Wirtschaft

Fonds für OTC-Beratung

Honorarvorschlag aus Schleswig-Holstein / Festzuschlag soll teilweise umverteilt werden

SÜSEL (tmb) | Die Beratung zu OTC-Arzneimitteln ist eine Leistung für die Versicherten, von der am Ende auch die Krankenkassen profitieren. Diese müsse daher auch von der Solidargemeinschaft finanziert werden, fordert Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein.
Foto: AK Schleswig-Holstein
Will den Versorgungsauftrag der Apotheken gerecht honoriert sehen: Frank Jaschkowski.

Das Gutachten im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hat das Hauptaugenmerk in der Honorardiskussion auf die Gesamthöhe der Vergütung gerichtet. Die Diskussion unter Apothekern richtete sich dagegen bis dahin auf die Fortschreibung des Honorars und die Weiterentwicklung der Honorarstruktur. Doch dies alles hängt eng miteinander zusammen.

Dies wurde in einem Gespräch von Frank Jaschkowski, Geschäftsführer der Apothekerkammer Schleswig-Holstein, mit DAZ.online deutlich. Dabei betonte Jaschkowski die vielen Versorgungsleistungen der Apotheken, die über die Abgabe von Rx-Arzneimitteln hinaus­gehen. „Apotheken versorgen GKV- und PKV-Patienten auch als OTC-Kunden“, erklärte Jaschkowski. Die Honorargutachter ordnen diesem OTC-Geschäft einen großen Teil der Apothekenkosten zu und argumentieren, dass diese Kosten nicht über Rx-Arzneimittel finanziert werden sollten.

Apotheken: viele Leistungen fürs System ohne Gewinn

Doch Jaschkowski sieht das gerade umgekehrt. „Durch die Preisfreigabe erwirtschaften Apotheken mit vielen OTC-Arzneimitteln keinen Deckungsbeitrag, aber sie erbringen mit ihrer Beratung zu diesen Arzneimitteln eine Leistung für die Versicherten“, erklärte der Kammergeschäftsführer den Zusammenhang. Davon profitiere auch die Krankenkasse durch bessere Gesundheit der Versicherten und durch ersparte Arztbesuche. Zudem würden die Apotheken Screeningleistungen erbringen, insbesondere Blutdruck- und Blutzuckermessungen. Diese würden keine Deckungsbeiträge oder gar Gewinne erwirtschaften, aber zur Versorgung gehören, erklärte Jaschkowski. „Außerdem haben die Apotheken Kosten durch Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung. Apotheker können beispielsweise Öffnungszeiten nicht selbst bestimmen und müssen morgens um Acht da sein, wenn keiner kommt“, erklärte Jaschkowski und folgerte: „Das gehört zum Versorgungsauftrag und muss daher von der Solidargemeinschaft honoriert werden.“

Versorgung im ländlichen Raum stärker fördern

Damit widersprach Jaschkowski dem Konzept des Gutachtens, die Apothekenkosten anhand der Packungen aufzuteilen. Außerdem leitete er daraus einen neuen Vorschlag für die Honorarverteilung ab: Auch wenn die Honorareinnahmen an die Abgabe von Rx-Arzneimitteln gekoppelt seien, sollte insbesondere die Beratungsleistung für OTC-Arzneimittel mehr honoriert werden, forderte Jaschkowski. Dazu könnte ein Teil des Festzuschlags in einen Strukturfonds nach dem Vorbild des Notdienstfonds fließen. Dieses Geld könnte dann teilweise anhand der Zahl der abgegebenen OTC-Packungen und teilweise als Strukturbeitrag für alle Apotheken ausgeschüttet werden. Wenn dieser Strukturbeitrag in ländlichen Räumen höher wäre, könnte damit die flächendeckende Versorgung gefördert werden. So könnten beispielsweise Botendienste besser finanziert werden.

Auf die vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten von Honorarfonds hatte DAZ-Wirtschaftsexperte Dr. Thomas Müller-Bohn bereits im Mai 2017 aufmerksam gemacht (siehe „Ein neuer Weg zum sicheren Ertrag?“, DAZ 2017, Nr. 20, S. 26). Im November hatte die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe, Gabriele Regina Overwiening, vorgeschlagen, ­einen Teil des Festzuschlags über einen Fonds zu verteilen und die Auszahlung an Qualitätskriterien zu orientieren. Dies hatte vielfältige Kritik ausgelöst, insbesondere weil für das bereits etablierte Honorar möglicherweise zusätzliche Leistungen erbracht werden müssten. Dagegen knüpft der Vorschlag von Jaschkowski an Leistungen, die ohnehin erbracht werden.

Versorgungsauftrag für alle Arzneimittel honorieren

Ihm gehe es insbesondere darum, den Versorgungsauftrag für alle Arzneimittel angemessen zu honorieren, betonte Jaschkowski gegenüber DAZ.online. Denn durch die Preisfreigabe und den folgenden Preiswettbewerb bei OTC-Arzneimitteln sei dieser Bereich aus dem Blickfeld geraten. Die ­Alternative sei, die Preisbindung für OTC-­Arzneimittel wieder einzuführen, argumentierte Jaschkowski. Ins­gesamt erwartet er nach der Veröffentlichung des Honorargut­achtens nun eine intensivere Diskussion unter den Apothekern über eine zukunfts­sichere Honorierung. |

Das könnte Sie auch interessieren

Neuer Honorarvorschlag aus Schleswig-Holstein

Ein Fonds zur Finanzierung der OTC-Beratung

mehr Licht ins Honorargutachtendunkel

Hier wurden die Milliarden übersehen 

Gedanken zur langfristigen Zukunft der Apothekenhonorierung

Ein neuer Weg zum sicheren Ertrag?

40.000 Euro weniger pro Apotheke

Honorargutachten veröffentlicht

Die DAZ-Analyse: Was sind die Probleme? Welche Lösungsansätze gibt es?

Das Honorargutachten

Varianten der Kostenrechnung ergeben Honorarerhöhung von mindestens 1 Mrd. Euro

Die Gegenrechnung

Beiträge in DAZ 16 und 17

Vorschlag zum Apothekenhonorar

Vorschlag für die ländliche Versorgung

Fünf Euro für den Botendienst

Drei Fragen als Orientierungshilfe

Der Weg zu einer konsensfähigen Apothekenhonorierung

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.