Neue Arzneimittel

Neue Arzneimittel 2017

ck | Auch 2017 sind viele neue Wirkstoffe zugelassen und eingeführt worden, die wir Ihnen in unserer Beilage „Neue Arzneimittel“ vorgestellt haben. Viele davon mit innovativen Wirkmechanismen, wie Venetoclax, Dinutuximab oder Palbo­ciclib die deutliche Fortschritte bei der Behandlung von Erkrankungen mit schlechter Prognose bieten. Auch die ersten Inhibitoren der Januskinasen (Baricitinib und Tofacitinib) oder der Cyclin-abhängigen Kinasen (Palbociclib und Ribociclib gelten als große Fortschritte.

Antibiotika

Dalbavancin

Dalbavancin

Dalbavancin (Xydalba®) ist ein Lipoglykopeptid-Antibiotikum, das zur ­Behandlung akuter bakterieller Haut- und Weichgewebeinfektionen bei ­Erwachsenen eingesetzt wird. Die Substanz wirkt gegen grampositive Erreger einschließlich Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA) und muss aufgrund ihrer langen Eliminationshalbwertszeit nur zweimal im Abstand von einer Woche intravenös appliziert werden. Der semisynthetische Abkömmling von Teicoplanin hemmt die bakterielle Zellwandsynthese. Zusätzlich wird als Wirkmechanismus eine Verankerung des lipophilen Molekülrests in der Bakterienmembran diskutiert. Die Wirkung ist konzentrationsabhängig und richtet sich ausschließlich gegen grampositive Bakterien. Gegen multiresistente Bakterien wie MRSA gilt Dalbavancin als moderater Fortschritt. Die Substanz war in vergleichenden Studien dem Glykopeptid Vancomycin und dem Oxazolidinon Linezolid bezüglich der klinischen Wirksamkeit ebenbürtig. Möglicherweise ist es besser verträglich als Linezolid.

Avibactam

Avibactam

Für Erwachsene mit komplizierten intraabdominellen Infektionen oder Harnwegsinfektionen einschließlich Pyelonephritis wurde eine Fixkombination aus dem bereits erprobten Cephalosporin-Antibiotikum Ceftazidim mit dem neuen β-Lactamase-Inhibitor Avibactam eingeführt. Zavicefta® ist auch bei im Krankenhaus erworbenen Pneumonien und bei Infektionen mit aeroben Gram-negativen Keimen einsetzbar, wenn andere Therapieoptionen nicht ausreichen. Im Gegensatz zu den meisten anderen β-Lactamase-Inhibitoren enthält Avibactam keinen β-Lactam-Ring. Es bildet mit dem Enzym ein kovalentes hydrolysestabiles Addukt. Obwohl eine neue antibiotische Therapieoption generell begrüßenswert ist, gilt Avibactam allenfalls als geringer therapeutischer Fortschritt. Das Nicht-β-Lactam besitzt, anders als die bekannten β-Lactamase-Inhibitoren Clavulan­säure und Tazobactam, keine antibiotische Aktivität. In klinischen Studien konnte bislang keine Überlegenheit zu weiteren antibiotischen Behandlungsoptionen gezeigt werden.

Antineoplastische Mittel

Alectinib
Alectinib (Alecensa®) ist als Monotherapeutikum bei Erwachsenen mit anaplastischer Lymphomkinase(ALK)-positivem, fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Bronchialkarzinom (NSCLC) indiziert. Alectinib hemmt die Rezeptor-Tyrosinkinasen ALK und RET und wird nach einer Tumor-Progression unter dem Tyrosinkinase-Inhibitor Crizotinib oder bei einer Crizotinib-Unverträglichkeit eingesetzt. Die meisten Patienten mit ALK-positivem NSCLC entwickeln innerhalb eines Jahres nach Beginn der Behandlung eine Resistenz gegen die derzeitige Standardtherapie mit Crizotinib, bei rund 60% entwickeln sich im zentralen Nervensystem Metastasen. Für diese Patienten steht mit Alectinib ein weiterer Wirkstoff aus derselben Wirkstoffklasse zur Verfügung. Etwa die Hälfte aller behandelten Patienten sprach in klinischen Studien mit einem progressionsfreien Überleben im Bereich von 15 Monaten an, sodass Alectinib aufgrund des Gewinns an Lebenszeit als therapeutischer Fortschritt eingestuft werden kann. Belastbare Daten zum Gesamtüberleben fehlen aber noch. 

Dinutuximab
Kinder und Jugendliche mit Hochrisiko-Neuroblastom können mit dem monoklonalen GD2-Antikörper Dinutuximab (Unituxin®) behandelt werden. Dinutuximab bindet spezifisch an das Gangliosid GD2, das vor allem auf der Oberfläche von Neuroblastomzellen exprimiert wird und markiert so die Tumorzellen als Ziel für die körpereigene Immunabwehr. Als Folge werden sowohl eine antikörperabhängige zellvermittelte als auch eine komplementabhängige Zytotoxizität induziert. Durch die Immuntherapie kann eine Zerstörung von Tumorzellen erreicht werden, die nach anderen Therapien im Organismus verblieben sind. Die Behandlung mit dem monoklonalen GD2-Antikörper Dinutuximab stellt trotz schwerer Nebenwirkungen einen deutlichen therapeutischen Fortschritt dar. Der Wirkmechanismus mit selektiver Bindung an das Neuroblastomzell-spezifische Gangliosid GD2 ist bislang einzigartig.

Dinutuximab bindet an Glykolipid GD2, das auf der Oberfläche von Neuroblastom-Zellen exprimiert wird. Es induziert sowohl die antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (ADCC) mit der Folge von Nekrose und Apoptose, als auch die komplementabhängige Zytotoxizität (CDC), bei der es über den Membranangriffskomplex (MAK) zur Zerstörung der Zellmembran und zur Lyse und Tod der Tumorzellen kommt.

