Arzneimittel und Therapie

Paracetamol verantwortlich für ADHS?

Dauerbehandlung von Schwangeren und deren Partnern könnte riskant für das Kind sein

ck | Die Diskussion um ein erhöhtes ADHS-Risiko von Kindern, die in der Schwangerschaft Paracetamol ausgesetzt waren, erhält neuen Auftrieb. In einer prospektiven Auswertung einer norwegischen Registerstudie bestand eine Assoziation zu einem erhöhten Risiko, wenn über einen längeren Zeitraum Paracetamol eingenommen wurde, und das nicht nur von den Müttern während, sondern auch von Vätern im Vorfeld der Schwangerschaft.

Schwangere mit Entbindungsterminen zwischen 1999 und 2009 wurden im Rahmen ihrer Vorsorgeuntersuchungen mit Fragebögen in der 18. und 30. Schwangerschaftswoche sowie sechs Monate nach der Geburt zu eingenommenen Arzneimitteln befragt, die Väter einmal während der Schwangerschaft. Sie berichteten detailliert über ihre Medikation und die Gründe, warum sie diese eingenommen haben. Die Kinder wurden bis 2014 hinsichtlich der Diagnose ADHS untersucht. Ausgewertet wurden die Daten von 112.973 Kindern, von denen bei 2246 ADHS diagnostiziert wurde. 46,7% der Mütter nahmen in der Schwangerschaft Paracetamol ein, 27,1% nur in einem Trimenon, 16,3% in zwei und 3,3% während der ganzen Schwangerschaft. Nahmen die Frauen an weniger als sieben Tagen Paracetamol ein, so wurde kein Zusammenhang mit ADHS bei den Kindern beobachtet. Wurde länger Paracetamol eingenommen, so stieg das ADHS-Risiko mit der Anzahl der Tage. Nahmen die Frauen Paracetamol 29 Tage oder länger ein, so war die Hazard Ratio für ADHS erhöht (HR: 2,20; 95%-Konfidenzintervall: 1,50 bis 3,24), und zwar bei allen Indikationen. Indikationsbezogene Unterschiede gab es in einem Einnahmezeitraum von 22 bis 28 Tagen: Nahmen die Frauen Paracetamol aufgrund von Fieber und Infektionen ein, so war das stark mit ADHS assoziiert (HR: 6,15; 95%-KI: 1,71 bis 22,05). Nahmen die zukünftigen Väter vor der Konzeption Paracetamol nur kurzzeitig ein, so war das Risiko nicht erhöht (HR = 1,10; 95%-KI: 0,92 bis 1,30), nahmen sie sechs Monate vor der Schwangerschaft Paracetamol 29 Tage oder länger ein, so war das ADHS-Risiko erhöht (HR: 2,06; 95%-KI: 1,36 bis 3,13).

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Besteht ein Kinderwunsch, so sollten Männer und Frauen darauf achten, Paracetamol nur kurzfristig einzunehmen.

Prof. Dr. Christof Schäfer, Leiter des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin, hatte anlässlich einer 2016 im JAMA veröffentlichten Kohortenstudie mit ähnlichem Ergebnis betont, dass mit solchen Studien keine Kausalität nachzuweisen ist. Wie jedes Schmerzmittel sollte allerdings auch Paracetamol von Schwangeren nicht unkritisch eingenommen werden. Andererseits sei jedoch bekannt, dass anhaltende behandlungsbedürftige Schmerzen und hohes Fieber den Schwangerschafts-verlauf gefährden können. Ein Nichtbehandeln könne auch hier das größere Risiko darstellen (s. DAZ 2016, Nr. 34, S. 20). |

Quelle

Ystrom E et al. Prenatal Exposure to Acetaminophen and Risk of ADHD. Pediatrics 2017;140(5):e20163840

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