Apotheker mehr Wirkstoff als von der Anklage erfasst eingekauft habe.
Doch wie der Vorsitzende Richter Johannes Hidding laut Recherchebüro „Correctiv“ am vergangenen Freitag sagte, sieht das Gericht keine Anhaltspunkte für Einkäufe auf dem „Zweitmarkt“. „Da kam ja auch nicht viel“, äußerte ein Gerichtssprecher auf Nachfrage von DAZ.online. Zur Erklärung: Die Verteidigung ließ bisher nur einen Hexal-Vertreter laden, der abstritt, S. schwarz Wirkstoff verkauft zu haben.
Die Vernehmung eines Anwalts des Generikaherstellers wies der Richter ab – die Verteidigung hatte dies beantragt um zu erfahren, inwiefern der Mitarbeiter auf seine Aussage vorbereitet worden war. Durch die Berichterstattung zu dem Fall hätte dem Pharmareferenten der Inhalt seiner Vernehmung ohnehin klar sein dürfen, erklärte Hidding, der offenbar auch keine Zweifel an der Wahrheit der Aussage hat.
Offen bleibt nun wohl bis zum nächsten Verhandlungstermin am 3. Mai, ob die 39 weiteren Zeugen gehört werden. Derzeit sind nur für einen Verhandlungstag am 16. Mai Zeugen geladen: Ein Sachverständiger des Landeszentrums Gesundheit, eine Mitarbeiterin des Sachverständigen Fritz Sörgel sowie der Pharmazeut Henning Blume, der von 1983 bis 1997 das Zentrallaboratorium Deutscher Apotheker leitete. Als Letzterer im März bereits vor Gericht erschien, musste seine Befragung aus zeitlichen Gründen vertagt werden. Blume erklärte nur, dass er zunächst über einen Analyseansatz des gleichfalls involvierten Paul-Ehrlich-Instituts überrascht gewesen sei, ihn später jedoch als sinnvoll erkannt habe. Doch müssten Arzneibuchmethoden zum Einsatz an zubereiteten Arzneimitteln verifiziert werden.
Die Nebenklage lehnte am vergangenen Freitag den Pharmakologen Sörgel als Sachverständigen ab, da er womöglich die Unwahrheit gesagt habe. Es ging um die Frage, ob dieser zuvor Kontakt zu dem Recherchebüro hatte, was Sörgel verneinte. Doch in einem Facebook-Post hatte Sörgel erwähnt, dass „Correctiv“ ihm eine in der Apotheke hergestellte Tablette mit dem Wirkstoff Thalidomid zur Verfügung gestellt habe. Das Gericht will Sörgel nun zu dem Vorwurf, in Sachen seines Kontaktes zu dem Recherchebüro die Unwahrheit gesagt zu haben, befragen.
Das Landgericht rechnet augenscheinlich damit, dass sich der Prozess noch in die Länge ziehen wird: Es setzte bis zum 29. Juni zehn weitere Verhandlungstermine an. |
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