Inotuzumab Ozogamicin

Für Erwachsene mit rezidivierter oder refraktärer CD22-positiver Vorläufer-B-Zell akuter lymphatischer Leukämie (ALL) wurde Inotuzumab Ozogamicin (Besponsa®) als Monotherapeutikum eingeführt. Es ist auch für Erwachsene mit Philadelphia-Chromosom-positiver (Ph+) rezidivierter oder refraktärer Vorläufer-B-Zell-ALL geeignet. Inotuzumab Ozogamicin setzt sich aus dem rekombinanten humanisierten, gegen das Oberflächenantigen CD22 gerichteten monoklonalen IgG4-kappa-Anti­körper Inotuzumab und dem kovalent über einen durch Säure abspaltbaren Linker gebundenen, zytotoxischen Calicheamicin zusammen. Man bezeichnet den neuen Wirkstoff daher auch als Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (antibody-drug-conjugate, ADC). Inotuzumab Ozogamicin stellt für Patienten mit rezidivierter oder refraktärer Vorläufer-B-Zell-ALL einen, wenn auch nur geringen, therapeutischen Fortschritt dar. Das Präparat ist für diese Indikation das erste in Europa verfügbare Antikörper-Wirkstoff-Konjugat.

Ixazomib
Für Erwachsene mit multiplem Myelom wurde der reversible Proteasom-Inhibitor Ixazomib (Ninlaro®) eingeführt. Das Proteasom ist ein Proteinkomplex, der im Zytoplasma und im Zellkern beschädigte oder nicht mehr benötigte Proteine abbaut. Ixazomib bindet hochselektiv und reversibel an die β5-Unterein­heit des 20S-Protea­soms. Als Folge kommt es zu einer gesteigerten Ansammlung von defekten Proteinen innerhalb der Zelle und zur Apoptose. Zwar besteht aufgrund der extrem schlechten Prognose für Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem multiplem Myelom ein dringender Bedarf an wirksamen und dabei akzeptabel verträglichen Behandlungs­optionen, Ixazomib kann aber allenfalls als moderater therapeutischer Fortschritt gesehen werden. Es ist nach Carfilzomib und Bortezomib der dritte Proteasom-Inhibitor, hat aber den Vorteil, dass es oral verfügbar ist.

Midostaurin
Der Multitarget-Tyrosinkinasen-Inhibitor Midostaurin (Rydapt®) wurde zur Behandlung Erwachsener mit neu diagnostizierter akuter myeloischer Leukämie (ALL) eingeführt, die eine FLT3-Mutation aufweisen. Dies ist bei etwa 30% der Patienten mit ALL der Fall. Die Pro­gnose der Betroffenen ist besonders schlecht, weil bislang verfügbare Tyrosinkinase-Inhibitoren hier nicht wirksam sind. Die Substanz und zwei ihrer aktiven Metaboliten induzieren über die Hemmung des FLT3-Rezeptor-abhängigen Signalwegs bei Leuk­ämiezellen einen Zell­zyklus­stillstand und Apoptose. Ebenso hemmt Midostaurin sowohl die Wildtyp- als auch die D816V-mutierte Tyrosinkinase c-KIT und verhindert Proliferation, Überleben und Histamin-Ausschüttung von Mastzellen. Zudem inhibiert Midos­taurin weitere, häufig an malignen Prozessen beteiligte Rezeptor-­Tyrosinkinasen wie c-KIT, Fibroblast Growth Factor Receptor 1 und 3 (FGFR1-3), Vascular Endothelial Growth Factor Receptor 2 (VEGFR-2) sowie Mitglieder der Serin/Threonin­kinase-Familie PKC (Proteinkinase C).

Der Multikinase-Inhibitor gilt sowohl für die akute myeloische Leukämie als auch für systemische Mastozytosen als relevanter therapeutischer Fortschritt. Die oral verfügbare Substanz ist weltweit die erste, die gezielt gegen Zellen mit FLT3- und D816V-c-KIT-­aktivierenden Mutationen gerichtet ist. Der Angriffspunkt von Midostaurin liegt also jeweils unmittelbar bei der Ursache der Pathogenese.

Olaratumab

Für die Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem Weichgewebe­sarkom, für die eine kurative Behandlung nicht infrage kommt, wurde mit Olaratumab (Lartruvo®) ein humaner monoklonaler IgG1-Antikörper eingeführt. Olaratumab ist gegen den von Thrombozyten produzierten Wachstumsfaktor-Rezeptor α (PDGFR-α) gerichtet, der auf Tumor- und umliegenden Stromazellen von Weichgewebe­sarkomen überexprimiert wird. Olaratumab verhindert die Bindungen der Liganden PDGF-AA, -BB und -CC und somit die Rezeptor-Aktivierung. Die Signalübertragung wird blockiert, und es kommt zu einer Hemmung des Tumorwachstums. Olaratumab wird als deutlicher Fortschritt angesehen, denn es ist der erste monoklonale Antikörper zur Behandlung des Weich­gewebesarkoms. 

Venetoclax
Der B-Zell-Lymphom(BCL)-2-Protein-Inhibitor Venetoclax (Venclyxto®) ist als Monotherapeutikum für Erwachsene mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL) indiziert. Die Substanz wird bei Patienten eingesetzt, die eine 17p-Deletion oder TP53-Mutation aufweisen und für eine Behandlung mit einem Inhibitor des B-Zell-Rezeptor-Signalwegs (Ibrutinib, Idelalisib) nicht geeignet sind. Das antiapoptotische B-Zell-Lymphom­(BCL)-2-Protein wird bei CLL-Zellen überexprimiert und bewirkt ein verbessertes Überleben dieser Tumorzellen. Venetoclax ist ein potenter selektiver Inhibitor von BCL-2. Es entsteht eine oligomere Pore und die äußere Mitochondrien-Membran wird durchlässig. Als Folge werden Enzyme (Caspasen) aktiviert bzw. freigesetzt, die den programmierten Zelltod einleiten. Venetoclax gilt als erheblicher therapeutischer Fortschritt. Der Wirkmechanismus ist völlig innovativ und greift häufig auch dann noch, wenn die Proliferationshemmung über den B-Zell-Rezeptor-Signalweg durch Substanzen wie Ibrutinib und Idelalisib nicht mehr möglich ist. In klinischen Studien wurden Ansprechraten von nahezu 80% und eine relevante Verlängerung des progressionsfreien Überlebens gezeigt.

