Arzneimittel und Therapie

Mit PPI gegen Tuberkulose?

Lansoprazol schützt vor akuter Infektion

Aufgrund positiver Ergebnisse aus Tierversuchen wurde die Wirksamkeit von Lansoprazol gegen Tuberkulose-Bakterien untersucht. Bei der Auswertung von fast 1,5 Millionen Patienten, die mit Lansoprazol oder Omeprazol bzw. Pantoprazol behandelt wurden, traten unter Lansoprazol 32% weniger Tuberkulosefälle auf. Nach Absetzen verschwand dieser Unterschied größtenteils wieder.

Um nachzuweisen, ob der Protonenpumpenhemmer (PPI) Lansoprazol im Gegensatz zu Omeprazol und Pantoprazol aktiv gegen Mycobacterium tuberculosis wirkt, fanden britische Forscher über die Datenbank „United Kingdom Clinical Practice Datalink“, die ca. 8% der britischen Bevölkerung repräsen­tativ abbildet, über 527.000 Patienten, die neu auf Lansoprazol, und über 923.000, die neu auf Omeprazol oder Pantoprazol eingestellt wurden. Britische Ärzte betrachten diese Wirkstoffe als austauschbar, und die Patientengruppen unterschieden sich nicht signifikant. Im Durchschnitt nahmen die Patienten die Protonenpumpenhemmer mehr als ein Jahr ein (Lansoprazol 408 Tage vs. 386 Tage bei anderen PPI). Während dieser Zeit traten unter Lansoprazol akute Tuberkulose-Infektionen mit einer Häufigkeit von zehn Fällen pro 10.000 Patientenjahren und in der Vergleichsgruppe mit 15,3 Fällen pro 10.000 Patientenjahren auf. Daraus ergibt sich eine Hazard ratio (HR) von 0,68, also eine 32%-ige Risikoreduktion unter Lansoprazol. Nach der Behandlung verschwand dieser Unterschied größtenteils wieder (HR 0,94). Dies spricht eher für einen bakteriostatischen als einen bakteriziden Effekt.

Tuberkulose tritt in Großbritannien mit einer Wahrscheinlichkeit von durchschnittlich 10,5 Fällen pro 10.000 Patientenjahren auf. Die höhere Rate in der Studie lässt sich dadurch erklären, dass Patienten, die Protonenpumpenhemmer erhalten, durchschnittlich älter und kränker sind als die Gesamtbevölkerung. In der Studie konnte nicht unterschieden werden, ob es Tbc-Neuinfektionen oder wiederaufflammende latente Infektionen waren. Allerdings ist die Rate von Neuinfektionen mit Tuberkulose in Großbritanniens sehr gering, bei den meisten Fällen handelt es sich um latente Infektionen, die aus dem Ausland importiert wurden. Die Studie bietet eine Grundlage für Wirksamkeits- und Dosisfindungs­studien. Falls sich die Effektivität von Lanso­prazol in interventionellen Studien bestätigt, wäre dies eine interessante Erweiterung für die bisherigen Therapiemöglichkeiten. Der Wirkstoff ist weit verbreitet, hat ein günstiges Nebenwirkungsprofil und ist kostengünstig als Generikum verfügbar. Interessant wäre auch eine Untersuchung des stabilen Metaboliten Lansoprazol-­Sulfid, der zwar aktiv gegen Mykobakterien ist, aber keine protonenpumpenhemmende Wirkung mehr hat. |

Quelle:

Yates TA. Lansoprazole use and tuberculosis incidence in the UK Clinical Practice Research Datalink. PLoS Med 2017;14(11):e1002457

Apothekerin Sarah Katzemich

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