Die Seite 3

Ergänzen oder erneuern?

Foto: DAZ/Kahrmann
Dr. Benjamin Wessinger, Chefredakteur der DAZ

So langsam wird es ernst: Am 14. November wird dem Vernehmen nach in Berlin das Gutachten vorgestellt, das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums prüft, ob und in welchem Ausmaß es einen Anpassungsbedarf bei der Honorierung der Apotheken gibt. Nach dem katastrophalen EuGH-Urteil zu den Rx-Boni und der – zumindest auf den ersten Blick – erfreulichen Entscheidung des BGH zu den Großhandelsrabatten also nun innerhalb von nur etwas mehr als einem Jahr bereits die dritte Weichenstellung für die Zukunft der Apotheken.

Und wie bei den vorangegangenen beiden wegweisenden Entscheidungen ist auch im Vorfeld der Gutachten-Präsentation im Bundeswirtschaftsministerium von der ABDA nicht viel zu hören. Es gebe eine Arbeitsgruppe Honorierung, die Vorschläge für eine zukunftsfähige Reform der Vergütung erarbeitet, viel mehr ist offiziell nicht zu erfahren. Außer, dass es auch um die Vergütung von pharmazeutischen Dienstleistungen geht, die nicht direkt mit der Abgabe von Arzneimitteln zu tun haben (s. „Gespanntes Warten“, S. 11 dieser DAZ).

Doch auch für die Weiterentwicklung oder gar Ablösung des Packungshonorars gibt es inzwischen mannigfaltige Vorschläge, auch in der DAZ wurden bereits einige vorgestellt (zuletzt „Das Kommissionsmodell – die Zukunft der Apotheke?“ DAZ 2017, Nr. 32, S. 22). Andere Experten machten sich Gedanken über Modelle, wie die weiterhin packungsbezogene Bezahlung durch die Krankenkassen unter den Apothekern für bestimmte Leistungen, Angebote oder zum Ausgleich struktureller Nachteile verteilt werden könnte (z. B. die von Müller-Bohn vorgeschlagene, an den NNF angelehnte Fonds-Lösung, s. „Ein neuer Weg zum sicheren Ertrag?“ DAZ 2017, Nr. 20, S. 26), die bis hin zur Gründung einer „Kassenapothekerlichen Vereinigung“ gingen, die wie bei den Kassenärzten auch ein vorher festgelegtes Honorarbudget an ihre Mitglieder verteilt („Denkmodell Kassenapothekerliche Vereinigung“, DAZ 2016, Nr. 29, S. 20).

Dabei gilt es immer zu beachten, dass die Apothekenhonorierung ein äußerst komplexes System ist, wie jeder weiß, der einmal versucht hat, sie einem Laien zu erklären. In solchen komplexen Systemen haben Änderungen oft unbeabsichtigte „Neben- und Wechselwirkungen“. Nicht nur deshalb darf man die Vorteile, die das heutige Honorierungssystem unbestreitbar hat, in der Diskussion nicht aus dem Blick lassen. Das ist auch das Ansinnen von Dr. Reinhard Herzog, der in dieser Ausgabe der DAZ eine Lanze bricht für den Erhalt der packungsbezogenen Honorierung. Für ihn ist die aktuelle Diskussion eher ein „Drahtseilakt in luftiger Höhe“ (s. S. 22 dieser DAZ), er plädiert für eine „behutsame Nachjustierung“.

Es wäre also durchaus wichtig, dass sich auch die Standesvertretung bald äußert und erläutert, in welche Richtung ihrer Meinung nach die Honorierung weiterentwickelt werden soll: Möchte man bei der heutigen Honorierungssystematik bleiben, allenfalls ergänzt um einige wenige weitere Leistungen oder soll das ganze System umgestellt werden, so wie das 2004 der Fall war? Das Gutachten wird diese Diskussion wahrscheinlich befeuern. Schon im Wahlkampf haben etliche Gesundheitspolitiker angekündigt, das Thema der Apothekenhonorierung grundlegender angehen zu wollen. Höchste Zeit also, sich intensiv auf diese Debatte vorzubereiten.


Benjamin Wessinger


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