- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 9/2017
- Blutfette senken mit ...
Arzneimittel und Therapie
Blutfette senken mit siRNA
Oligonukleotid Inclisiran hat Phase I der klinischen Prüfung erfolgreich durchlaufen
Erhöhte LDL-Cholesterol-Werte zählen bekanntlich zu den wichtigsten Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen. Als Therapiestandard gelten derzeit HMG-CoA-Reduktasehemmer, doch bei manchen Patienten ist die Hypercholesterolämie trotz Statin-Therapie nicht in den Griff zu bekommen. Daher besteht weiterhin Bedarf nach neuen Therapieoptionen für diese weit verbreitete Indikation.
PCSK9 als Zielstruktur
Ein neues, doch bereits gut etabliertes Target für die LDL-Senkung ist Proprotein-Convertase Subtilisin-Kexin-Typ 9 (PCSK9). Die Serin-Protease wird hauptsächlich von der Leber ins Blut sezerniert, bindet an LDL-Rezeptoren und fördert deren lysosomalen Abbau in den Leberzellen. Durch diese Down-Regulation der LDL-Rezeptoren erhöht sich der Serum-LDL-Spiegel. Theoretisch führt also eine Senkung des PCSK9-Levels zu einer Hochregulierung der LDL-Rezeptoren und somit zu einer Senkung des LDL-Spiegels.
Mit den PCSK9-Antikörpern Alirocumab (Praluent®) und Evolocumab (Repatha®) wurden zwei Wirkstoffe auf den Markt gebracht, die auf diesem Therapieprinzip basieren. Beide sind zugelassen als Add-on-Therapie zur Behandlung von Erwachsenen mit primärer Hypercholesterolämie oder gemischter Dyslipidämie oder bei Patienten mit Statin-Unverträglichkeit. Ein Nachteil dieser Antikörper ist ihre relativ kurze Wirkdauer.
Wirkprinzip der siRNA
Nun wurde mit Inclisiran ein neues Wirkprinzip entwickelt. Es handelt sich dabei um ein sogenanntes small interfering-RNA-Molekül (siRNA). siRNA-Moleküle sind Oligonukleotide, die direkt mit der RNA interferieren, sodass das betreffende Protein gar nicht erst synthetisiert wird – sie packen sozusagen direkt an der Wurzel an. Im Fall des siRNA-Moleküls Inclisiran funktioniert das so: Inclisiran ist mit triantennären N-Acetylgalactosamin-Kohlenhydraten konjugiert. Diese Kohlenhydrate binden an sogenannte Asialoglykoprotein-Rezeptoren, die die spezifische Aufnahme von Inclisiran in die Leberzelle erlauben. Dort angekommen bindet Inclisiran schließlich an den RNA-induzierten Silencing Complex (RISC), was dazu führt, dass die Messenger-RNA-Moleküle, die für PCSK9 kodieren, abgespalten und abgebaut werden. Somit stehen sie für die Protein-Translation nicht mehr zur Verfügung. Im Endeffekt kommt es zu einem verminderten PCSK9-Level und demzufolge zu gesenkten LDL-Werten.
Erfolgreich bei Gesunden
Nun wurde eine Phase-I-Studie bei gesunden Probanden durchgeführt, in der die Sicherheit und Pharmakodynamik von Inclisiran untersucht wurde. Den Probanden mit einem LDL-Spiegel von mindestens 100 mg/dl wurden Inclisiran oder Placebo subkutan verabreicht, wobei unterschiedliche Dosierungen getestet wurden. Neben Einmalgaben (25, 100, 300, 500 oder 800 mg) wurden auch Mehrfachgaben untersucht (125 mg wöchentlich, 250 mg alle zwei Wochen, 300 oder 500 mg monatlich). Wirksamkeit und Sicherheit wurden über einen Zeitraum von sechs Monaten evaluiert. Hinsichtlich der Sicherheit wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Wirkungen festgestellt. Die aufgetretenen Nebenwirkungen waren leicht bis moderat. Die Einmalgabe von Dosen ab 300 mg sowie alle Mehrfachgaben führten zu einer signifikanten Senkung des PCSK9- und des LDL-Spiegels. Diese Wirkung hielt über einen Zeitraum von sechs Monaten an.
Nun muss der neue Wirkstoff die weiteren klinischen Studienphasen bestehen. Auf den ersten Blick jedenfalls erscheint die gute Verträglichkeit bei einer langanhaltenden Wirksamkeit vielversprechend. |
Quellen
Fitzgerald K et al. A Highly Durable RNAi Therapeutic Inhibitor of PCSK9. NEJM 2017, 376:41-51. doi: 10.1056/NEJMoa1609243
Khvorova A. Oligonucleotide Therapeutics – A New Class of Cholesterol-Lowering Drugs. NEJM 2017, 376:4-7. doi: 10.1056/NEJMp1614154
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.