Venetoclax ist ein potenter selektiver Inhibitor des antiapoptotischen B-Zell-Lymphom(BCL)-2-Proteins. Die Substanz bindet direkt an das Protein BCL-2, wodurch proapoptotische Proteine wie BIM (BCL-2 interacting mediator of cell death) verdrängt werden. Dadurch wird BAX (BCL-2-associated protein X) aktiviert und es kommt infolge einer Oligomerisierung zur Permeabilisierung der äußeren Mitochondrienmembran, zur Aktivierung von Caspasen und zur Einleitung des programmierten Zelltods.

Antihämorrhagika

Lonoctocog alfa

Lonoctocog alfa (Afstyla®) kann bei Erwachsenen und Kindern mit angeborenem Faktor-VIII-Mangel (Hämophilie A) zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen eingesetzt werden. Die Substanz ist ein rekombinant hergestelltes, einkettiges Molekül. Im Vergleich zu Präparaten mit vollständiger Kettenlänge besitzt Lonoctocog alfa eine höhere Affinität zum Von-Wille­brand-Faktor auf. Dieser ist Träger- und Schutzprotein für den Faktor VIII. Lonoctocog alfa zur Substitutionstherapie bei Patienten mit Hämophilie A wird nicht als therapeutischer Fortschritt eingestuft werden.

Nonacog beta pegol
Das rekombinante Faktor-IX-Präparat Nonacog beta pegol (Refixia®) wird bei Patienten mit Hämophilie B (angeborenem Faktor-IX-Mangel) zur Behandlung und Prophylaxe von Blutungen angewendet. Wegen einer an das eigentliche Glykoprotein konjugierten Polyethylenglycol(PEG)-Kette ist die Elimination von Nonacog beta pegol verlangsamt, sodass die Applikation zur Prophylaxe von Blutungen nur einmal wöchentlich erforderlich ist. Nonacog beta pegol ist allerdings in der Reihe der neuen rekombinanten Substanzen nach derzeitigem Kenntnisstand nicht als therapeutischer Fortschritt einzuordnen. Mit Albutrepenonacog alfa und Eftre­nonacog alfa sind bereits seit über einem Jahr rekombinante Faktor-IX-Zubereitungen auf dem Markt verfügbar, die wie Nonacog beta pegol ebenfalls nur einmal pro Woche zur Prophylaxe von Blutungen angewendet werden müssen.

Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit

Nabilon 
Erwachsene Krebspatienten, die bei einer Chemotherapie unter Übelkeit und Erbrechen leiden, können mit Nabilon (Canemes®) behandelt werden. Das vollsynthetische Δ9-Tetrahydro­cannabinol(Δ9-THC)-Derivat darf nur dann eingesetzt werden, wenn andere antiemetische Therapieoptionen wie 5-HT3-Rezeptor- (z. B. Ondansetron) oder Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten (z. B. Aprepitant) nicht ausreichend wirksam sind. Nabilon besitzt bereits in therapeutischen Dosen ein gewisses Suchtpotenzial und fällt daher unter das Betäubungsmittelgesetz. Der Mechanismus der antiemetischen Wirkung ist noch nicht vollständig geklärt. Sie soll stärker ausgeprägt sein als die von THC selbst. Zwar ist seit Einführung der 5-HT3-Antagonisten wie Ondansetron und der Neurokinin-1-Rezeptor-Antagonisten wie Aprepitant oder Netupitant das Chemotherapie-induzierte Erbrechen wesentlich besser beherrschbar. Doch gerade bei verzögerter Übelkeit, die erst einen Tag nach Beendigung der Chemotherapie eintritt, ist die Wirkung dieser Substanzen unzureichend. In diesen schweren Fällen soll Nabilon eingesetzt werden. Da direkte vergleichende Studien mit anderen modernen Antiemetika fehlen, kann der therapeutische Wert nicht beurteilt werden.

Postulierte Wirkmechanismen Die antiemetische Wirkung von Nabilon wird über einen Antagonismus an den 5-HT3-Rezeptoren (rechts) erklärt. Zudem geht man davon aus, dass die Substanz agonistisch am Cannabinoid-Rezeptoren CB1 wirkt (links). Dieser transmembranäre G-Protein-gekoppelte Rezeptor ist vorwiegend im zentralen Nervensystem lokalisiert. Es kommt zur Hemmung der intrazellulären Adenylatcyclase-Aktivität, wodurch sich klinische Effekte wie Hemmung von Erbrechen, Reduktion des Schmerzempfindens oder Steigerung des Appetits erklären lassen.

Rolapitant
Der Neurokinin-1(NK1)-Rezeptor-Antagonist Rolapitant (Varuby®) ist zur Vorbeugung von verzögert auftretender Übelkeit und Erbrechen im Rahmen einer hoch oder mäßig emetogenen antineoplastischen Chemotherapie indiziert. Die oral verfügbare Medikation ist einmalig innerhalb von zwei Stunden vor Applikation der Chemotherapie einzunehmen. Rolapitant wird bei Erwachsenen in Kombination mit Dexamethason und einem 5-HT3-Rezeptor-Antagonisten wie Ondansetron oder Granisetron eingesetzt. Als selektiver Antagonist verhindert Rolapitant die Aktivierung von NK1-Rezeptoren durch Substanz P und reduziert somit die verzögerte Auslösung von Erbrechen nach einer Chemotherapie. Ein mit Rolapitant stets in Kombination eingesetzter selektiver 5-HT3-Rezeptor-Antagonist bewirkt eine Ausschaltung der zweiten, frühen Komponente der Übelkeit.

