Arzneimittel und Therapie

Nachts seltener raus müssen

Neues Desmopressin-Präparat gegen Nykturie zugelassen

Seit Januar 2017 ist in Deutschland das Desmopressin-Präparat Nocdurna® zur symptomatischen Behandlung des mehrmaligen nächtlichen Wasserlassens (Nykturie) aufgrund von idiopathischer nächtlicher Polyurie bei Erwachsenen verfügbar. Eine Besonderheit des Medikaments sind seine geschlechtsspezifischen Dosierungen.

Desmopressin ist ein synthetisches Analogon des antidiuretischen Hypophysenhormons Vasopressin (Adiuretin). Strukturell unterscheidet es sich vom natürlichen Pendant durch den Wegfall der Aminogruppe des Cysteins in Position 1 und den Austausch von L-Arginin durch D-Arginin. Infolge dieser Modifikationen besitzt Desmopressin kaum noch einen vasopressorischen und damit blutdrucksteigernden Effekt. Dagegen ist die antidiuretische Wirkung, also die Erhöhung der Wasserrückresorption nach Bindung an V2-Rezeptoren im Sammelrohr der Nieren, erhöht, und es kommt zur Verringerung der Urinproduktion. Aufgrund seiner geringen Plasmahalbwertszeit ist die Wirkdauer von Desmopressin nach abendlicher Gabe (eine Stunde vor dem Zubettgehen) auf die nächtliche Schlafperiode beschränkt.

Frauen reagieren sensibler

Bei Frauen ist die Sensibilität der Nierentubuli auf Vasopressin und seine Analoga im Vergleich zu Männern höher. Daher besitzen sie ein höheres (in Studien mit Desmopressin etwa fünffach höheres) Risiko für Wasserretention und Hyponatriämie. Anzeichen für eine Hyponatriämie sind Kopfschmerzen, Übelkeit und/oder Erbrechen, Gewichtszunahme und in schweren Fällen Krämpfe. Diesem Unterschied wird Rechnung getragen, indem für Frauen die empfohlene Tagesdosis von Nocdurna® bei 25 µg, bei Männern dagegen bei 50 µg liegt. Bei der Darreichungsform handelt es sich um ein Lyophilisat, das unter die Zunge gelegt wird und sich auflöst, ohne dass zusätzlich Wasser getrunken werden muss. Jedoch kann eine gleichzeitige Nahrungsaufnahme Stärke und Dauer des antidiuretischen Effektes reduzieren und muss deshalb vermieden werden. Außerdem wird dringend empfohlen, eine Stunde vor und acht Stunden nach der Einnahme von Desmopressin die Flüssigkeitsaufnahme auf ein Minimum einzuschränken, um einer Hyponatriämie vorzubeugen.

Bei Frauen ist die Sensibilität der Nierentubuli auf Vasopressin und seine Analoga im Vergleich zu Männern höher. Diesem Unterschied wird Rechnung getragen, indem für Frauen die empfohlene Tagesdosis von Nocdurna® bei 25 µg, bei Männern dagegen bei 50 µg liegt.

Effekt in der ersten Woche

In zwei dreimonatigen randomisierten doppelblinden Parallelgruppenstudien war Desmopressin im Vergleich mit Placebo in der Indikation Nykturie (zwei oder mehr nächtliche Blasenentleerungen) getrennt bei Männern (N = 385, Tagesdosen 50 und 75 µg) zwischen 20 und 87 Jahren und Frauen (N = 261, Tagesdosis 25 µg) zwischen 19 und 87 Jahren geprüft worden.

Das Ansprechen erfolgte in beiden Fällen in der ersten Behandlungswoche. Die mittlere Zahl der nächtlichen Blasenentleerungen wurde durch Desmopressin in beiden Studien im Vergleich zum Ausgangswert signifikant reduziert. Außerdem erhöhte sich die Zeit bis zum ersten Toilettengang wegen Harndrangs signifikant.

Da Patienten mit nächtlichem Harndrang in ihrer Lebensqualität häufig stark beeinträchtigt sind, waren die signifikanten Steigerungen der krankheitsbezogenen Lebensqualität und Schlafqualität ein weiteres wichtiges positives Studienergebnis.

Vorsicht bei Älteren

Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Desmopressin bei Patienten über 65 Jahren, da sie im Vergleich zu Jüngeren unter der Behandlung ein höheres Risiko für die Entwicklung einer Hyponatriämie besitzen. Außerdem kann in diesem Lebensalter die Nierenfunktion eingeschränkt und die nächtliche Polyurie ein Symptom kardiologischer oder anderer Erkrankungen sein, die vor der Anwendung abgeklärt werden müssen.

Nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAR) und Oxytocin können den antidiuretischen Effekt von Desmopressin verstärken und Wasserretention bzw. Hyponatriämie induzieren. Auch bei Komedikation mit anderen Wirkstoffen, die Einfluss auf die körpereigene ADH-Ausschüttung haben (z. B. trizyklische Antidepressiva, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer), sollte Desmopressin mit Vorsicht angewendet werden. |

Quelle

Pressemitteilung „Ferring Pharmaceuticals announces approval for Nocdurna®, a new therapeutic option for the treatment of adults waking multiple times to urinate at night“, vom 3. Mai 2016

Sand PK et al. J Urol 2013;190(3):958–964

Weiss JP et al. J Urol 2013;190(3):965–972

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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