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Apotheken droht Abrutschen auf der „schiefen Ebene“

Seminar der Apo-Bank und Treuhand Hannover zum EuGH-Urteil

HAMBURG (tmb) | Dr. Frank Diener, Generalbevollmächtigter der Treuhand Hannover, fürchtet, dass immer mehr Apotheken auf einer „schiefen Ebene“ in eine betriebswirtschaftlich unsichere Zone abrutschen, wenn Chroniker-Rezepte ins Ausland abwandern. Bisher lasse sich eine solche Abwanderung jedoch nicht an den Umsatzdaten der Vor-Ort-Apotheken ablesen.
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Dr. Frank Diener

Diener referierte neben Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, bei einem Seminar der Deutschen Apotheker- und Ärztebank und der Steuerberatung Treuhand Hannover am 22. Februar in Hamburg. Zu den Folgen des Urteils erklärte Siemsen: Wenn Chroniker-Rezepte an Versender abwandern würden, bliebe den Apotheken vor Ort nur die kostenintensive Akutversorgung. Wenn in Deutschland begrenzte Boni zugelassen würden, fehle auch den verbleibenden Apotheken das nötige Geld für qualitativ hochwertige Arbeit. Sie müssten Personal abbauen und Leistungen reduzieren. Siemsen folgerte: „Das Prinzip der Freiberuflichkeit beruht auf Gleichpreisigkeit.“ Der Preiswettbewerb bedrohe langfristig auch das Sachleistungsprinzip und damit den diskriminierungsfreien Zugang zu Arzneimitteln. Boni sozialrechtlich zu verbieten, könne ausgehebelt werden, denn „das Urteil des EuGH macht vor dem SGB nicht halt“, erklärte Siemsen. Daher appellierte Siemsen an die Apotheker, weiter für das Rx-Versandverbot zu kämpfen.

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Kai-Peter Siemsen

Daten der Apotheken

Zu der Frage, ob schon jetzt Wirkungen des Urteils messbar sind, erklärte Siemsen, einzelne Kollegen hätten ihm berichtet, dass drei bis fünf Prozent ihrer Chroniker „verschwunden“ seien. Doch das seien keine verlässlichen Angaben. Diener präsentierte die Absatzdaten der Treuhand Hannover für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel in der GKV. Die Zahl der Packungen sei im Oktober 2016 um 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken und im November um 6,3 Prozent gestiegen. Beides lasse sich durch die jeweilige Zahl der Arbeits­tage erklären. Im Dezember 2016 sei die Packungszahl um 1 Prozent gestiegen und für Januar 2017 zeichne sich auch ein Anstieg ab. Hier lasse sich also noch keine Abwanderung nachweisen.

Folgen von Marktverlagerungen

Doch habe Quintiles IMS für den Rx-Versand 7,9 Millionen Packungen bzw. 1,0 Prozent Marktanteil im Jahr 2016 ausgewiesen – gegenüber 4,1 Millionen Packungen bzw. 0,6 Prozent Marktanteil im Jahr 2015. Dies spreche für einen dramatischen Zuwachs in sehr kurzer Zeit. Wenn dies langfristig so weiterginge, würden die verbleibenden Vor-Ort-Apotheken die Umsätze verlieren, die sie durch das Marktwachstum und die Schließung anderer Apotheken gewinnen könnten, kalkulierte Diener. Zugleich würden die Betriebskosten weiter steigen. Nach Einschätzung von Diener würden daraufhin zwar nicht schlagartig tausende Apotheken schließen, aber immer mehr Apotheken würden auf eine „slippery slope“ geraten. Derzeit hätte etwa ein Fünftel der Apotheken „kein Wasser unter dem Kiel“, also keine Mittel für Investitionen und keine Reserven für plötzliche Verschlechterungen. Doch dann würden immer mehr Apotheken auf einer „schiefen Ebene“ in diese problematische Zone rutschen.

Boni ohne Erfolg

Auch Diener sieht in begrenzten Boni im Inland keine Lösung, sondern neue Probleme. Denn solche Boni müssten auch allen Stammkunden gewährt werden. Der Verlust sei dann insgesamt voraussichtlich größer als der Gewinn durch zusätzliche Kunden. Letztlich stünden alle Apotheken schlechter da. Daher folgerte Diener: „Das Rx-Versandverbot ist die einzige kausale Therapie für das EuGH-Urteil.“ |

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