Immunsuppressiva 

Baricitinib
Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis, die auf eine vorangegangene Behandlung mit einem oder mehreren krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARD) unzureichend angesprochen oder diese nicht vertragen haben, können mit Baricitinib (Olumiant®) behandelt werden. Baricitinib ist ein selektiver und reversibler Inhibitor der Januskinasen 1 und 2 (JAK 1 und JAK 2). Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis wird durch Baricitinib die Proliferation von Entzündungszellen gehemmt und so eine relevante Besserung der Symptome erreicht. Baricitinib erwies sich bei Patienten, die zuvor unzureichend auf andere Therapieoptionen angesprochen hatten, als sehr gut wirksam und gilt als ein deutlicher Fortschritt. Die einmal tägliche perorale Applikation stellt bei akzeptabler Verträglichkeit eine geringe Belastung für die Betroffenen dar.

Januskinase-Inhibitoren Januskinasen (JAK) sind zytoplasmatische Tyrosinkinasen, die unter anderem eine wichtige Rolle bei immunologischen und inflammatorischen Prozessen spielen. Nach dem Andocken eines Signalmoleküls an Zytokin-Rezeptoren phosphorylieren die JAK sogenannte STAT-Proteine (Signaltransduktoren und Aktivatoren der Transkription) und bewirken so eine Aktivierung des JAK-STAT-Signalwegs. Die phosphorylierten STAT-Proteine wandern zum Zellkern, wo sie als Transkriptionsfaktoren die Replikation spezifischer Zielgene stimulieren. Baricitinib und Tofacitinib sind die ersten Januskinase-Inhibitoren und gelten als deutlicher Fortschritt.

Brodalumab
Der humanisierte monoklonale IgG2κ-Antikörper Brodalumab (Kyntheum®) richtet sich gegen den Interleukin-17-Rezeptor A (IL-17RA). Die Substanz ist für die Therapie erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis vorgesehen. Brodalumab wirkt entzündungshemmend und selektiv immunsuppressiv und kann als gewisser therapeutischer Fortschritt angesehen werden. Die Substanz ist der erste auf dem Markt verfügbare Interleukin-17-Rezeptor-A-Antikörper. In klinischen Studien war Brodalumab im Vergleich zu dem Interleukin-12/23-Inhibitor Ustekinumab signifikant besser wirksam. Zu den bereits seit einiger Zeit ebenfalls als Erstlinien-Therapeutika eingesetzten, direkt gegen Interleukin 17A gerichteten Antikörpern Sekukinumab und Ixekizumab liegen keine direkten vergleichenden Studien vor.

Ixekizumab
Der humanisierte monoklonale IgG4-Antikörper Ixekizumab (Taltz®) richtet sich gegen körpereigenes Interleukin 17A. Das proinflammatorische Zytokin spielt bei der Pathogenese der Autoimmunerkrankung Plaque-Psoriasis eine entscheidende Rolle. Bei den Patienten ist es in den befallenen Hautarealen hochreguliert. Der IgG4-Antikörper Ixekizumab bindet selektiv und hochaffin an IL-17A und unterbindet so dessen Interaktion mit dem zugehörigen IL-17-Rezeptor. Es werden weniger proinflammatorische Zytokine, Chemokine und Mediatoren ausgeschüttet und es kommt zu einer Verminderung von Plaque-Psoriasis-Herden mit Erythemen, Entzündungen, Verhärtungen und Schuppungen. Die Substanz ist für die Erstlinien-Therapie Erwachsener mit mittelschwerer bis schwerer Plaque-Psoriasis vorgesehen, die für eine systemische Therapie infrage kommen. Ixekizumab kann nach derzeitigem Kenntnisstand nicht als wesentlicher therapeutischer ­Fortschritt angesehen werden. Die Substanz ist nach Secukinumab der zweite verfügbare Interleukin-17A-­Inhibitor. Beide monoklonalen Antikörper weisen weder bezüglich Wirksamkeit noch Verträglichkeit relevante Unterschiede auf. Allerdings liegen noch keine direkten vergleichenden Studien vor.

Sarilumab
Für Erwachsene mit mittelschwerer bis schwerer aktiver rheumatoider Arthritis wurde Sarilumab (Kevzara®) eingeführt. Der spezifische humane monoklonale Antikörper vom Subtyp IgG1 wird normalerweise in Kombination mit dem Folsäure-Antagonisten Methotrexat eingesetzt. Interleukin 6 ist in erhöhter Konzentration in der Synovialflüssigkeit von Rheumapatienten vorhanden. Es induziert die Sekretion von Immunglobulinen und steuert die Migration und Aktivierung von T-Zellen, B-Zellen, Monozyten und Osteoklasten. Sarilumab ist sowohl gegen lösliche als auch membrangebundene IL-6-Rezeptoren vom Typ α (IL-6Rα) gerichtet. Durch die Blockade beider IL-6-Signalwege führt der hochaffine Antikörper zu einer Reduktion von Schwellungen und Schmerzen an den Gelenken und verbessert deren Beweglichkeit. Sarilumab gilt nach derzeitigem Kenntnisstand allerdings nicht als wesentlicher Fortschritt. In klinischen Studien war die Wirkung zwar signifikant besser als unter dem TNF-α-Inhibitor Adalimumab. Allerdings steht mit Tocilizumab bereits seit Längerem ein direkt gegen den Liganden IL-6 gerichteter Antikörper zur Verfügung.

Tofacitinib
Tofacitinib (Xeljanz®) hemmt selektiv und reversibel JAK1, -2 und -3 und führt dadurch zu einer reduzierten Phosphorylierung und Aktivierung von STAT-Proteinen. Die Hemmung von JAK1 und JAK3 dämpft insbesondere die Signalübertragung von Interleukinen (IL-2, IL-4, IL-6, IL-7, IL-9, IL-15 und IL-21) und von Typ-I- und Typ-II-Interferonen, was eine Modulation der immunologischen und inflamma­torischen Antwort zur Folge hat. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis wird durch Tofacitinib die Proliferation von Entzündungszellen gehemmt und so eine relevante Besserung der Symptome erreicht. Tofacitinib ist weiterhin ein schwacher Inhibitor von TyK2 (non-receptor tyrosine-protein kinase 2), einem Enzym, das ebenfalls zur Familie der Januskinasen gehört. Die Relevanz dieser Wirkkomponente für die Gesamtwirkung von Tofacitinib ist allerdings bislang ungeklärt.

