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Gesundheitspolitik
„Datenklau“: Wolf weiß von nichts
Im Prozess wegen des mutmaßlichen Ausspähens von Daten aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) waren am 6. März der frühere ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf und eine Protokoll-Referentin der ABDA als Zeugen geladen. Von beiden kamen keinerlei belastende Aussagen (siehe auch DAZ Nr. 10, S. 16). Bei der Befragung von Wolf, in dessen Amtszeit Bellartz Pressesprecher der ABDA war, interessierte sich der Vorsitzende unter anderem für die Aufträge, welche die ABDA Bellartz‘ parallel betriebenem Unternehmen El Pato erteilt hat. „Ich glaube, wir haben El Pato mal als Dienstleistungsunternehmen beauftragt“, erklärte Wolf. Darüber sei mit ihm aber nicht gesprochen worden. „Das war keine Sache des Präsidenten.“ Man sei damals wohl „ein bisschen naiv“ gewesen, räumte Wolf ein. Heute würde man dies sicher nicht mehr tun. Von welchem Umfang diese Aufträge waren, wusste Wolf nicht. Ein später von der ABDA beauftragter Prüfbericht hatte zwar zutage gebracht, dass in den Jahren 2007 bis 2011 an El Pato insgesamt rund 2,5 Mio. Euro für PR, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gezahlt wurden. Doch der Bericht blieb unter Verschluss. Auf Nachfrage des Richters erklärte Wolf, dass er zu dieser Zeit nicht mehr bei der ABDA gewesen sei. Ihm sei aber gesagt worden, die Prüfer hätten damals „nichts gefunden“.
Der Vorsitzende wollte zudem wissen, ob die ABDA keinen Interessenkonflikt gesehen habe, weil Bellartz neben seiner Tätigkeit als ABDA-Sprecher seine Selbstständigkeit aufbaute. „Wir haben das in Kauf genommen“, erklärte Wolf. Die ABDA habe zu dieser Zeit dringend einen Pressesprecher gebraucht, Bellartz sei dafür als gut vernetzter früherer stellvertretender Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung gut geeignet gewesen. „Er hat seine Arbeit als Pressesprecher ordentlich gemacht“, sagte Wolf. Ob Wolf vor Ende 2012 etwas vom dann in der Presse berichteten „Datenklau“ gewusst habe, von etwaigen Datenträgern? „Ich habe nichts gewusst und nichts gehört“, erklärte er. Und mit „ganz sicher nein“ antwortete er auf die Frage, ob es bei der ABDA Geldtöpfe gab, aus denen für Informationen bezahlt wurde.
Sickendiek muss noch mal hin
Doch auch die Geschäftsführerin des Großhandelsverbands Phagro, Bernadette Sickendiek, sagte am 6. März aus. Es ging um ein Telefonat mit dem Apotheke Adhoc-Redakteur Alexander Müller im August 2010*, das schon in einer früheren Zeugenbefragung Thema war. Sickendiek schilderte, der Phagro sei am 3. August 2010* zu einem informellen Gespräch ins BMG in Bonn geladen gewesen. Der Verband habe um den Termin gebeten, nachdem Apotheke Adhoc – und zwar als alleiniges Medium – detailliert über geplante Änderungen in der Apothekenbetriebsordnung berichtet habe. Bei dem Gespräch habe der BMG-Vertreter erklärt, die Berichterstattung beruhe auf einem „unautorisierten Referentenentwurf“. Zwei Tage später habe ein weiteres Treffen im BMG stattgefunden, diesmal in Berlin. Als Sickendiek im Anschluss in einem U-Bahnhof stand, habe sie mit Müller telefoniert. Er habe sie gefragt, wie der Termin am 4. August im BMG gewesen sei. „Mir ist das Telefon fast aus der Hand gefallen, als er mich das fragte“, schilderte Sickendiek. Niemand habe von dem Termin gewusst, versicherte sie – außer Phagro-Vorstand Thomas Trümper, seinem Stellvertreter Ralph D. Schüller, Ulrich Kehr sowie die zwei in der Berliner Geschäftsstelle beschäftigten Personen. Alles verschwiegene Menschen, wie Sickendiek erklärte. Mit Aufnahme der Ermittlungen gegen Bellartz war für sie die Erklärung für das Leck im BMG gefunden.
Die Verteidiger beider Angeklagten bohrten an verschiedenen Stellen nach. Zudem fragte Bellartz‘ Anwalt, ob es unter Phagro-Mitgliedern einmal Kartellabsprachen gegeben habe, die bestraft wurden. Dazu sagte Sickendieck, das habe es einmal Ende der 1980er- Jahre gegeben. Seit 2005 – seitdem ist sie nach mehrjähriger Pause zurück beim Phagro – jedoch nicht, wobei sie nicht ausschloss, dass gegen einige Mitglieder noch Verfahren anhängig sind. Beim folgenden Verhandlungstermin am 9. März erwiderte Bellartz‘ Anwalt auf diese Aussage mit einer knapp 70-seitigen Stellungnahme. Sickendiek habe falsch ausgesagt, um seinen Mandanten, die Apotheker und auch ein von ihr offenbar ungeliebtes Medium in ein schlechtes Licht zu rücken. Schließlich habe Apotheke Adhoc wiederholt über auch später geführte Kartellverfahren und das „Synchronschwimmen“ in der Großhandelsbranche berichtet. Das Gericht ließ der Vortrag nicht unbeeindruckt: Sickendiek wurde für diese Woche Freitag erneut als Zeugin geladen. |
*Durch ein Versehen steht an diesen Stellen in der
Print-Ausgabe der AZ die Jahreszahl 2012. Wir haben sie hier in der
AZ.online-Ausgabe in die richtige Zahl 2010 korrigiert und bitten, das Versehen
zu entschuldigen.
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