Der Januskinasen-1-, -2- und -3-Inhibitor Tofacitinib gilt als deutlicher Fortschritt. Die Substanz ist nach dem JAK1- und JAK2-Inhibitor Baricitinib die zweite für die rheumatoide Arthritis verfügbare Substanz dieser Wirkstoffklasse.

Antivirale Mittel

In der Therapie der Hepatitis C wurden vier neue Wirkstoffe eingeführt:

Der Nichtstrukturprotein-5A(NS5A)-Protease-Inhibitor Elbasvir wird im Präparat Zepatier® in fixer Kombination mit Grazoprevir zur Behandlung von Erwachsenen mit chronischer Hepatitis C vom Genotyp 1 und 4 eingesetzt. Grazoprevir ist ein spezifischer Inhibitor der NS3/4A-Serinprotease, er verhindert die Proteolyse des Promotor-Stimulator-1-Adaptorproteins und stellt die durch das Virus unterdrückte körpereigene Immunreaktion wieder her. So wird die Replikation von HCV-Viren verhindert. Grazoprevir und sein fixer Kombinationspartner, der NS5A-Inhibitor Elbasvir, wirken aufgrund ihrer unterschiedlichen Wirkmechanismen und sich nicht überlappenden Resistenzprofile synergistisch. Die Wirksamkeit des Kombinationspräparats ist am besten für die HCV-Genotypen 1 und 4 erprobt. Innerhalb von zwölf Wochen wird bei mehr als 90% der Infizierten eine Heilung erreicht.

Der NS5A-Inhibitor Elbasvir wird nichts als wesentlicher therapeutischer Fortschritt gesehen. Er ist bereits der fünfte auf dem Markt verfügbare NS5A-Inhibitor. Grazoprevir ist nach Paritaprevir, Telaprevir, Boceprevir und Simeprevir der fünfte auf dem Markt befindliche Inhibitor der Hepatitis-C-Virus-NS3/4A-Serinprotease. Die Fixkombi wird nicht als relevanter therapeutischer Fortschritt eingestuft.

Eingeführt zur Behandlung chronischer Hepatitis-C-Virus(HCV)-Infektionen wurde auch Glecaprevir, ein spezifischer Inhibitor der NS3/4A-­Serinprotease. Die Substanz wird derzeit ausschließlich zusammen mit dem NS5A-Inhibitor Pibrentasvir als Bestandteil des fixen Kombinationspräparats Maviret® eingesetzt. Glecaprevir und sein fixer Kombinationspartner, der NS5A-Inhibitor Pibrentasvir, wirken aufgrund ihrer unterschiedlichen Wirkmechanismen und sich nicht überlappender Resistenzprofile synergistisch. Die Wirksamkeit des Kombinationspräparats ist für alle sechs HCV-Genotypen erprobt. Bei therapienaiven Patienten ohne Zirrhose ist eine Behandlungsdauer von nur acht Wochen ausreichend. Glecaprevir ist der sechste auf dem Markt befindliche Inhibitor der Hepatitis-C-Virus-NS3/4A-Serin­protease und gilt als gewisser therapeutischer Fortschritt.

β-Adrenorezeptor-Antagonisten

Landiolol
Der β1-Adrenozeptorblocker Landiolol (Rapibloc®) ist ein hoch β1-selektiver Adrenorezeptorblocker mit struktureller Ähnlichkeit zu Esmolol. Seine Affinität zu β1-Rezeptoren ist 255-mal höherer als die zu β2-Rezeptoren. Die weitgehend kardioselektive Substanz antagonisiert direkt die positiv chronotropen Wirkungen der körpereigenen Catecholamine Adrenalin und Noradrenalin auf den Herzmuskel. Landiolol wird unter anderem peri- oder postoperativ eingesetzt, eignet sich jedoch nicht zur Behandlung von chronischen Erkrankungen. Landiolol besitzt eine höhere β1-Selektivität und eine kürzere Eliminationshalbwertszeit als alle anderen derzeit auf dem Markt verfügbaren Substanzen dieser Wirkstoffklasse und wird als gewisser therapeutischer Fortschritt angesehen.

Calciumhomöostase, Nebenschilddrüsen-Antagonisten

Etelcalcetid
Das Calcimimetikum Etelcalcetid (Parsabiv®) ist zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit sekundärem Hyperparathyreoidismus aufgrund einer chronischen Nierenerkrankung mit Hämodialysepflicht indiziert. Die Substanz bewirkt, dass weniger Calcium-Ionen aus den Knochen ins Blut freigesetzt werden, sodass die Gefahr einer renalen Osteopathie sowie von Weichteil- und Gefäßverkalkungen reduziert werden kann. Etelcalcetid stellt hier einen gewissen therapeutischen Fortschritt dar. Gegenüber den bisher verfügbaren sHPT-Therapie­optionen wie Calcium-Präparaten, Phosphatbindern und 1-hydroxylierten Vitamin-D-Derivaten wie Calcitriol sind beide Calcimimetika – Etelcal­cetid und Cinacalcet – als erheblicher Fortschritt einzustufen. Zur besseren Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von Etelcalcetid sind allerdings längerdauernde Untersuchungen wünschenswert.

Proteinkinase-Inhibitoren

Cyclin-abhängige Kinasen (CDK) sind Proteinkinasen, die den Zellzyklus kontrolieren. Sie sind nur in Verbindung mit ihrem zugehörigen Cyclin aktiv, das jeweils zellzyklusabhängige Konzentrationsänderungen durchläuft. Daher funktionieren Cyclin-abhängige Kinasen nur in einer bestimmten Phase des Zellzyklus, in der die Konzentration des kompatiblen Cyclins dies zulässt. Cyclin D1 und die zugehörigen Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 bewirken eine Progression von der Zellzyklusphase G1 zur S-Phase, in der die DNA repliziert wird. Beim Hormonrezeptor(HR)-positiven Mammakarzinom sowie bei vielen anderen Tumoren sind diese Enzyme übermäßig aktiv, und es kommt zum Verlust der Kontrolle über den Zellzyklus. CDK-Inhibitoren blockieren diesen Schritt und stellen damit die Zellzykluskontrolle wieder her.

Palbociclib
Cyclin-abhängige Kinasen (Cyclin-dependent Kinases, CDK) sind Proteinkinasen, die durch Phosphorylierung des Retinoblastom-Proteins und verschiedene Transkriptionsfaktoren die Zellzyklusprogression regulieren. Sie sind nur in Verbindung mit ihrem zugehörigen Cyclin aktiv, daher wirken sie nur in einer bestimmten Phase des Zell­zyklus, in der die Konzentration des kompatiblen Cyclins dies zulässt. Palbociclib (Ibrance®) ist der erste hochselektive, reversible Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinasen 4 und 6 und gilt als deutlicher Fortschritt bei der Behandlung des HR-positiven/HER2-negativen Mammakarzinoms. Über diesen völlig neuen therapeutischen Ansatz konnte in klinischen Studien bei Frauen mit fortgeschrittenem und/oder metastasiertem Brustkrebs das progressionsfreie Überleben hochsignifikant verlängert werden. Die Behandelten gewannen im Durchschnitt etwa sechs bis zehn Lebensmonate ohne erneuten Erkrankungsschub.

Im Zellzyklus regulieren die Cyclin-abhängigen Kinasen CDK4 und CDK6 den Übergang von der Wachstumsphase 1 (G1) in die Synthese-Phase (S). Die Regulierung erfolgt über den Phosphorylierungsstatus des Tumorsuppressors RB (Retinoblastom-Protein) und Transkriptionsfaktoren der E2F-­Familie. Beim Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinom sowie bei vielen anderen Krebserkrankungen sind diese Enzyme übermäßig aktiv, und es kommt zum Verlust der Kontrolle über den Zellzyklus. Durch die Hemmung von CDK4/6 verringert Ribociclib die Zellproliferation.

Ribociclib
Auch Ribociclib (Kisqali®) ist ein hochselektiver, reversibler Inhibitor von CDK 4 und 6. Er wird in Kombination mit einem Aromatasehemmer, wie z. B. Letrozol, als initiale endokrinbasierte Therapie angewendet. Allerdings stellt Ribociclib keinen relevanten therapeutischen Fortschritt dar. Durch den Einsatz von Palbociclib konnten bei Patientinnen mit fortgeschrittenem Mammakarzinom bereits ähnlich gute Ergebnisse hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit erzielt werden. Ein Head-to-Head-Vergleich zwischen Ribociclib und Palbociclib steht aus. Zudem fehlt bislang für beide CDK4/6-Inhibitoren der Nachweis, dass durch die Behandlung eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens erreicht werden kann.

Calcium-Homöostase, Nebenschilddrüsenhormone, Analoga

Rekombinantes Parathyroidhormon
Rekombinantes Parathyroidhormon (rhPTH, Natpar®) wird als Add-on-­Therapeutikum bei Erwachsenen mit chronischem Hypoparathyreoidismus angewendet, deren Erkrankung sich durch Standardtherapeutika wie Calcium- und Vitamin-D-Präparate allein nicht hinreichend kontrollieren lässt. Das Peptidhormon wird mittels DNA-Rekombinationstechnik in Escherichia coli hergestellt und ist identisch mit der 84-Aminosäuresequenz des endogenen humanen Parathyroidhormons (PTH). Ob die Substanz für die Betroffenen einen relevanten Vorteil darstellt, ist fraglich. Ob Hypopara­thyreoidismus-Patienten, die mit den Standardtherapeutika nicht stabil eingestellt werden können, von der rhPTH-Therapie profitieren, ist strittig.

Gallensäure-haltige Zubereitungen

Obeticholsäure
Die primäre biliäre Cholangitis (PBC) ist eine seltene Autoimmunerkrankung der Leber, in deren Verlauf das gesamte Lebergewebe durch eine Entzündung zerstört wird. In Deutschland gehört sie zu den häufigsten Gründen für eine Lebertransplanta­tion. Bislang ist die einzige Therapieoption dieser seltenen Autoimmunerkrankung die Behandlung mit Ursodesoxycholsäure. Ohne Therapie kommt es innerhalb von etwa zehn bis 15 Jahren zu einer schweren Leberzirrhose und zum Leberversagen. Obeticholsäure (Ocaliva®) ist der erste auf dem Markt befindliche selektive Agonist des Farnesoid-X-Rezeptors und die erste neue PBC-Therapieoption seit 20 Jahren. Der Farnesoid-X-Rezeptor (FXR) wird in hohen Konzentrationen in Leber und Darm exprimiert und ist ein wichtiger Regulator für verschiedene Stoffwechselwege wie die Gallensäure-Synthese, den Triglycerid-, Cholesterol- und Insulin-Stoffwechsel. In klinischen Studien konnte Obeticholsäure die Surrogat-Parameter ALP und Bilirubin günstig beeinflussen. Die Wirkung war signifikant stärker als die von Ursodesoxycholsäure. Eine endgültige Beurteilung wird ist erst möglich sein, wenn in längerfristigen klinischen Studien geprüft wird, ob Obeticholsäure letztlich eine Lebertransplantation verhindern kann.

Mittel gegen Störungen des Muskel- und Skelettsystems

Nusinersen
Nusinersen (Spinraza®) wird zur Behandlung der 5q-assoziierten spinalen Muskelatrophie angewendet. Hierbei handelt es sich um eine seltene autosomal-rezessiv vererbbare Erkrankung, die durch einen fortschreitenden Untergang von Motoneuronen im Rückenmark und im unteren Hirnstamm gekennzeichnet ist. Als Folge kommt es zu einer Atrophie und einer fortschreitenden Schwäche der Muskulatur. Durch die Behandlung mit Nusinersen kann bei etwa der Hälfte der Patienten eine mehr oder weniger starke Verbesserung der motorischen Funktion erreicht werden. Nusinersen ist weltweit die erste verfügbare medikamentöse Therapieoption und kann daher als großer therapeutischer Fortschritt für alle Ausprägungen dieser quälenden, lebensbedrohenden Erkrankung angesehen werden. Die Substanz führt bei etwa der Hälfte der Behandelten bei guter Verträglichkeit eine signifikante Verbesserung der motorischen Fähigkeiten herbei. Ebenso wirkt Nusinersen lebensverlängernd und kann bei den überwiegend pädiatrischen Patienten die Notwendigkeit einer dauerhaften künstlichen Beatmung herauszögern.

Das von Survival-of-Motor-Neuron-2(SMN2)-Genen kodierte Protein ist im Vergleich zu SMN1-Proteinen etwas verkürzt, da das Exon 7 während der Replikation von SMN2-Genen durch Spleißen aus der prä-mRNA herausgeschnitten wird. Das kurzkettige Antisense-Oligonukleotid Nusinersen moduliert diesen Spleißvorgang, sodass, wie bei gesunden SMN1-Genen, vollständiges SMN-Protein gebildet wird. Auf diese Weise kann bei Patienten mit spinaler Muskelatrophie aufgrund von mutierten SMN1-Genen zumindest teilweise ein SMN-Protein-Mangel ausgeglichen werden.  hnRNP: heterogene nukleäre Ribonukleoproteine

Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen

Reslizumab
Der monoklonale Antikörper Reslizumab (Cinqaero®) kann bei erwachsenen Patienten mit schwerem eosinophilem Asthma als Add-on-Thera­peutikum zu Corticosteroiden und Bronchodilatatoren wie β2-Sympatho­mimetika eingesetzt werden. Über eine Hemmung von Interleukin 5 wird die Anzahl der eosinophilen Granulozyten reduziert, die eine Schlüssel­rolle in der Entzündungskaskade bei Asthma bronchiale spielen. Bei Pa­tienten mit schwerem eosinophilem Asthma bronchiale kann Reslizumab die Exazerbationshäufigkeit verringern. Reslizumab wird derzeit nicht als relevanter Fortschritt bei der Behandlung des schweren refraktären eosinophilen Asthma bronchiale eingeordnet. Die Substanz ist nach Mepolizumab der zweite monoklonale Antikörper gegen Interleukin 5. Mepolizumab wird ebenfalls nur alle vier Wochen angewendet, kann aber im Gegensatz zu Reslizumab nicht über bis zu 50 Minuten intravenös, sondern wesentlich schneller subkutan appliziert werden, was für die Patienten normalerweise weniger belastend ist. In direkten vergleichenden Untersuchungen muss geprüft werden, ob Unterschiede zwischen Reslizumab und Mepolizumab bezüglich der Wirksamkeit und Verträglichkeit sowie des möglichen Einsparens von peroralen Corticostero­iden bestehen. Ebenso sind Untersuchungen über längere Zeiträume wünschenswert, da Reslizumab als Langzeittherapeutikum eingesetzt werden soll.

Reslizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper (IgG4, κ), der gegen das humane Interleukin 5 (IL-5) gerichtet ist. IL-5 ist das wichtigste Zytokin für Wachstum, Differenzierung, Aktivierung und Überleben von Eosinophilen. Reslizumab bindet spezifisch an IL-5 und stört die Bindung von IL-5 an dessen Zelloberflächenrezeptor. So werden die IL-5-Signaltransduktion gehemmt und die Produktion und das Überleben der Eosinophilen vermindert.

Sexualhormone, Modulatoren des Genitalsystems, Gonadotropine

Follitropin delta
Frauen, die sich einer assistierten Reproduktion (In-vitro-Fertilisation oder der intracytoplasmatischen Spermieninjektion) unterziehen möchten, können mit Follitropin delta (Rekovelle®) behandelt werden. Durch die Therapie kommt es über eine kontrollierte ovarielle Stimulation zur Entwicklung multipler Follikel. Diese können entnommen und im Labor befruchtet werden. Follitropin delta stellt zur kontrollierten ovariellen Stimulation einen moderaten therapeutischen Fortschritt dar. In klinischen Studien erwies sich das Präparat bei der Herbeiführung von Schwangerschaften als ähnlich effektiv wie das bereits verfügbare Follitropin alfa. Allerdings war das neue Follitropin delta besser verträglich und es kam seltener zu schlechtem und auch seltener zu übermäßigem Ansprechen.

Mittel für das alimentäre Sys­tem und den Stoffwechsel, Enzyme

Cerliponase alfa

Cerliponase alfa (Brineura®) ist ein rekombinantes humanes Proenzym der Tripeptidyl-Peptidase 1 (TPP1). Der neue Wirkstoff wird bei spätinfantiler neuronaler Ceroid-Lipofuszinose vom Typ 2 intracerebroventrikulär infundiert, die mit einem Mangel der Tripeptidyl-Peptidase 1 einhergeht. Die neuronale Ceroid-Lipofuszinose Typ 2 ist eine neurodegenerative lysosomale Speicherkrankheit mit sehr schwerem Verlauf, die im Alter von acht bis zwölf Jahren aufgrund einer Gehirnatrophie tödlich endet. Bislang bestand keine effektive Möglichkeit, das Leiden der betroffenen Kinder zu mildern. Das rekombinante Proenzym Cerliponase alfa ist daher nach derzeitigem Kenntnisstand als ein erheblicher therapeutischer Fortschritt anzusehen. Das Orphan Drug ist das erste Enzym­ersatztherapeutikum, das direkt in den Liquor cerebrospinalis appliziert wird. Bislang wurde allerdings nur eine sehr kleine Zahl von Behandlungen durchgeführt. |

Wirkstoffe, die in der Beilage Neue Arzneimittel 2017 vorgestellt wurden.
Substanz
Handelsname
Gruppe
Hersteller/Vertrieb
Einführungs­datum
NA Nr.-Jahr
Alectinib
Alecensa®
antineoplastische Mittel, Protein­kinase-Inhibitor
Roche Pharma AG
1. Mai 2017
6–17
Avibactam
Zavicefta®
Antibiotika zur systemischen Anwendung, Ceftazidim, Kombinationen
AstraZeneca GmbH
15. Februar 2017
5–17
Baricitinib
Olumiant®
selektive Immunsuppressiva
Lilly Deutschland GmbH
1. April 2017
6–17
Brodalumab
Kyntheum®
Immunsuppressiva, Interleukin-Inhibitoren
Leo Pharma GmbH
1. September 2017
11–17
Cerliponase alfa
Brineura®
andere Mittel für das alimentäre Sys­tem und den Stoffwechsel, Enzyme
BioMarin Europe, Ltd. London (UK)
1. Juli 2017
10–17
Dalbavancin
Xydalba®
Antibiotika zur systemischen Anwendung, Glykopeptid-Antibiotika
Durata Therapeutics International B.V. (NL)
1. November 2016
1–17
Dinutuximab
Unituxin®
antineoplastische Mittel, mono­klonale Antikörper
United Therapeutics Europe (UK)
1. November 2016
1–17
Elbasvir
Zepatier®(Fixkombination mit Grasoprevir)
antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; direkt wirkende antivirale Mittel
MSD Sharp & Dohme GmbH
15. Dezember 2016
3–17
Etelcalcetid
Parsabiv®
Calciumhomöostase, Nebenschilddrüsen-Antagonisten
Amgen GmbH
1. Juni 2017
7–17
Follitropin delta
Rekovelle®
Sexualhormone und Modulatoren des Genitalsystems, Gonadotropine
Ferring Arzneimittel GmbH
15. Februar 2017
5-17
Glecaprevir
Maviret®
(Fixkombi­nation mit Pibrentasvir)
antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis-C-Infektionen
AbbVie Ltd, Maidenhead (UK)
1. August 2017
10–17
Grazoprevir
Zepatier®(Fixkombination mit Elbasvir)
antivirale Mittel zur systemischen Anwendung; direkt wirkende antivirale Mittel
MSD Sharp & Dohme GmbH
15. Dezember 2016
3–17
Inotuzumab Ozogamicin
Besponsa®
antineoplastische Mittel, andere antineoplastische Mittel, mono­klonale Antikörper
Pfizer Pharma GmbH
1. August 2017
9–17
Ixazomib
Ninlaro®
antineoplastische Mittel, andere antineoplastische Mittel
Takeda GmbH
15. Januar 2017
3–17
Ixekizumab
Taltz®
Immunsuppressiva, Interleukin-Inhibitoren
Lilly Deutschland GmbH
1. März 2017
5–17
Landiolol
Rapibloc®
β-Adrenorezeptor-Antagonisten, selektiv
Amomed Pharma GmbH (A)
1. Juni 2017
8–17
Lonoctocog alfa
Afstyla®
Antihämorrhagika, Blutgerinnungsfaktor VIII
CSL Behring GmbH
1. Februar 2017
4–17
Midostaurin
Rydapt®
andere antineoplastische Mittel, Proteinkinase-Inhibitoren
Novartis Pharma GmbH
15. Oktober 2017
12–17
Nabilon
Canemes®
Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit
AOP Orphan Pharmaceuticals AG (A)
1. Januar 2017
4–17
Nonacog beta pegol
Refixia®
Antihämorrhagika, Blutgerinnungsfaktor IX
Novo Nordisk Pharma GmbH
15. Oktober 2017
12–17
Nusinersen
Spinraza®
andere Mittel gegen Störungen des Muskel- und Skelettsystems
Biogen GmbH
1. Juli 2017
9–17
Obeticholsäure
Ocaliva®
Gallensäure-haltige Zubereitungen
Intercept Pharma Ltd (UK)
15. Januar 2017
2–17
Olaratumab
Lartruvo®
antineoplastische Mittel, mono­klonale Antikörper
Eli Lilly B.V. (NL)
1. Dezember 2016
2–17
Palbociclib
Ibrance®
antineoplastische Mittel, Protein­kinase-Inhibitoren
Pfizer Pharma GmbH
1. Dezember 2016
1–17
Pibrentasvir
Maviret®
(Fixkombination mit Glecaprevir)
antivirale Mittel zur Behandlung von Hepatitis-C-Infektionen
AbbVie Ltd (UK)
1. August 2017
10–17
rekombinantes Parathyroidhormon
Natpar®
Calcium-Homöostase, Neben­schilddrüsenhormone und Analoga
Shire Deutschland GmbH
1. September 2017
11–17
Reslizumab
Cinqaero®
Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen, andere Mittel bei obstruktiven Atemwegserkrankungen zur systemischen Anwendung
Teva Pharmaceuticals Limited (UK)
15. Januar 2017
2–17
Ribociclib
Kisqali®
antineoplastische Mittel, Protein­kinase-Inhibitoren
Novartis Pharma GmbH
15. September 2017
12–17
Rolapitant
Varuby®
Antiemetika und Mittel gegen Übelkeit, andere Antiemetika
Tesaro Bio Germany GmbH
1. Juni 2017
8–17
Sarilumab
Kevzara®
Immunsuppressiva, Interleukin-Inhibitoren
Sanofi-Aventis Deutschland GmbH
15. August 2017
11–17
Tofacitinib
Xeljanz®
selektive Immunsuppressiva
Pfizer Pharma GmbH
1. Mai 2017
7–17
Venetoclax
Venclyxto®
sonstige Antineoplastika
AbbVie Ltd. (UK)
1. Januar 2017
4–17

Informationen zu neuen Wirkstoffen

In unserer monatlich erscheinenden Beilage „Neue Arzneimittel“ stellen wir Ihnen alle neuen Wirkstoffe ausführlich vor und ordnen sie in die bereits bestehenden Therapieoptionen ein. Ein Archiv mit allen seit 2000 eingeführten Wirkstoffen finden Sie auf DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de im Bereich „Pharmazie“.

Oder Sie geben einfach in die Suchfunktion auf DAZ.online den Webcode P7YV8 ein und gelangen direkt zur Übersichtsseite der „Neuen Arzneimittel“. Dort können Sie nach Wirkstoffnamen, Handels­bezeichnung, Einführungsjahr oder ATC-Code suchen.

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